Der Adriatischen ROSEMVND
Ehrstes Buhch.
Hat man ihmahls di Sonne betrühbt, und den Nordohst ahtem-lohs gesähen, so ist es gewüslich damahls gewäsen, als sich Markhold von seiner Rosemund scheiden und zu schiffe nahch Frank-reich begäben solte: Dan di Sonne, welche nuhn ehrst aus ihrem morgen-zimmer härführ brahch, wan si ja dises traute Zwei noch mit einem blikke besähligen wolte; so täht si es nuhr dahrüm, daß si di trähnen diser Mänsch-göttin an sich zühen, und ihr güldnes gesicht aus mit-leiden entfärben möchte.
Der Nord-ohst wolte zugleich Ihm und Ihr gehorchen: Ihm zu gefallen hätt' er gärne stärker gewehet, und Ihr zu libe lihß er sich ändlich durch ihre klähgliche seufzer, fohr denen er sein sausen verschweigen muste, zu rükke halten. Markhold aber begahb sich nichts däs-zu weniger, nahchdehm er seine unvergleichliche Rosemund mit einem kusse gesägnet hatte, zu schiffe, dässen sägel ungefüllet üm den Mast härüm flatterten; so, daß dise un=entfündliche dinge vihl entfündlicher wahrden, und mehr mit-leidens mit den trähnen seiner Träuen hatten, als er selbsten.
Di arm-sälige Rosemund, welche fohr grohssem wehleiden kaum hauchen konte, hatte sich äben unter einen Palmbaum, nicht färn von däm unbarm=härzigen uhrwäsen, welches si dises liben Schazzes entsäzte, nidergelahssen. Si verlihß ihm kein auge, so lange si noch das schif erblikken, und fohr [2] trähnen, welche di augen gemach und gemach benebelten, sähen konte. Si baht den Nord-ohst, er solte sich doch lägen, und das schüf dem Sühd-west, ihr zu gefallen, über-gäben, damit es wider zu rükke kähren müste.
Dises ihr flöhen ward zwahr halb und halb erhöret, und dem Markhold durch eine plözlich-sausende stimme des Nord-ohsts, dehr sich solcher gestalt seiner stille wägen gleichsam entschuldigen wolte, zu erkännen gegäben: ihdoch must' es geschiden sein; dan, hatte gleich der Nord-ost ein solches mit-leiden mit Ihr, so kahm doch ändlich der Nord [10] selbsten dahrzu, und wahr üm so vihl däs=zu unbarmhärziger: er blihs mit follem munde di sägel an, und trihb das schüf innerhalb wenig tagen nahch der Flandrischen gränze, und von dahr nahch Engel-land und Bulonge zu. Markhold sahe sich nuhn-mehr von seiner Rosemund weit entfärnet, und begunte si algemächlich zu betauren. Er geriht auch hihr-über in eine solche schwährmühtigkeit, daß er sich, üm etwas frischere Luft und ergäzligkeit zu schöpfen, auf di höhe däs schüffes begäben muste.
Es begunte gleich abend zu wärden, und auf der Se wahr eine solche lihbliche wind-stille, daß si wägen ihrer äbene und der blaulichten farbe däs wassers, einem flachchen fälde gleich schine. Di sonne lihß sich auch mit etlichen strahlen, welche, wi=wohl si gleichsam von den an-sich-gezogenen trähnen seiner Rosemund noch etwas erblasset, doch gleichwohl nicht unanmuhtig an zu schauen waren, auf däm wasser erblikken. Markhold belustigte sich nicht wenig mit diser annähmlichen stille, und hatte nuhn seine schwähr-mühtigkeit mehren teiles aus der acht geschlagen.
Nahch-dähm er aber also seinem gesichte, sich vergnühglich zu erlustigen, eine guhte weile verhän-[3–4]get hatte, und gleich widerüm in seine Kammer gähen wolte; so lihssen sich auf der Se fünf ungeheure Braun-fische sähen, welche üm ihre schiffe härüm spileten, und seinen leuten, aus furcht eines instähenden ungewitters, nicht wenig erschröklich führ=kahmen. Es wahr auch über das der Mahnd am himmel wi feuer an zu sähen, welches ihm nichts guhtes schwahnen lihß.
Das härz begunte zu zittern, der ganze leib böbete, so erschröklich kahmen ihm alle dise zeuchen führ. Er gedachte bei sich selbst, ach! wehr nuhn noch auf der Amstel wäre, so könt' ich noch geruhig in dem schohsse der träuen Rosemund mein läben fristen; da ich izund in dem schohsse däs wilden Mehres, welches mihr augen-bliklich den tohd fohr augen stället, in furcht und zittern ligen muß. Ach! verzeuhe mihr, schöne Rosemund, verzeuhe mihr, du götliches Mänschen-kind, daß ich dihr so ungehohrsam gewäsen[11] bin, und mich, damit ich nuhr dihr dein Läben mit däm meinigen verkürzern möchte, auf dises grausame uhrwäsen, begäben habe. Gärne wolt' ich stärben, wan Du nuhr läben soltest. aber, weil ich weus, daß mein tohd der deinige ist; und wo ich ja in diser fluht untergähen solte, du deinen untergang selbst in der fluht deiner eignen trähnen suchen würdest; so muß ich billich, Dihr zu libe, bedacht sein, wi ich mein Läben, das deinige zu fristen, rätten wül.
Mitten in disen gedanken (als er sich schohn hin=unter in das schüf begäben hatte) erhuhb sich ein grohsser sturm, daß man nicht anders vermeinte, si würden alle vergähen müssen. Markhold vergahß über disem uhrplözlichen unwetter fohr angst und entsäzzen aller seiner gedanken, und kahm fast gahr aus ihm selbst. Er lahg als im traume, und es wahr fast nichts entfündliches mehr an ihm. Solcher gestalt bracht' er di ganze nacht zu; bis [5] sich ändlich des morgens dises ungewitter stillete, und di sonne si widerüm mit anmuhtigen blikken zu grühssen begunte. Markhold erhohlte sich wider, und wahr gleichsam wi gahr von neuem gebohren; er erblikte den Gnaden- hafen in der nähe, und lühf mit follem sägel zur Sänen ein.
Dis ist der lihbliche flus, dehr so manche mänsch=göttin erzilet, bei dessen strande di hold-säligen Franzinnen di Deutschen gäste mit leut-säligkeit entfangen. Ich weus, wohl, daß ihnen di ankunft unseres Markhold's, als eines, dehr auch von träu=deutschem geblüht' entsprossen ist, nicht wenig erfräulich wahr. Si hatten vernommen, wi ihn di ädlen Deutschinnen, di lihblichen Muld- und Elbinnen, ja di unvergleichliche Adriatinne selbst, so höhchlich gelibet; drüm begegneten si ihm mit däs=zu höhflichern und züchtigern gebährden, sich ihm auch an-nähmlich zu machchen. Aber der träu-beständige Markhold wust' in seinem härzen von keiner andern, als von der alein-einig-hold-säligen Rosemund. Di er nuhn-mehr in der fremd', als er si nicht mehr sahe, vihl häftiger als zufohren libete. Dan es ist gewüs, daß eine träu-befästigte Libe di härzen, ih weiter si dem leibe nahch von einander getrännet sein, ih fäster verbündet.
[12] Als er nuhn in di prächtige haubt-stat Parihs kahm, da der annoch-blühende Delfihn, der königliche Fürst, seinen hohf hihlt, und gleich den Königlichen namen entfüng; so ward er von den färtigen Säninnen mit träflicher anmuht gewülkommet. Si libelten ihm mit zitternder und halb-lisplender stimme; si begähreten seiner kundschaft und seines gesprähches; si erzeugten ihm di höchsten ehren=dihnste: doch konten ihn dise Schönen mit so vihl tausendkünstlerischen libes-reizungen nicht bewägen. Dan Rosemund wahr sein einiges Al; Rosemund wahr sein einiger trohst; und ihr gedächt-[6]nüs wahr sein lahbsahl. Täht' er etwa führ der stat seinen lust-wandel, und sahe di Parisinnen in den heissen Sommer-tagen zum bade fahren, welche sich mit solchen sachchen, di nicht das härz, sondern den geilen leib, verschönern, geschmünket hatten; so gedacht' er bei sich selbst, daß di mild-gühtige Zeuge=mutter seiner Rosemund alle dise schöhnheiten, di er alhihr durch kunst und angestrichene farbe zu wäge gebracht sahe, überflühssig verlihen hätte. Nichts kahm ihm lihblicher führ als Rosemund, weil er si zum liben so lihblich gebohren zu sein schäzte: Nichts kahm ihm erfräulicher führ, weil si ein krankes härz zu erfräuen, so fräudig wahr gezeuget; nichts kahm ihm läbendiger führ, weil si eine halb-erstorbene Sele läbendig zu machchen, so lähbhaft wahr geschaffen: ja Rosemund wahr seine libe, seine fräud' und sein läben: Nichts wahr ihm an-nähmlicher zuhöhren, als diser ädle name: Rosemund, Rosemund wahr gleichsam mit demantinen buhchstaben in sein gedächtnüs eingebildet, daß er ihrer nimmermehr vergässen solte.
