[184] 3. Brief

Abschieds Brief Alphonsi des VI. Königes in Portugall an seine ungetreue Gemalinn.


Alphonsus der VI. König in Portugall, vermählte sich, als er nach zurückegelegter Minderjährigkeit den Thron bestiegen hatte, mit Maria Johanna Baptista, Herzogs Carl Emanuel zu Nemours Tochter, insgemein Madame d'Aumale genannt. Er fand aber bey solcher Vermählung gar schlechtes Vergnügen; denn sie beschuldigte ihn nicht nur vieler Vergehungen, sondern gab auch zugleich vor, als hätte er durch einen seiner Lieblinge einen Kronerben mit ihr wollen erzielen lassen. Unter solchem Vorwande begab sie sich in das Kloster der Religiosen; und ließ aus demselben dem König durch einen ihrer Cammerherren hinterbringen, ihr Gewissen liesse nicht zu, länger bey ihm zu bleiben, weil sie nicht seine Frau, und er auch nicht ihr Mann gewesen, welches dem Himmel und ihm selbst genugsam bekannt wäre; ihr Stand worin sie sich ehemals, als eine ledige Prinzessin befunden, wäre auch immer unverändert geblieben. Dergleichen nachtheiliger Vorwurf setzte den Alphonsus in solchen Zorn, daß er sie mit Gewalt aus dem Kloster wieder zurücke holen wollte, wovon ihn aber sein Bruder Don Pedro mit einer Menge Soldaten abhielt. Der beschimpfte König wollte die Beschuldigung nicht auf sich sitzen lassen, und hinterbrachte daher dem Rath alles, was zwischen ihm und seiner rebellischen Gemalin vorgegangen, behauptete auch, daß er die Heyrath mit ihr wirklich vollzogen hätte. Allein er fand bey demselben wenig Gehör. Mittler weile kartete es die listige Königinn in ihrem Kloster so, daß sie die Unterthanen durch allerhand wahrscheinliche Vorstellungen bereden ließ, dem Don Pedro die Verwaltung des Reiches aufzutragen, weil sich Alphonsus gar nicht zur Regierung schickete, das Volk auch mit allzu schweren Auflagen belästigte. Dieses geschahe im Jahr 1668. wirklich. Nach diesem ward der König ganz und gar für untüchtig erkläret; hingegen legten die Stände des Reiches so wohl, als das Volk, dem Don Pedro den Eyd der Treue ab, erhoben ihn auch zu letzt gar auf den Thron; nachdem sie zuvor den Alphonsus gezwungen hatten, sich desselben zubegeben, und eine schriftliche Verzicht unter seiner Hand und Siegel deswegen von sich zu [185] stellen. Kaum, daß dieses geschehen, so ward der abgesetzte König in Verwahrung, und endlich gar auf die entlegene Insel, Tercera gebracht, wo ihm zu seiner Unterhaltung gewisse Einkünste angewiesen wurden. Indessen wollte sich bey der von ihrem Gemal geschiedenen Maria keine wahre Neigung zum Klosterleben finden. Sie gieng also wieder nach Hofe; und weil Papst Clemens der IX. nicht nur auf ihr Verlangen, die vorige Ehe gänzlich aufgehoben, sondern auch seine Einwilligung zu der neuen Vermählung mit dem Don Pedro ertheilet hatte, so ward dieselbe mit dem grösten Vergnügen, zu Besänftigung ihrer bisherigen Sehnsucht, öffentlich vollzogen. Es entwischete zwar der verwiesene Alphonsus aus der Insel, und kam wieder in Portugall an; allein er ward von neuem ergriffen, und in ein Castell 6. Meilen von Lissabon gesperrt, worinn er auch, nicht sonder Verdacht eines beschleunigten Todes, in dem 40sten Jahre seines Alters starb.


