2299. Mir geschehe, wie du gesagt hast

24. Febr. 1744.


Mel. Ich kan es doch nicht etc.


1.

Mein zärtlich liebes Herze, das mir in freud und schmerze doch immer einerley. Veränderung von dingen, der grossen und geringen hab ich erfahren mancherley.

2.

Für dich kan ich wol geben, mein allerliebstes leben, nicht frölich, aber gern, darum, weils deine gaben, und du mich ganz willst haben, mein Bräutigam, mein Gott und Herr!

3.

Und willst mich denn erkennen, und deine liebste nennen, da hab ich, was ich will; was sollt mich da noch quälen, wenn du, o Mann der seelen! mich tränkst aus deiner Gottes-füll.

4.

Bey alle dem so dachte ich, als ich früh erwachte, warum ist dir noch weh? gleich sagt ich: Lamm! das weißt du, das ist so eine unruh, die weg muß in die blutge see.

5.

Den schmerz macht das gefühle vons Lämmleins liebes-spiele. Ich weiß wol seinen plan; ich war auf was ersessen, das soll ich nun vergessen, und das ists, was ich nicht recht kan.

6.

Ich schäme mich von herzen, es macht mir manchen schmerzen, daß ich in diesem stük noch so ein armes kindlein, [2196] so schwach als eins in windlein; das stört noch dann und wann mein glük.

7.

Ich will an nichts mehr denken, ich will mich auch nicht kränken um das, was künftig ist; ich will von deinen händen mich lassen drehn und wenden, genug, daß du mein Alles bist.

8.

Nun sey es hingegeben mein allerliebstes leben dir, meinem Bräutigam, nimm mich in deine arme, daß meine seel erwarme von deiner ehelichen flamm.

9.

Für die vergangne proben will ich dich immer loben, wenn sie mir fallen ein. Sie bleiben mir doch wichtig; die führung ist auch richtig, soll mir ein ewger segen seyn.

10.

Bey deinen Zeugen-heeren will ich mich gern verzehren, und das mit frohem muth; mein Lamm! sieh an mein flehen, laß mir die gnad geschehen, gesalbt zu seyn mit deinem blut.

11.

Was soll ich dazu sagen, daß es in diesen tagen so viel zu hören gab vom theil ans Vaters raube, an unsrer Mutter haube, und an des Mannes stuhl und stab.

12.

Ich küsse ohne ende des theuren Mannes hände, die segnen meine seel; an allen meinen sachen mag er mir helfen machen, thu ich doch nichts als auf befehl.

13.

O Mann! nimm herz und hände, daß ich bis an mein ende will deine seele seyn; in deine wunden-höhlen thu ich dir auch befehlen die mir verbundnen herzelein.

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Nikolaus Ludwig von. Gedichte. Zugaben 1-4 zum Herrnhuter Gesangbuch 1743. 3. Zugabe. 2299. Mir geschehe, wie du gesagt hast. 2299. Mir geschehe, wie du gesagt hast. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-BC81-2