Er hatte sich nuhn nichts mehr zu getröhsten, als eines brifes, durch welchen er schriftlich mit ihr räden konte. Das schreiben, welches er von Ruahn ab, seiner glüklichen über-kunft wägen, schohn führ etlichen wochchen an si abgähen lahssen, hatte si durch ein kleines brihflein eilend beantwortet, welches ihm von einem knaben noch bei spätem abend eingehändiget ward. Si baht ihn üm einen aus=führlichen berücht wägen des ablaufs seiner reise; si begährete mit solchem eifer seine gesundheit zu wüssen, und flöhet' ihn gleichsam dahrüm mit solchen härz-bewähglichen[13] worten an, daß er gezwungen ward si noch selbigen abänd zu vergnügen. Er schrihb fast di ganze nacht durch, unangesähen, daß er di vergangene, einer geselschaft zu gefallen, auch schlahf-lohs zu-gebracht hatte; verfasste seine gan-[7]ze reis' in einen gesang, und schikt' ihn straks des andern morgens, näbenst andern schreiben, fort.
In dässen lihß seine Rosemund alle post-tage bei dem Antorfischen Bohten nahch seinen schreiben fragen. Si hatte so ein grohsses verlangen, seine gegen-antwort zu vernähmen, daß si sich kaum zu friden gäben konte. Ihr einiger wundsch wahr seine wohlfahrt zu wüssen. Si begährte nichts mehr auf der ganzen wält, und baht auch üm nichts mehr, als üm sein wohl-ergähen. wi oft fihl si nider auf ihre knihe, und flöhete zu Got, daß er ihn gesund erhalten, und in guhtem fride wider zu rükke bringen wolte.
Mitten in diser ihrer ungedultigen hofnung warden ihr seine antworts-schreiben überlüfert; dahrüber si so höhchlich erfräuet ward, daß si selbige fohr fräuden kaum erbrächchen konte. Das sigel wahr schohn gelöset, als si sich ehrst erinnerte, daß si selbige noch nicht geküsset hätte. welches si dan so häftig verdros, daß si sich führ schahm und un=wüllen entfärbete, gleichsam als wan es ihmand gesähen hätte, dehr Si dahrüber bestrahffen würde. ändlich aber, nahch-dähm si ihr versähen vihl=fältig erstattet hatte, so eröfnete si den ümschlahg, und fand straks obenauf ligen disen
Des Markholds Reise-gesang
an di über-irdische
Rosemund:
auf di weise,
Wi sol der Libes-strük, u.a.m.
i.
Als Markhold sich einmahl am blanken Sähnen-strande,
(so weit von Rosemund) in einsamkeit befande; [8]
da sang er bei sich selbst ein solches langes Lihd,
das er ihr zu-gesahgt, indähm er von Ihr schihd.
ii.
Zeit daß ich von euch bin, ihr lihbsten Amstelinnen,
ihr Jungfern bei der Mas', ihr andern hold-göttinnen,
[14]und ihr auch bei der Lech; so sag' ich ohne schäu,
daß eure Rosemund noch kräftig in mihr sei.
iii.
Bin ich entnüchtert nicht, so bin ich doch enthärzet,
weil eure Rosemund mit meinem härzen schärzet
nahch ihres härzens lust. Di hälft' ist gahr gewüs,
ja wo nicht ganz, bei Ihr. o welch ein ris ist dis.
iv.
O sühsse zauberung! Si ist mihr zwahr entlägen;
ihr mund ist weit von mihr; doch kan er mich bewägen
durch lauter bilder-wärk, und gihbt mihr solches ein,
daß ich mit wüllen mus ihr leibgeschwohrner sein. [9]
v.
Fünf sünnen hatt' ich fohr; izt sein si mihr gemindert,
ihr mund entzüht den Schmak: mein Rüchen würd gehindert:
ihr aug' entäuget mich; ihr süngen macht mich taub:
mein fühlen nümmt si wäg. o welch ein sühsser raub!
vi.
Kein ässen schmäkket mihr: kein balsam mich erkwikket:
kein garten lacht mich an: kein seiten-spihl entzükket
und macht mein ohr betäubt: Entfündung spühr' ich nicht.
Hand, Mund, Nas', Aug' und Ohr sein ihrer lust verpflücht.
vii.
Ich dänke noch dahran, wi bei däm lätsten küssen
auf ihrer seufzer kraft di meine folgen müssen;
di Amstel weuß es wohl, als welche stille stund,
da ich den Abschihd nahm von meiner Rosemund.
viii.
Di Mase weuß es auch, wi ungärn ich gezogen [10]
und mich ent-färnt von ihr, vertraut däs Mehres wogen,
als welches rund üm mich di blauen wällen schluhg,
und mich nahch Frankreich zu (so färne!) von ihr truhg.
ix.
Es weuß es Röhtelgau, da ich acht folle wochchen
di reise wohl erwohg, eh wihr sein aufgebrochchen.
es weuß es auch der Brihl, wi ich sechs tage lang
im mehres munde lahg (so lange!) stärbe-krank.
x.
Der leib güng zwahr zur Se, doch blihb das härz zu rükke:
di kühne Magd von Dort lös't ihr geschüz und stükke,
[15]und gahb uns einen wink. Wihr lühffen se-wärts ein,
doch kont' ich nirgends nicht als bei der Amstel sein.
xi.
Di schiffe lühffen fort di wätte mit den winden,
wi ein verlihbter schwahn, wan er nicht bald kan sünden [11]
di schwähnin, di er suhcht. Der Nord pfif sägel ein,
so, daß es mihr gedaucht der Lihbsten klage sein.
xii.
Der himmel wust' es wohl. Der Nord-ost blihs ganz sachte,
üm daß er mich alda noch mehr verzühen machte.
zwe tage güngen hin, eh ich von Se-land kahm,
und meine reise fort, nahch dihr, o Flandern, nahm.
xiii.
Tühn-kirchen sah' ich stähn; drauf kährt ich ihm den rükken,
kahm auf Bulonge zu, wo Kales sich lihß blikken,
der Franzen gränze-stat: wo gegen über lahg
der Kant von Engel-land. dis wahr der dritte tahg.
xiv.
Der abend kahm hähr-an! di Se stund still' und äben;
es hatten unser schif fünf Braune fisch um-gäben,
di spihlten auf der fluht; das solt' ein Zeuchen sein [12]
des drauf-erfolgten sturms. Der muht wahr zimlich klein.
xv.
Man sah das nacht-lücht auch ganz feuer-roht aufgähen,
di stärne ganz betrühbt in stiller Stille stähen.
o dacht' ich, Rosemund, dein raht wahr alzu guht;
fohr deinen schohs hab' ich den schohs der wilden fluht.
xvi.
Ihr wind' erbarmt euch doch! und kan ich euch nicht stillen,
dehn man Neptuhn benahmt; so schohnt üm ihret wüllen,
daß ich nicht in der Se aufgäbe meinen geist,
und si in eigner fluht der zähren folge leist'.
xvii.
Ihr himmel kan ich dan nicht eure gunst erwärben;
ist euch so wohl gedihnt mit unsrer beider stärben?
lahsst fahren euren grim; züht euren ein-flus ein,
daß Rosemund und ich euch können dankbahr sein.[13]
xviii.
So tühf erseufzt' ich stähts. Der Nord zohg aus dem grunde
den starken hauch, und blihs mit ausgehohltem munde
[16]das schwachche wasser-haus bald himmel-hohch empohr,
bald auf den abgrund hin, daß ich mich ganz verlohr.
xix.
So güng di nacht fohrbei; an di ich wül gedänken,
so lange sonn' und mahnd an ihrem bogen hänken.
Es wahr nuhn hoher tahg, wir sahen Tipen stähn,
und lihssen unser schif von dahr zur Sähne gähn.
xx.
