13. Brief

Was mir dein letzter Brief, entfernter Freund, entdeckt,
Das hat mich wahrlich nicht gewundert und erschreckt.
Ich sorgte vor dein Glück und vor dein Wohlbefinden;
Dein Schweigen konnt ich zwar auf keine Art ergründen,
Doch endlich schlug ich mir die Sorgen aus dem Sinn.
Das stört die Freundschaft nicht, du weist schon wie ich bin.
Ich bin auch wieder gut, nachdem du mir geschrieben.
Bey deinem Aufenthalt kann ich mich nicht betrüben.
Dich sucht der Kriegesgott, mir ist der Pallas hold,
So stehen wir zugleich in beyder Götter Sold;
Laß dich nur nicht den Schein von vielen Schätzen blenden;
Das höchste Wesen hat bloß unser Glück in Händen.
Hier gilt kein Wissen nicht, und keine Tapferkeit;
Was dieses uns bestimmt, das kommt zu rechter Zeit;
O! richte dich nach mir, und lebe ohne Sorgen,
[209]
Ich denke niemals nicht, wie geht es dir wohl morgen?
Ich folge dem Geschick, bey Sturm und Sonnenschein;
Mein Kopf muß aufgeräumt und immer munter seyn.
So kann mir nichts zu schwer und unerträglich fallen.
Wenn ich was wünschen soll, so wünsch ich mir vor allen
Nur einen wahren Freund, von altem Schrot und Korn;
Alsdann so scheu ich nicht der Spötter Wut und Zorn.
Mein Wunsch ist mit Vernunft und Vorbedacht geschehen.
Das wirst du mir mit Recht, mein Freund, auch zugestehen.
Erinnere dich nur noch der längst vergangnen Zeit;
Man hörte damals nur von Rasen, Zank und Streit.
Ich seh den blassen Neid annoch die Zähne flämmen;
Er wolte Thyrsis Glück auf alle Weise hemmen.
Was hat er ausgericht? er wird noch ausgelacht;
Weil itzt mehr als ein Freund vor Thyrsis Wohlfarth wacht.
Du kannst dir in der That dergleichen Glück versprechen.
Und wollt ein jeglicher die Freundschaft mit dir brechen
So kehre dich an nichts, mich findst du einerley,
Ich scherze niemals nicht mit Freundschaft, Schwur und Treu.
Mich dünkt du hast bereits davon die stärksten Proben.
Und willst du mich auch gleich nicht ins Gesichte loben,
So zeiget doch dein Brief, so viel ich lesen kann,
Du kennst mein gutes Herz, und zweifelst nicht daran.
Indessen will ich mich zu deinem Trost bequemen,
Dank und Erkenntlichkeit von dir auch anzunehmen.
Den Willen schätz ich schon so hoch als wie die That.
Das ist ja schon genug, wenn man giebt was man hat.
[210]
Hiermit empfehl ich mich zu stetem Angedenken
Mit diesem will dich hinwiederum beschenken.

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TextGrid Repository (2012). Ziegler, Christiana Mariana von. Gedichte. Gedichte. Briefe. 13. Brief. 13. Brief. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-B185-5