1151.

Mel. 107.


1. Du ausgekaufte theure schaar! du bau auf blut gegründet! du licht! so klar als offenbar, das so viel andre zündet! du schöner abendschein! gewis, man freut sich dein, und denkt mit tiefer beugung dran, was uns dein leuchten kund gethan.

2. Sein walten bleibet auch nicht stehn, es führt von grad zu grade, und lernt aus kraft in kräfte gehn, aus gnade in die gnade: drum ist mein wunsch vor dich, drum seufz ich inniglich: HERR! nim dich um den grossen plan, als sein gesalbter könig, an.

3. Ihr schäflein alle [1046] auf der hut und weide unsers hirten, da er so manche wunder thut, ihr laßt euch so bewirthen, ihn sorgen, was ihr braucht, und was zum nuzen taugt, und er nimt sich um jedes an, so wie er allemal gethan.

4. Ihr iztgebornen kindelein! zum saugen seyd ihr willig; die liebe laß es euch gedei'n, der kindertrieb ist billig: gedei't, und nehmet zu, und liegt in eurer ruh, und macht, durch euer frölich seyn, daß sich die mutter müsse freun.

5. Ihr aber, die am gängelband der liebe lernen wallen, entfahrt ihr ja nicht aus der hand, ihr möchtet sonsten fallen, gebt euch mit will'gen sin der weisen leitung hin, so geht ihr sicher: denn ihr seyd auch nicht die ersten, die er leit't.

6. Und die ihr selber lernet gehn, habt acht auf eure füsse; und solt es ja einmal geschehn, daß eurer eins sich stiesse, so helft ihm wieder auf, das hindert nichts am lauf: ein jedes aber sehe zu, daß es nicht unbedachtsam thu.

7. Ihr helden, stärket euren arm, ihr solt noch manchmal kriegen, bis daß ihr werdet allen schwarm der widrigen besiegen: drum haltet festen stand, das schwerd in einer hand, und mit der andern helft zum bau, und werdet unterm helme grau.

8. Ihr! die der vater durchgeübt, und die der andern pflegen, ihr wiß't, wie sehr ein herze liebt, was unter ihm gelegen, und wie man bald vergiß't, was schmerz und mühe ist, wenn man die frucht an kindern sieht, die man mit sorg und kummer zieht.

9. Machts so, geschwister! werdet ja durch keine arbeit müde, der lohn ist nah, die frucht ist da, wie blühet euer friede! wie werdet ihr euch freun, wenns bis dahin wird seyn, daß ihr könt eure kinder sehn, als jünglinge zu felde gehn!

10. Ihr aber, die ihr todt und kalt bey so viel flammen bleibet, und fühlet nicht, wie die gewalt der liebe dringt und treibet, wie seyd ihr so verstokt, wenn euch die henne lokt! seht! seht! wie samlet sie ihr heer! o, seufzt: ach! wer ihr küchlein wär!

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TextGrid Repository (2012). Zinzendorf, Erdmuthe Dorothea von. Gedichte. Geistliche Lieder. 1151. Du ausgekaufte theure schaar!. 1151. Du ausgekaufte theure schaar!. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B44C-F