Als nuhn der fünfte tahg uns guhte zeitung brachte,
daß alles stille sei (di winde blisen sachte)
so lühffen wihr ganz froh zum Gnaden-hafen ein,
nahch Hohn-flöhr immer zu, bei klahrem sonnen-schein.
xxi.
Wihr lihssen uns alda aus frohe Land an-säzzen, [14]
das halb-erstorbne härz mit äpfel-must zu lätsen,
dehr diser Fölker trank. Der Nord-man sazt' uns führ
ein frisches Kirschen-ohbst mit seinem Malvasihr.
xxii.
Was frohe lust wahr da! Das dorf wahr schöhn geziret
mit gassen durch und durch von laub-wärk aufgeführet:
di bäume sahe man in gleicher ordnung stähn,
und üm den ganzen Plaz vihl schöne gänge gähn.
xxiii.
Wihr kahmen auf das fäld, das ganz fol weizen stunde,
mit gängen auch versähn; da gleich in einem grunde
ein höltsern Ritter kahm, sein libes Lihb entfüng,
und mit dämselben fort ins grühne Grühne güng.
xxiv.
Was dacht' ich armer wohl! wi wahr mihr da zu härzen!
ach! ach! o noch einmahl ach! möchte das nicht schmärzen, [15]
wan ich mit troknem mund' und nassen augen hihr
ein solches sähen mus; ach! wo ist meine Zihr?
xxv.
O ädle Rosemund, o schöhnste von den Schönen,
von dehr Lustinne selbst ihr schöhn-sein mus entlähnen:
wo? (ich bö-böbre schohn, di glider zittern mihr,
der kalte schweiß brücht aus) wo bist-du meine Zihr?
xxvi.
Wo bis-wo bist-du-du, ach o du aus-erwählte,
di mich in gegenwart ehmahls ganz näu besehlte,
[17]und nuhn entsehlen kan. weil ich dich sähe nicht,
so nachtet's üm und üm, o du mein Sonnen-licht.
xxvii.
Dis seufzt' ich bei mihr selbst; dis wahr mein heimlich klagen
bis in di dömmerung, ja das mich muste nagen,
bis Föbus wider traht auf seine güldne bahn. [16]
wihr lihssen unser schif, und reiseten fohran.
xxviii.
Dis wahr der sechste tahg. Drauf sein wihr angeländet
des abänds zu Ruahn, so manche schiffe sändet
nahch dihr, o Mase, zu. Zwe tage blihb ich da,
bis ich den elften auch Parihs in Frank-reich sah.
xxix.
Das ädele Parihs, ja das noch ädler wäre
und stölzer, als es ist, wans würdig währ der Ehre,
dich, o du mänsch-göttin, zu sähn in deiner zihr,
das grühsst' ich zwahr erfräut, doch auch betrühbt von Dihr.
xxx.
Hihr läb' ich noch zur zeit inzwüschen leid und fräude:
in leiden, weil ich dich mit widerwüllen meide;
in fräude, weil ich säh', daß dihr sich keine gleicht,
wi schöhn si auch mahg sein, und fast mein zihl erreicht.
xxxi.
Nuhn schlühss' ich meinen mund, dehr deinen ruhm zu süngen [17]
so färtig ist gemacht, dehm alles muß gelüngen,
wan du ihm winkest nuhr, und dehr auf dein gebot
izt sprücht, izt wider schweigt. nuhn läb' in deinem Got!
Wiwohl si nuhn dises Lihd mit sonderlichem fleiss' und grohsser bedachtsamkeit durch-geläsen hatte, so lihß si sich doch mit däm einigen mahle noch nicht begnügen, sondern wolt' es noch eins übersähen, damit si dasjenige, was si vihlleicht noch nicht rächt eingenommen hätte, foländ begreiffen möchte. Weil si aber seinen brihf noch nihmahls geläsen hatte, so wolte si gleichwohl auch gärne zufohr dessen inhalt wüssen; drüm erbrahch si das sigel, entfaltet' ihn, und las' also dises
[18] Des Markholds
Antworts-schreiben
an di unvergleichliche
ROSEMVND.
Wohl-ädel-gebohrne, tugend-folkomene,
meine in ehren hohch-währte, treu-geneugte Jungfrau; Nahchdähm es nicht gnug ist, däm schreiben meiner Schönen gnüge zu tuhn, sondern auch höhchst nöhtig erachtet würd, mein gewüssen der schwären bürde eines näulich-geleisteten schwuhres zu [18] entlädigen; so überschikk' ich ihr dasjenige, welches, wan es Si, seiner gering-schäzzigkeit wägen, nicht vergnügen kan, doch zum wenigsten mich entbürden würd. Si schau' es nuhr, o leutsälige, wo si es nicht läsen mahg, mit fräundlichen augen an, und lahss' Ihr auch den blohssen wüllen ihres Träuen an stat der vergnügung dinen. Ich habe wohl gewust, daß dises lihd nih-mand, befohraus ihr, als einem so kluhg=sünnigen überirdischen Mänschen-bilde nicht sonderlich gefallen könte; dahähr ich dan auch lange zeit zweifäl-schlüssig gewäsen bin, ob ichs aushändigen solte, oder unter meinen verworfenen schreibereien den würmen zur speise ligen lahssen: weil ich aber dagegen auch widerum wußte, daß Si zur geduld und sanftmuht gleichsam gebohren wäre, so bekahm ich widerüm einen muht; und habe mich also, nahch meiner guhten zuversicht, einer gnädigen verzeuhung zu getröhsten. Inmittels bin ich ihres verständigen uhrteils; und wo nicht einer scharfen, doch gelinden strahffe, gewärtig. Si hat nichts mehr zu tuhn, als ihrem diner zu winken, so würd er sich ihr zu gehorsamen, entweder zu schweigen, oder zu räden wül-färtig gebrauchen lahssen. Aber mit was führ dank sol ich meiner [19] Jungfrauen begegnen, daß Si führ ihren Diner so eine träue führ-sorge träget, und seine gesundheit so härzlich zu wüssen begähret! mit was führ dank sol ich erkännen, daß si ihr alle seine verrüchtungen so träulich angelägen sein lässet? nichts mehr weuß ich zu tuhn, als mich, dehr ich Si, meines erleidlichen zustandes wägen, schohn anderwärts berüchtet habe, zu beklagen, daß ich mich meiner Schönen und ihrer Jungfer Schwäster (welcher Si unbeschwäret meinen freundlichen gruhß und ehren=dihnste vermälden wolle) beraubet sähen muß, und ihnen nahch gebühr nicht beiwäsend aufwarten mahg; dan ich begähre nichts mehr, als daß ich nuhr von mihr mit rächt schreiben möchte, wi daß ich sei
meiner Jungfrauen
aller-demühtigster und
ganz-ergäbener Ehren-diner
Markhold.
[20]
[19] Rosemund befand sich, nahch verläsung dises schreibens, fohr verwunderung und fräuden zu=gleich bestürzt. Di verfassung schihn, dehm ehrsten anblikke nahch, schihr was fremde zu sein führ Si; so, daß si nicht gewüß wußte, ob es auch an si geschriben wäre, oder ob es nicht vihlmehr an ihre Jungfer Schwäster lautete. Si kährt es üm und wider üm, und suhcht' auf allen änden, ob sie einige kän-zeuchen, zu bekräftigung ihrer meinung, fünden möchte. Si lase di überschrift, da fand si ihren namen; doch gleichwohl blihb si auf ihrer gefassten meinung, und gedacht', es möchten vihl=leicht di schreiben, aus über-eilung, verwächselt, und di überschriften unrächt anfgeschriben sein. Di ansprahche kahm ihr nicht führ, als wan si unter verlihbten geschähe, oder aus einem solchen härzen hährrührete; gleichwohl wahr es di antwort auf ihr schreiben. Si wolte muht-mahssen, als wan ein anderer ihr brihflein auf-gefangen, und es dehrgestalt beantwortet hätte; aber gleich-wohl sahe si ihres Markholds eigne hand: Zu dähm, so bezeugt' es auch das sigel, in welchem zwei härzen (da aus däm einen ein Rosen-stok, aus däm andern ein Palmbaum mit der frucht härführ wuchssen) mit kätten zusammen-gefässelt stunden: das sigel, sag' ich, welches si beide zum zeuchen ihrer ewigen träue zu führen pflägten.
