2171.
1.
Die Gemein und ihre glieder singen eher ihre lieder aufs de Profundis 1 und in dem thon Kyrie eleïson! als im thone Victoria, Gloria, etc. weils aber doch schon nicht zu verleugnen, daß unser Lämmlein hat wollen zeichnen das alte Creuz-Brüder-Kirchelein, um ihm etwas zu seyn, seelen zu dirigirn, mehr als ein heer zu führn, so muß man auch schon ans Ave! dran, (denn was das Lamm gethan, da sind wir doch gleich da) ans Ave! Gratia, etc. 2
2.
Wer der diener Gottes schmerze um die weggerükte kerze recht ausgedrukt vor sich sehen will, als es dem Herrn gefiel, wakkeln zu machen die Kirchen-kron vor langem schon, dazu ihr doch's loos war gefallen und die einstimmige wahl von allen; wie tief das damals ins herze schnitt, wie es die sechste Bitt' oft brachte auf die bahn, der hör' den buß-psalm an, den damals ihr prophet für diese Kirch gebet't.
»Es sind von uns nur noch geringe reliquien, als wenn man einen ölbaum schüttelte, daß noch zwey oder drey beere blieben oben im wipfel. Denn alle unsre liebhaber vergessen unserer, fragen nichts darnach, unsere sache handelt niemand, wir müssen des Allmächtigen zorn, der über unser volk ist, von rechtswegen fühlen, aber wehe denen, die uns verlassen haben. Es bleibet also diesem betrübtesten volke, (welches nur darum, das es sich an der Apostel lehr, den spuren der ersten Kirche, der heiligen Väter anführung, genauer gehalten, von allen andern gehasset, aufgesucht, verworfen, zertreten, von den Seinen verlassen, und nirgends einige menschliche [2051] erbarmung gefunden hat) nichts übrig, als daß es des ewigen Erbarmers hülfe anschreyet.«
Chor.
So sang er von dem stall der Jesus-Schäflein all, die man sonst die Brüder genant hat überall: sind fast vergeßne glieder, denen mans nicht gönnt, daß sie iemand nennt, bloß vom Lamm erkennt.
3.
Freylich wurde auch gebeten: Lämmlein solt' ins mittel treten, und dieses Kirchlein mit einem schein seiner gnab erfreu'n, als zum exempel in dem gebet wirds angeredt: »Du must uns zu dir zurük bringen, daß wir dir können ein lob-lied singen; daß wir wieder anheime komm'n; Gott geb es bald zum fromm'n; vernenre unsre schaar, wie sie vor alters war: da sie kont' königin Esther seyn. Das Mahrsche Schwesterlein hielt in spem contra spem, Episcopos genehm.«
4.
Und das ist erhöret worden: sie blieb in der Kirchen orden, ein ieder wächter auf Zions thor, bracht was von ihr hervor, wolt sein volk familiarisir'n mit ihren manier'n; endlich ist sie ins Geistes ziehe ähnlich geworden der magd Marie, daß sie das Lämmlein, den zimmermann, getrost ansehen kan, wenn er beys kirchleins zucht sein's gleichen leute sucht; auch hängt ihr Lucifers bauren-stolz mit dem Lämmlein am holz, und hat ein weiches herz um andrer ihren schmerz.
5.
Doch bey diesen qualitäten, drüber wir beynah erröthen, (denn sie sind freylich gewisser maaß viel für ein irrdenes faß) sieht doch das pünctliche Kirchen-aug genug, das nicht taug; fehler, die wol nach der welt gewissen, würden für tugenden gelten müssen, die aber das Kirchlein selbst schmerzlich kennt, unartigs wesen nennt, und wär' sie auf dem schoos der Mutter gerne los, damits im feldzuge weit von hier sie nicht incommodir'. Drum, Lämmlein! bitten wir: Mach uns fein ganz vor dir.
Chor.
Wie du gemartert bist! an deinem leib, Herr Christ! zogen sie dir fürchlein, durchstachen deine seit! Tröst dich Gott mit dem kirchlein in der letzten zeit vor der herrlichkeit, über all' dein leid.