Untreue! kannst du dich noch auf die Hand besinnen,
Die dieses Blat an dich, Meineidige gericht,
Worauf der Thränen mehr, als Dintentropfen rinnen,
So lies, und frage dich, was dein Gewissen spricht.
Alphonsus schickt es dir, der ehmals dich erhoben,
Nun aber statt des Danks mit Kummer und Verdruß
Bey deiner tollen Wuth, bey Rasen, Fluchen, Toben,
Auf einer Insel hier sein Elend bauen muß.
Wie hätt ich armer doch wohl übler können wehlen,
Als doch mein Aug auf dich, du Furie, verfiel?
Warum gerieth es denn in des Avernus Hölen?
Denn Pluto war gewiß als Henker mit im Spiel.
Die Nachwelt wird es nicht, sie kann es auch nicht glauben
Daß deine Geilheit mir durch Falschheit, Rank, und List,
Kann Freyheit Kron und Trohn, wohl gar das Leben rauben,
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Mir, den du als Gemal, und König hast geküßt.
Es sey der Scheidebrief, das Unglücksblat, verfluchet,
Das du mir zu gestellt, und das dein Lästermund
Durch Vorwand, Lug und Trug noch zu beschönen suchet!
Dies macht das Reich empört, dies bricht den Eyd und Bund.
Was zischest du dem Volck, dem häßlichen Geschmeisse,
Für fabelhaftes Zeug, Betrügerinn ins Ohr?
Wie stellst du, da ich doch die Unschuld selber heisse,
Der Welt das Gegentheil von meiner Treue vor?
Ists möglich, daß du kannst Algarbien belügen,
Als ob sich überall die Ohnmacht bey mir wies,
Nach der ich Lieblingen, um dich nur zu vergnügen,
Zu deinem Schlafgemach den Schlüssel überließ.
O Schandmaul! welcher Prinz läßt wohl mit eignem Winken
Den Räuber, den er sieht, in seinen Garten ein?
Wer läßt den Frevler wohl aus seinem Becher trinken?
Des Throns und Lagers darf kein andrer theilhaft seyn.
Dies sannst du listig aus, mich nur verhaßt zu machen,
Und gabst dabey noch vor, als wenn noch immer dar,
Worüber ich auch muß in meinem Elend lachen,
Es sollte dich die Welt die andre Vesta nennen,
Die vormals Lebenslang der Keuschheit sich verschrieb.
Drum sah man dich verstellt nach einem Kloster rennen,
Als ob in selbiges dich dein Gewissen trieb.
Dies sollte, Heuchlerinn, dir eine Maske leihen,
O ja! dies schickte sich zu deinem Fleisch und Blut
Das du gewohnet warst der Wollust bloß zu weyhen,
Und welche noch bey dir, bis itzo Wirkung thut.
Mit was für frechem Sinn und bulerischer Stirne
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Suchst du die heiligen und stillen Mauren auf,
Don Pedro war dir bloß, ich weis es, im Gehirne,
So listig bahntest du dir deiner Liebe Lauf.
Was hast du nicht daselbst, für Streiche ausgehecket,
Wodurch du gegen mich mein treues Volk verhetzt!
Was Aufruhr hast du nicht im ganzen Reich erwecket,
Der deinen Buler nun auf meinen Thron gesetzt?
So hat dein geiler Geist sich wider mich empöret,
Mein Scepter, dessen Macht ich dir mit über gab,
Verwandelt sich nunmehr, wie mich die Zeit gelehret,
Durch deine Grausamkeit in einen Schlangenstab.
Sag Mammeluckinn doch, was hat dich denn bewogen,
Daß deine freche Faust mir, deinem Ehgemal,
Den Königsmantel hat so schändlich abgezogen?
Ich weis wer solches dir, Bundbrüchige, befahl.
Du suchtst mit selbigem die Schande zu zu decken,
Die mit Don Pedro dich die Geilheit treiben heißt.
Des Bruders Lagerstadt so schändlich zu beflecken,
Ist etwas das uns auch das Heydenthum nicht weist.
An eurem Throne wird der Fluch bekleben bleiben,
Mein Ach und Weh schleicht euch stets, geile Seelen, nach;
Der Thränen Salz das ihr mir suchet auszutreiben,
Und meiner Seufzer Kraft dringt in eur Schlafgemach.
Armseliger Alphons! du bist nunmehr verwiesen;
Dein falsches Ehgemal, der Bruder und das Reich
Die deine Thaten sonst aufs trefflichste gepriesen,
Die wüten allerseits nun wider dich zugleich.
Statt meines Throns ist mir ein Kerker aufbehalten,
Da stößt das Tygerthier, Maria, mich hinein,
Doch muß ich mit Geduld den Himmel lassen walten,
Der wird schon zwischen mir und dir ein Richter seyn.

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TextGrid Repository (2012). Ziegler, Christiana Mariana von. Gedichte. Gedichte. Briefe. 3. Brief. 3. Brief. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B195-1