Di guhte Rosemund befand sich zwischen furcht und hofnung; dan ob si sich schohn fürchtete, daß sich nicht etwan eine ausländerin in ihre ställe ein=gedrungen hätte, und Si vihlleicht durch solche entlägenheit, di si beider-seits däs anschauens beraubete, nicht auch aus seinem härzen vertilget wäre; so konte si doch gleichwohl noch einige hofnung schöpfen, wan si erwohg, daß er sich in seinem schreiben noch ihren Geträuen benännte; wan si behärzte, wi fräund-sählig er ihr begegnete, und wi [21] di libe, ob er si schohn nicht an den tahg gäbe, doch gleichwohl unter solchen härz-drüngenden räden verborgen lähge.
Diser wahn gefihl ihr abermahl nicht; dan der libeseifer brachte si, nach seinem alten gebrauch, auf tausendterlei gedanken. Si hihlt es nuhr führ eine angefärbte scheinlibelung, di er gegen ihder=man, da doch sein härz weit anders gedächte, wohl zu gebrauchen wüste. In solchen [20] unruhigen gedanken begahb si sich an den tage-leuchter ihres zimmers, welcher gegen westen güng, und vermeint' alda was mundterer zu wärden: alein es wahr ümsonst; di Einbildung ställt' ihr den unschuldigen Markhold in den armen einer fremden führ, und si sahe ihn, doch nuhr mit den gedanken; dan mänschliche augen wahren zu schwach durch so vihl bärg' und büssche zu sähen; Si sah' ihn, sag' ich, ümarmet, und in libes-anföchtung: Si sah' ihn fräudig und traurig zugleich. Ja si macht ihr solche wunder-seltsame gedanken, daß si dahr-über wohl gahr in eine blöhd-sünnigkeit gerahten wäre, wo es nicht Adelmund, di von disen sachchen noch ganz nichts wuste, durch ihre dahrzwüschen-kunft verhindert hätte.
Rosemund bemühte sich, so bald si ihrer Fräundin gewahr ward, ihren schmärzen zu verbärgen, damit si ihr di uhrsachche nicht sagen dürfte: dan si wuste wohl, daß Adelmund des Markholds grohsse Gönnerin wahr, und nihmahls nichts ungebührliches von ihm zu gedänken, ich schweige, zu räden pflägte: drüm ging si ihr von stunden an entgegen, und entfing si mit solchen fräudigen gebährden, welches si allezeit so meisterlich tuhn konte, gleich=sam in lachchendem muhte, als wan si ganz von keinem anligen wüste, und hatte den brihf, dehr alle dise unruhe bei ihr veruhrsachte, führ dem tage=leuchter, dessen flügel si widerum zu-gemacht hatte, [22] aus furcht ligen lahssen: dan si kont' ihn nicht so bald, daß es ihre Fräundin nicht wäre gewahr worden, hinein nähmen.
Adelmund aber, welche sehr kluhg und bedacht=sam in allen ihren sachchen handelte, unangesähen, daß si noch überaus jung wahr, sahe wohl an ihren wangen, welche gleichsam mit blut-färbigen streiffen über-mahlet wahren, daß si geweinet hatte, und sich nuhr, ihre traurigkeit zu verbärgen, so fräudig ställte. Si lihs ihr anfangs nichts märken, daß si einige traurigkeit an ihr verspürete, und fing straks von andern lustigen sachchen an zu räden. Meine libe Rosemund, sagte si, ich bin sehr erfräuet, daß ihr Her Vater so glüklich wider nahch hause gelanget ist: dan er wahr gleich damahls von einer gefährlichen reise, da man sein schif feindlich bestürmet hatte, wider an heim [21] kommen. Ich bin izund in der stat gewäsen, fuhr si fort, ihn zu besuchen, da hab' ich gesähen, was er ihr und der Stilmuht ihrer Jungfer schwäster, fohr köstliche sachchen an ädelgesteine und seidenen wahren mit-gebracht hat; mihr selbst hat er ein stükke sammt und atlas, ohne mein verdihnst, und disen über-köstlichen Demant-ring, zur verehrung gegäben, daß ich nicht weus, wi ichs erwidern sol.
Als sie nuhn vermärkte, daß Rosemund ihren unmuht in etwas mochte vergässen haben, so huhb si algemach von dem Markhold an zu räden, dessen schreiben si äben entfangen hatte. Auch hab' ich mich (fuhr si unter andern weiter fort) nicht wenig zu erfräuen, daß so ein liber Freund, als Markhold ist, seinem wündschen und begähren nahch, so glüklich gewäsen ist, und seine reise nuhnmehr bis nahch Parihs folbracht hat.
Uber disen namen Parihs erseufzete di guhte Rosemund, schwihg still', und sahe nahch dem tage-leuchter zu, fohr dehm si sein schreiben ligen gelahs-[23]sen hatte. Adelmund aber, di nuhn leichtlich märken konte, üm welche zeit es wäre, und wo si der floh gebissen hätte, erdachte zur stund' einen rank, oder, damit ichs deutlicher gäbe, eine höfliche Lügen, damit si di Rosemund befridigen möchte: Ja ich bin noch mehr erfräuet, rädete si weiter, daß er, laut seines an mich getahnen schreibens, in kurzer zeit wider zu rük kommen würd.
Was! fing ihr Rosemund das wort auf, und sahe si mit flinkernden augen an, sol er in kurzer zeit widerkommen? ich kan es fast nicht gläuben, doch der Jungfer und ihm nichts zu nahe gerädet; er würde mihr sonder zweifäl, so er es nuhr im sünn' hätte, solche hofnung auch gemacht haben. Ja freilich, sagt' Adelmund, er würd si mit seiner Anwäsenheit bald wider erfräuen; und indähm si dises rädete, so neugete si sich nahch ihr zu, und sah' ihr unter das gesichte, di mahl-zeuchen ihrer trähnen wahr zu nähmen, als wan si solches nicht schohn fohrhin gesähen hätte; wohrüber sich Rosemund entfärbete, und di augen fohr schahm nider-wärts schluhg. O! fing Adelmund an, meine Jungfer, wahrüm wül si ihr weh-leid führ mihr verbärgen, und wahrüm hat si ihr, mihr zum führ-schein, [22] eine so fröhliche gestalt angenommen, da doch di märk=mahl der trähnen ihr weinen und innerliches härz=leid verrahten.
Rosemund wolt' es anfangs nicht gestähen; ändlich aber, als si ihr so vihl zu gemühte führete, wi aus einer blohssen einbildung und irrigen gedanken so ein grohsses unheil erwachsen, und wi dämselben durch guhten raht einer träuen Fräundin könte fohrgebauet wärden; so lihs si sich beräden, und erzählte der Adelmund ihr ganzes anligen; si wolt' ihr auch sein schreiben selbst läsen lahssen, aber der wind hatte solches schohn fohr dem tage-leuchter wäg-gewehet. [24–25].
Was sagt nuhn unsere Rosemund, di armsälige, dahrzu, welche ehrst rächt armsälig würd, indähm si ihres geträuen Markholds schreiben so schändlich verschärzet hat. Da stähet sie verstummet, anfangs führ schahm und unwüllen erröhtet, nahchmahls verblasset, wi eine rose, di auch im anfang roht, härnach blas, und ändlich gahr verwälket dahin fället.
Kom Markhold deiner Schönen zu hülffe; kom und tröhste si; labe si und stärke si; dan si liget in ohnmacht, si vergähet wi eine rose, di der Nord bestürmet; wi di Sonne, wan es nachtet. ach! schaue di arme! wi si kaum noch ein wenig röchchelt! nichts läbet mehr an ihr als das härze, welches un=aufhöhrlich klopffet und puffet, dässen kraft und würkung auch der Schlahg unter der linken hand entfündet, dehn es fohr libe mit solcher ungestühmigkeit schlagen machchet.
Aber Markhold ist alzu weit entfärnet; drüm kom du, lihb-sälige Adelmund; trit aus mitleiden härzu, und rätte deine Fräundin, eile zu hälfen, Du hast hohe zeit. Dan wan Du ihr läben rättest, so würstu zugleich deinen Lands-man den Markhold, dessen läben an däm ihrigen hanget, aus den banden des todes erlösen. stärke ihren geist mit kraft-wasser, daß er sich wider erhohle; nüm den schlahg-balsam und bestreiche dijenige, di das läben deines Fräundes fristen sol.
Als sich nuhn Rosemund durch hülfe ihrer Fräundin algemach wider zu besünnen begunte, so kährte si ihr gesicht [23] also ligend nahch dem tage-leuchter gegen Westen zu (dan auf zu stähen wahr si noch zu macht-lohs) und rädete mit schwachcher sprache dise halb-zerbrochchene wort: ach! ach! verzeuhe mihr mein härzlihbster, daß ich solch-ein ädles pfand so unachtsam verwahret habe: ach! ich habe mich an dihr verbrochchen; du bist gerächter als ich; [26] wi wül ich das immermehr fohr dihr verantworten? dises ist vihlleicht di strahffe meines arg-wahnes, und di rachche deiner unschuld! wohl! ich kan nichts mehr tuhn, als dich üm verzeuhung bitten!
Hihrmit erhuhb si sich, stund auf, und schauete zum tage-leuchter hinunter, ob si irgend des brifes im garten könte ansichtig wärden. Als si nuhn nichts ersähen konte, so lühf si selbst hinab und suhchte mit allem fleis, aber da wahr kein brihf fohrhanden. Si kahm wider hinauf in ihr Zimmer, und huhb bitterlich an zu weinen, ahs noch trank nichts, und lägte sich also, nahchdähm ihr Adelmund guhte nacht gegäben hatte, zu bette.
Da lahg nuhn di arm-sälige in so vihl hunderterlei gedanken, daß si auch di ganze nacht schlahf=lohs durchbrachte; und des morgens, als der himmel kaum zu grauen, und der tahg härführ zu blikken begunte, ihr bette verlihs, und sich in ihr inneres bei-zimmer begahb, in wüllens ihres Markholds fohrige schreiben, und alle lider, di er an si, und seine Fräunde verfasset hatte, durch zu sähen; damit si beides seine zuneugung gegen si auf das genaueste beobachten, und dan auch di verdrühsliche zeit versühssen möchte.
Nahchdähm si nuhn nahch gewohnheit ihr morgen-gebäht verrüchtet, und etliche haubt-stükke aus der heiligen schrift (in welcher si sich, wi-wohl es sonst ihren Glaubensgenossen verboten ist, gleich=wohl auf einrahten der Adelmund fleissig zu üben pflägte) in hohchdeutscher Sprache mit sonderlicher andacht geläsen hatte: so nahm si ihr prunk=lädichen, welches von fohren-holz, und gahr zihrlich mit golde beschlagen war, dahrinnen si ihres Markholds geschribene sachchen, als ein Heilig=tuhm verwahret hatte. So bald si solches eröfnet, und das Sünnen-bild, welches si sonst, wi ich schohn erinnert, auf ihren pitschaften zu [24] führen pflägten, [27] erblikket hatte; da nähmlich zwei härzen mit güldnen Ketten zu-sammen gefässelt stunden, und aus däm einen ein rosen-stok härführ-spros, näbenst einer häl-flammenden gluht, di auf der einen seite nahch däm andern zu, aus welchem ein palmbaum mit der frucht in di höhe wuchß, härführ schluhg, und di zweige zwahr entstahk, doch nicht versehrete; mit diser losung:
Keine Last sonder Lust.
So bald si, sag' ich, solches ihr Sünnen-bild erblikte, so huhb si an zu seufzen, und sagte mit lauter stimme; jah es ist wohl wahr, daß keine lust ohne last ist; und wan nuhr auch ändlich diser Sünnen-spruch, Auf last komt lust, darauf folgete, so könte sich ein härz noch wohl mit fräuden, wi ein palmbaum, der aufgelägten bürde wider-säzzen, und seine beiden hügel wider alles unglük mit gewalt auf-rüchten.
Als si solches gerädet hatte, so nahm si di brife häraus, und sahe straks zu öberst härführ blikken dises
Des Markholds
Abschihds-lihd
An seinen stand-fästen, geträuen
Felsen-sohn,
Hern zur Ehren-burg, u.a.m.
i.
Felsen-sohn, mein andres Ich,
sei geruhig meinen Brüdern
zu zu hören wülliglich;
di mich mit belihbten Lidern
heute grühssen; da ich mahg
feiren meinen nahmens-tahg. [28]
ii.
Heute, da des himmels zihr
sich zu kleiden wahr geflissen,
schrihb mein Deutschmuht hähr zu mihr,
ja mein Bornman fühgt zu wüssen,
wi er dise ganze nacht,
und noch izund, lider macht.
[25] iii.
Eines schikt mihr jener zu,
diser kömmt auch an zu paren;
wo doch aber bleibestu?
hält dich etwan bei den hahren
Deine, di Dich von mihr trännt,
und sich deine Fürstin nännt.
iv.
Adelmund ist auch schohn hihr,
jah ihr bruder würd bald kommen;
schau', es fählet nuhr an Dihr;
Du hast mihr di lust benommen,
dahrüm daß du dich entzühst,
und der Fräunde lust nicht sihst.
v.
Aber du hast andre lust,
di Dihr tahg und nacht würd bleiben,
wi Dihr selbsten ist bewust,
und mihr zeugt des Lihbholds schreiben;
Lihbhold schreibt es kurz und rund,
wohl! so bleibt mihr Rosemund. [29]
vi.
Ich erfräue mich mit Dihr,
und weil wihr uns brüder nännen,
so wird Deine Lihbste mihr,
hoff' ich, gänzlich auch vergönnen,
daß ich selbe disen tahg
meine schwäster nännen mahg.
vii.
dan ich trünk' ihr wohl-ergähn
bei der Amstel in dem reihen;
Lachmund lässt es auch nicht stähn,
mus sich selbsten mit mir fräuen;
Brunschweig schikt uns ädles bihr,
Zerbst ist selbsten auch alhihr.
viii.
Rosemund mein einigs Al,
meine Fromme, meine Schöne,
mein Erhöben und mein Fal,
macht mihr izt ein solch getöhne,
jah si würd mihr mund und hand
gäben als ein Libes-pfand.
[26] ix.
Izt gäh' ich zu lätst mit ihr
bei den blanken Amstelinnen,
unter ihrer linden zihr;
dan, (o schmärz!) ich mus von hinnen,
jah von hinnen mus ich zühn,
und mein eignes glükke flühn. [30]
x.
Ein verhängnüs träkt mich fort,
o däm ungemänschten Tihre!
daß ich disen ädlen ohrt,
ach! o schmärz! o leid! verlühre:
aber was! es muß so sein,
mein gemüht zwüngt helfenbein.
xi.
Weich- und weiblich-sein gezihmt
einer Jungfer und den Weibern;
aber dehr sich mänlich rühmt,
muß nicht kläben an den leibern,
di nahch ehr und ruhm nicht gähn,
und im schwachchen Volke stähn.
xii.
Sol ich dan so führ und führ
bei der aller-lihbsten ligen,
und nicht kommen führ di tühr,
jah mich gleichsam knächtisch bügen?
ach! das wül mihr gahr nicht ein;
ich kan nicht guht weibisch sein.
xiii.
Bin ich gleich nicht was ich bin,
sol ich gleich di gunst verlühren,
doch behalt' ich meinen sün,
lahsse mich kein schmäuchlen rühren:
schöhnheit hält mich ganz nicht auf,
tugend gäht doch ihren lauf. [31]
xiv.
Ehre bleibt mihr, oder nichts;
reisen mus ich, oder stärben:
doch di kraft däs nahch-gerüchts
lässt ohn dis mich nicht verdärben:
meine starke Tichterei
macht mich fohr dem tode frei.
[27] xv.
Tohd, was unterstähstu dich,
wültu unsre ros' ent-röhten?
wültu, Neid, vergiften mich?
nein. ihr könt uns nimmer töhdten:
wüsst ihr nicht, daß ins gemein
alle Tichter himlisch sein.
xvi.
Dise helden gähn härführ,
führen nichts als Ehren-zeuchen:
dinte, fäder und papihr
wärden eurer macht nicht weichen;
dan ihr himlisches gemüht
schreibet kein vergänglichs lihd.
xvii.
Dis, mein ädler Felsen-sohn
haben wihr zum hohen lohne;
dis tuht unser klahrer tohn,
daß wihr stähn fohr Föbus trohne,
sähn bekränzt den stäten Mei,
wüssen nicht was stärben sei. [32]
xviii.
Dis macht mich der fräuden sol,
dis erräget mein Gemühte;
daß ich sünge, wi ich sol,
wan mein innerlichs geblühte
sich erhizt mit himmels-kraft,
daß es nichts, was stärblich, schafft.
xix.
Lätslich, weil ich jah mus zühn,
und den wüllen nicht kan zäumen,
ei so sol und wül ich ihn
selbst beförtern ohne säumen.
Drüm befähl' ich dich dem Hern,
und mich Dihr, o Fräunde kern!
xx.
Kern der Fräunde, di mihr sein
ihmahls auf der wält verpflüchtet,
mein vertrauter ohne schein,
dehr mich schwachchen auf gerüchtet,
Dihr befähl ich auch zu lätst,
was ich bei Dihr ein-gesäzt.
[28] xxi.
Meinen schaz befähl ich Dihr,
dehr mihr ehmahls hat gegäben
meinen bästen schmuk und zihr,
jah ein unvergänglichs läben,
daß ich nuhn im klugen Sün
himlisch und nicht irdisch bin.
Nahch verläsung dises begunte Rosemund wider einen muht zu schöpfen, und las' auch di andern schriften alle durch; aus welchen si vihl anzeugungen seiner härzlichen libe gegen si unschwähr erkännen konte. Unter andern fand sich auch ein gebundenes schreiben, welches er fohr disem an seine Frau Mutter hatte abgähen lahssen; Si überlühf es auch, damit si ja sähen möchte, ob er etwan in seinem Vaterlande an eine andere verbunden wäre, di er sonder zweifäl dahrinnen seiner Frau Mutter fohr seinem Abreisen anbefählen würde. Sähet, so verdächtig ist di eifrige Libe, und so argwähnisch ist unsere Rosemund! Es wahr aber ohn-gefähr auf dise weise verfasset.
Des Markholds
Ticht-schreiben
an seine Frau Mutter
Di Himmelshulde,
u.a.m.
Ein wohl-behärztes härz, ein aufgewäkter Sün,
ein muht, der Feuer fühlt, würfft alles seit-wärts hin,
was blöde-sein uns heisst. Er lässt ihm nicht genügen
in seiner Mutter schohs sein läbelang zu ligen,
wo sich di tugend nicht, wi sonst, vermehren kan;
nümmt seine schanz' in acht; mus ofters ein Tiran [34]
däs mutter-härzens sein. Züht aus, wo lust und tugend
den wakren muht hin-führt im länzen seiner jugend.
Es mus ihm Se und wind kein schräkken jagen ein,
wo anders sein gemüht und härz wül tapfer sein,
nicht weibisch und verzahgt. Drüm lahsst euch dis nicht schmärzen,
Frau mutter, wan es gleich ein wenig gäht zu härzen,
daß ich izt weiter züh. dänkt, daß di tugend nicht
so trög und las kan sein. si waget sich ans licht.
wan gleich der wider-stand, das unglük, si wül schräkken,
wan gleich ein härz-magnet si wül zu-rükke träkken;
so eilt si doch hindurch, bis si gewonnen hat,
vergnüget wider-kömt, und ist der fräuden sat.
[29]Ich zühe zwahr von euch; doch wül ich euch vergnügen,
und mich zu eurer Lust bald widerum verfügen:
würd nicht alsdan di lust und fräude gröhsser sein, [35]
di keinen ekel führt, als di, so stähts gemein?
Ei lähbt in-dässen wohl! di zeit würd bald verflühssen,
und meine widerkunft das leid mit lust versühssen.
Euer gehohrsamster träu-liber
Als si nuhn gahr nichts unter allen seinen Schreibereien fünden konte, das ihrer libe nahchteilig sein möchte, so suhchte si noch in den untersten schaube-kästlein, dahrinnen fand si dises
Einsprahch-getichte.
der Gold-apfel rädet.
Di Eris truhg mich feil am blanken Amstel-strande,
Das alte Murmel-tihr, bis sich das Glükke fühgt' [36]
und Paris mich bekahm, als er fuhr ab vom Lande,
und länkte sich dahin, wo Lihb' und Weusheit lihgt,
wo Reichtuhm ruht und schlähfft. Di dreie von den Schönen,
di dreie so di wält beherschen üm und üm.
Es ward üm mich ein zank; da teilte, dis zu söhnen,
der Paris mich in drei, und stillte zank und grim.
Aus einem warden drei, und wider eins aus dreien;
ich eines habe nuhn den dreien gnug getahn:
was meint ihr was ich bin? Es mus sich alles fräuen
in diser einigkeit, und frölich stimmen an:
Runde kugeln lauffen färn;
güldne farbe bländet gärn,
glükkes-fügung tuht also,
macht uns unversähens fro.
Hihr-über stund si, und besan sich eine lange zeit, was dises fohr dreie sein möchten, di er hihr-innen anrädete. Aendlich erinnerte si sich, daß er kurz fohr seinem Abreisen einen Gold-apfel von einem Fräunde, dehr ihn [30] bei einer alten Frauen gekaufft, zur verehrung bekommen, und selbigen nahch=mahls unter si dreie, nähmlich, unter Rosemund, Stil-muht und Adelmund aus-geteilet hätte. Ja [37] si kont' überal, wo si nuhr suhchte, nichts fünden, das ihn möchte verdächtig machchen; doch gleichwohl wolte si däs schreibens, welches si nuhn noch ein=mahl zu suchen hinunter in den garten ging, nicht vergässen.
Si suhcht' eine guhte weile dahrnahch, und als si es ändlich im Wasser-graben ligen sahe, so stihg si eilend und ganz erfräuet hinunter, und trihb es mit einem Indischen Rohrstabe, welchen si äben zu dähm ände mit sich genommen hatte, nahch dem rande zu, daß si es erreichen konte. Si trüknet' es wider bei der Sonnen; aber di dinte wahr durch di angezogene feuchtigkeit so sehr zerflossen, daß man di schrift kaum läsen konte: gleichwohl schlos si es unter di andern mit ein, und verwahrt' es so eigendlich, damit si sich jah nicht färner verbrächchen möchte.
Es gingen zwe oder drei tage fohrbei, ehe si sich zur antwort entschlühssen konte, und in diser zeit hatte si wohl so vihl tausendterlei einfälle, ja so vihl als zeitblikke dahrinnen waren, daß es unmühglich wäre, si alle zu erzählen. Bald wolte si sich, der Wält ganz ab zu stärben, in den heiligen stand begäben, und in einem Jungfer-zwünger ihr Läben schlühssen; bald wahrd si sünnes ein gelühbde zu tuhn, daß si sich nimmermehr verehligen wolte; ändlich entschlos si sich das schähffer-läben zu erwählen, damit si, im fal ihr Markhold durch seine kurz=künftige wider-kunft seine unschuld bezeugen würde, einen solchen stand (welches si in den fohrigen beiden nicht tuhn könte) wider verlahssen, und ihm durch ihren abfal jah keinen fuhg und uhrsachche zu seinem verdärben gäben möchte.
Als si nuhn disen schluß bei ihr befästiget hatte, und nuhnmehr ein leichtes sommerkleid, von schähl= oder stärbeblauem zerhauenem atlas, mit einem rose-farben seidenen futter, wi di Schähfferinnen zu [38] tragen pflägen, an zu lägen gesonnen wahr; so wolte si gleichwohl ihrem Markholde zufohr, in dehmjenigen stande, dahrinnen er si gelahssen hatte, noch einmahl schreiben; befahl also ihrer kammerdinerin fäder und dinte zu bringen, und begahb [31] sich in ihr geheimes zimmer ganz aleine, damit si in ihren gedanken nihmand verstöhren möchte.
Nuhn wollen wihr unsere Rosemund in ihrer andacht lahssen, und uns unterdässen nahch Parihs zu ihrem Markhold begäben; da wihr ihn gleich in einer lustigen geselschaft fünden wärden. Er weus nichts von dem unwillen seiner Rosemund, ist lustig und trünkt auf ihre gesundheit. Di zeit kömt nuhnmehr wider härbei, da er ihre antworts=schreiben entfangen sol, aber si verweilen sich was lange; doch gleichwohl hat er keine mis-hofnung.
Er gerät ohn gefähr, als er mit einem führnähmen Hern sol lust-wandeln fahren, unter etliche Franzinnen, di ihm dan mit solcher ehr-erbütigkeit begegnen, daß er sich, unangesähen wi unwüllig er über dis sein verhängnüs ward, eine guhte weile bei ihnen auf-halten mus. Si machchen ihm aller=hand kurz-weile, und beweisen sich so lihb-sälig, daß er ändlich gezwungen würd, sich auch (seine schuldigkeit zu beobachten, ob es gleich nicht aller-dinge von härzen gähet) lustig zu erzeugen.
Unter disen befündet sich äben eine gelährte Jungfrau, derer brust-tuhch ohngefähr auf-gesprungen ist: und als si dässen gewahr würd, so begähret si von däm andern Frauenzimmer eine stäk=nahtel. Markhold aber, dehr ihr am nähesten sizt, und sich ändlich, weil es jah nicht anders sein kan, zur lust bekwähmet, über-reicht ihr eine. Si entfähet selbige mit tühffer dankbahrkeit, und in-dähm daß si unter-einander kurzweilen, und allerhand lächcherliche schümpfräden führbringen, verlätst si sich unversähens an einem fin-[39–40]ger, und macht sich bluht-rünstig. Hihrüber fähet di eine zu lachchen an, und sagte, daß di nahtel aus des Lihb-reizzes bogen gemacht sei, dahähr habe si di alte würkung des Bogens und der pfeile, welche den mänschen solche bitter-sühsse wunden zu-fügen könten, behalten, und an ihr gleichfals bewisen. Di eine spilet auch ein geticht' in ihrer mutter-sprache dahr-auf: und Markhold wül sich solchem gärn mit einem andern wider-säzzen, und das wider=spihl erweisen, wo er nuhr ihrer sprache so vihl mächtig sein könte: gleichwohl unterlässt er nicht solches in lateinischer zunge, doch nahch der hohch=deutschen Tichterahrt, [32] zu tuhn; dehrgleichen man im lateinischen noch nihmahls gesähen: dan er wens wohl, daß di eine, und sonderlich di verwundete, der lateinischen sprache kündig ist. Was er gegen-spilet, ist dises
Drei-säzzige Lihd.
nach der hohch-deutschen tichter-ahrt.
1.Hanc acum dicitis, o Nymfæ, me fecisse
ex arcu Gnydii? sed negat hoc submissè
Magnetis spiritus in vestro sanguine,
qui multùm læsus est, cùm traxit hanc ad se.
2.O dulcis punctio! est talis vis in cute?
sit hoc ex sanguinis magneticâ virtute?
quæ acum deperit & ambit protinus.
ô attractiva vis, quam cuncti sensimus!
3.Non solùm trahitis hanc acum, o puellœ,
sed trahitis & cor; & animaæ tenellæ
vim vestram sentiunt; imò vos spiritus
attrahitis ad vos. quid, quæso, fortius?
Solcher gestalt brachte Markhold disen Lust=wandel mit den Parisinnen zu, und täht nichts im geringsten, das ihn bei seiner Rosemund verkleinern oder verdächtig machchen könte.
Nachdähm nuhn diser lust-wal verrüchtet, und si sämtlich von der Kutschen abgesässen wahren, so nahm Markhold von diser lustigen geselschaft, ohne sonderliches wort-gepränge, seinen abschihd: und kahm noch selbigen abend zu seinem träu-liben Wahrmund von der Tannen. Diser hohch-erfahrne und grund-gelährte Fräund, dehr sich der grohß-mächtigen Deutschinnen, durch aus-arbeitung ihrer Helden-sprache, so träflich verdihnt gemacht hat, unterhihlt ihn mit einem zwahr lustigen und doch auch nüzlichem gespräche, eine gute zeit: bis er ändlich von einem seiner lands-leute, dehr ihm zugleich ein schreiben von seiner Rosemund über-lüferte, abgefordert wahrd.
[33] Nihmahls ist kein mänsch wehr erfräuet gewäsen, als Markhold; nihmahls hat sich ein Fräund dank wülliger erzeuget, als er gegen den lüferer dises ädlen schazzes, den träuen Härz-währt. Nih-mahls haben brüder einander so vihl vertrauet, als dise zwei mänschen-bilder; welche beides ihre gebuhrt- und landes-ahrt, das glükk' und di zuneugung in so ein fästes band der ungefärbeten fräund=schaft verknüpfet hatte. Markhold nahm abschihd von dem rädlichen deutschen härzen, dem Wahr=mund von der Tannen, und begahb sich mit seinem liben Härz-währt nahch hause.
Als sie nuhn beide in des Markholds zimmer aleine waren, so erbrahch er den brihf, säzte sich zum tage-leuchter aleine, in dässen daß sich sein Fräund bei dem tische nidergelahssen hatte, und befand ihn folgender gestalt verfasset. [42]
Der Rosemund
Schreiben
an den Markhold.
Mein Her,
ich weus nicht, ob ich mich bedanken darf, oder ob ich vihl-mehr seinen irtuhm bestrahffen sol, daß er ihm hat beliben lahssen eine solche verehrung mihr, als einem dehrselbigen unwürdig-erachteten mänschen-bilde, zu übersänden. Ich hihlte si hohch und währt, und könte si nicht tadeln, wan nuhr di an- und namenschrift nicht verwächselt, und si der wahren besizzerin zu-geschriben wäre. Er hat seiner dinerin versprochchen di verfassung seiner reise zu überschikkten, welches er auch getahn: doch gleichwohl ist si nicht vergnüget, sondern, er verzeuhe meinem fräfäl, vihlmehr beleidiget: indähm er dasjenige, was er vihlleicht seiner härz-allerlihbsten zu über-schikken entworfen hat, ihr, als einer solchen hohen libes-bezeugung unwürdigen, gleichsam zu hohn und spot einhändigen lahssen. Aeben dasjenige würd di seinige selbsten tuhn, so anders meine muht-maßung wahr ist, daß er ihr dasselbige, was er vihlleicht meiner wenigkeit zu gefallen [43] verfasset hat, aus einem irtuhm zu-geschriben.
Bei solcher gestaltnüs nuhn, hab' ich dis inligende reiselihd, damit ich mich an der Seinigen, durch fohr-behaltung ihres eigen-tuhms, nicht verbrächchen möchte, wider-üm an seine uhrställe lüfern wollen. Bedanke mich doch auch nichts däs zu weniger zum höhchsten, daß mein Her gleichwohl den sün gehabt hat, seiner Dinerin zu wül-fahren, mit dähm erbühten, daß ich solches durch mühglichste dihnst-leistung, wo mein Her mihr nuhr mit einem winke gebüten würd, gehohrsamlich erwidern wül: ja, im [34] fal mihr solches aus schwachheit oder andern hinternüssen zu fol-bringen nicht gestattet würde, so hab' ich doch das verlangen, und solt' es gleich wider seinen wüllen geschähen, mit taht und namen zuverbleiben,
Mein Her,
Seine alein-träu-eifrige
und härz-verpflüchtete Dinerin, so
lang ich bin und heisse
Rosemund.
[44]
Markhold erseufzete vihlmahls über disen brihf, und entfärbete sein gesichte so mannigmahl, nahchdähm er ihm bald vihl, bald wenig verhihsse. Der libes-verdacht und di furcht, als zwo unfähl=bahre würkungen einer standfästen libe, welches ihm Rosemund alles beides zu verstähen gahb, veruhrsachten zugleich fräud' und schmärzen. Er las' es über und wider-über; besahe den anfang und das ände. Wahr der eingang hart, und das mittel untertähnig, so wahr doch der schlus sehr kläglich und sehr härz-entfündlich. Das ganze schreiben kahm ihm nicht führ, als wan es von so liber hand geschriben wäre; dan si rädet' ihn fast nicht anders an, als in furcht, und gleichsam als einen strängen gebüter, dehm si untertähnig wäre; sonderlich wan er das mittel, nahch dem aus-gange zu, betrachtete: doch gleichwohl gahb ihm der Schlus noch einige hofnung, und erinnert' ihn seines fohrigen brifes, dahrinnen er si nicht als seine Lihbste, sondern nuhr alein, als sonst eine von seinen träuen Fräundinnen angerädet hätte: welches er dan blohs zu dähm ände getahn, damit nih=mand, so er etwan in andere hände gerahten würde, ihre heimliche verbündnüs verstähen möchte.
Das wider-eingehändigte lihd, welches er indässen, daß er den brihf las', in den tage-leuchter geläget hatte, sahe er auf eine seite mit unwüllen an, und dräuete solches ins feuer zu wärfen. Weil er ihm aber bedünken lihs, daß es fohr solchem seinen harten anblikke gleichsam wi ein diner (dehr seine bohtschaFt nicht rächt bestället hat, und unverrüchteter sachchen wider zu seinem Hern gelanget ist) führ furcht erzitterte, so nahm er aus mit-leiden dises unschüldige [35] und gleichsam verschmähete lihdlein, und schlos es bei seite, damit es ihm nicht mehr härze-leid veruhrsachte. [45]
Also stund der guhte Markhold eine guhte zeit zwischen furcht und hofnung; und sahe wohl, daß er si, wo nicht erzürnet, doch gleichwohl arg-wähnisch und schähl-sichtig gemacht, üm daß er si in seinem lätsten schreiben nicht austrüklich seine Lihbste genännet hätte.
Es kahm ihm sehr befremdet führ, daß äben si, als ein so hohch-verständiges und wüzziges Frauen=zimmer, ja dehr di lang-mühtigkeit, geduld und höhfligkeit gleichsam angebohren waren, wider dise ihre gebuhrts-ahrt, ihm solch-einen heimlichen stück gäben konte; einen solchen stück, dehr ihn so häftig schmärzte. Aber er stälte sich gleichwohl bald zu friden, wan er in betrachtung zohg, daß si hihrdurch ihre eifrige Libe, di si zu ihm trüge, blikken lihsse, und daß nicht si, sondern di häftigkeit ihrer Libes=anföchtung, ihre fäder geführet hätte. Er kont' ihr üm so vihl däs zu mehr verzeuhen, weil er un=schwähr vermärkte, daß di Libe, der grausame Sählen-wühterich, dises angestiftet hätte; und ihr ein höheres Lohb zu-schreiben, weil dises di unverwärflichen märk-zeuchen ihrer unverfälschten träue wären.
Nachdähm er sich also eine guhte zeit mit disen gedanken überworfen hatte, so ward sein lihbster Härz-währt, dehm di zeit auch was lang fallen wolte, gezwungen, ihn anzusprächchen. Er fragt' ihn, ob etwan seiner Lihbsten ein unglük begegnet, und ob si irgend krank wäre, oder ob si sonst etwas geschriben hätte, welches ihn zu diser angst-mühtigkeit veruhrsachte?
Der guhte Markhold schwihg eine lange zeit stok-stille; dan er hatte sich in seinen gedanken so sehr vertühffet, daß er nicht eigendlich hörete, was sein Fräund sagte; weil ihn aber Härz-währt so inständig an-sahe, so besann' er sich ändlich, und gab doch nichts mehr als einen tühf-gehohlten seufzer zur antwort. [46]
Diser seufzer, welcher ohne zweifäl aus däm innern härzen härführ drang, verändert' ihn in einem augenblikke dehr-mahssen, daß sein gantzer Leib, dehr fohrmahls, mit allen seinen glihd-mahssen gleichsam erstarret stund, widerüm [36] räge ward. Er bewägte di adern, di seine star-steiffen augen gleich=sam wi eine unruhe widerüm treiben machten; und trihb über sich di innerliche wärme, di sein tohdten=bleiches angesichte widerüm erröhtete.
In solcher jähligen veränderung kahm er wider zu sich selbst, und fing an folgender gestalt zu räden: ja freilich, sagt' er und seufzete, es ist wohl ein rächtes unglük, oder vihlmehr ein solcher unfal, welchen ihr eigner mis-verstand, und meine guht-gemeinte, alzu gnaue bedachtsamkeit veruhrsachchet hat. Mein Fräund (fuhr er fort) kan nicht gläuben, wi sehr mich dises schreiben verunruhiget, jah was es mihr führ angst und schmärzen machchet: und weil ich weus, daß er mein träuester Fräund ist, so kan ich wohl leiden, daß er alles dasjenige, welches dise meine schwähr=mühtigkeit veruhrsachchet, wüssen mahg. Hihr=mit über-reicht' er ihm das schreiben seiner Rosemund, und baht, daß er solches selbst läsen solte. Härzwährt aber wolt' es anfangs nicht an-nähmen, mit führ-wändung, daß ihm solches nuhr al=ein zu läsen gebührete: Ihdoch, weil Markhold nicht nahchlahssen wolte, so lihs er sich noch ändlich dahrzu bewägen, und las' es zwei-mahl durch.
Als er nuhn solches wohl betrachtet hatte, so fing er an das häubt zu schütteln, und sprahch mit lächlendem munde; Ich läse wi ich wül, so fünd' ich nichts als libe, ja eine solche inbrünstige eiferige libe, di ich gleichsam in meiner einbildung führ heiliger furcht (daß ich also räden mahg) zittern sähe. Ihdoch, weil ich nicht weus, wi es mit ih-[47]rer beiden libe bewandt ist, und wi nahe si mit einander vereiniget sein, so wül ich mich nicht unter-stähen, fol-kömlich dahrvon zu uhrteilen. Sonsten, meinem wenigen verstande nahch, fünd' ich nichts als lauter härzbrächchende räden, di auch einen fremden, dehr si nicht einmahl kännet, zum mit-leiden zwüngen. Anfangs gihbt si ihm zwahr einen heimlichen verweis, aber ich schwöre, nahch anleitung des schlusses, daß Si solches mündlich nicht würde tuhn können: und wo si es jah ändlich über ihr härze bringen könte, so würden solches gewüslich nuhr halbe worte sein. Si wül sich wohl was fremde gegen ihn ställen, wan es nuhr di Libe gestatten wolte. Alles, [37] gahb Markhold zur antwort, wäre noch wohl, wan si nuhr das lihdlein, welches ich ihr zu ehren verfasset habe, mit dank angenommen und nicht so gahr verschmähet hätte.
Das ist eines so kluhg-sünnigen Frauen-zimmers ahrt (fing Härz-währt widerüm an) daß es dasjenige verwürfet, das es doch höhchlich begähret, und wan man es bei däm lüchte besähen wül, so befündet man, daß es dahrdurch seinen Lihbsten an seiner stand-fästigkeit nuhr bewähren wül. Wiwohl ich mich sonsten (fuhr er fort) üm anderer leute heimligkeiten wenig bekümmere, so bringt mich doch meine führwüzzigkeit dahin, daß ich gleichwohl gärne wüssen möchte, wi und durch was führ mittel mein Fräund mit diser himlischen Rosemund in solche vertrauliche kund=schaft gerahten ist; nahchdähm ich seine eingezogene blödigkeit känne, und dahrnäben wol weus, daß das wälsche Frauen-zimmer, es sei auch wo es wolle, sich mit däm mans-folke, wi das unsrige zu tuhn pfläget, gahr nicht gemeine macht; jah sich kaum ein mahl auf der strahssen erblikken lässet? [48]
Ich muß gestähen, mein lihbster Härz-währt, (gahb Markhold zur antwort) daß solches ohne sonderliches verhängnüs nicht geschähen ist; ihdoch mus ich auch bekännen, daß es vihlmehr ein an-fang unserer künftigen unglüksähligkeit, als wohl=eingebildeten glüksähligkeit gewäsen ist. Damit ich aber meinem Fräunde di ganze begähbnüs mit allen ihren ümständen, und ohn einiges mänschen dahrzwischen-kunft, in geheim erzählen möge, so wollen wihr zufohr di förder-tühre verrügeln lahssen.
Als nuhn solches geschähen wahr, so nähert' er sich zu seinem Härz-währt', und huhb folgender gestalt an zu räden.
Di Begähbnüsse
des Markholds
und
der Rosemund.
Es würd sich mein Fräund ohne zweifäl noch wohl zu besünnen wüssen, daß Adel-währt ein tapferer und aufgewäkter Jüngling in dem Erz-schreine der lihblichen Salahnen eine sonderliche fräundschaft mit mihr gepflogen, [38] und nahch dehrselben zeit im kriges-wäsen sein heil versuchet hat; da ihm dan das glükke so günstig gewäsen ist, daß er straks Walt-haubt-man worden, und nahch einer ritterlichen Siges-eroberung auch in einem vihrteil jahre eines Haupt-mans plaz beträten, bis er ändlich in einem jahre dahrnahch, als er sich in einer Schlacht so tapfer gehalten hatte, gahr zum Schalt-obersten ist gemacht worden. Diser Schalt-oberster Adel-währt nuhn ist di haubt=uhrsachche, und seine Lihbste das mittel, dadurch ich mit der überirdischen Rosemund in kundschaft ge-[49]rahten bin. Dan es begahb sich, daß er ohn-gefähr fohr dreien jahren (nachdähm sich eine Schlesische von Adel, di lihb-sählige Adelmund, eine Jungfrau von vihr-zehen jahren, mit ihm in eh-gelübnüs eingelahssen hatte) zu Strahsburg mit einem führnähmen Hern von Venedig bekant ward, welcher sich üm gewüsser uhrsachchen wüllen mit seinem ganzen Hause fohr etlichen jahren aus Wälschland in das Hohchdeutsche Reich begäben hatte, und äben dazumahl seine zwo töchter mit der Frau Mutter nahch Holland zu-schikken wolte.
Als er nuhn solches von dem Sünnebald (also hihs diser Venedische Her) vernommen hatte, so gahb er ihm zu verstähen, daß er auch gesonnen wäre seine Lihbste in kurzen nahch Holland zu sänden, so lange, bis der Krihg in Hohch-deutschland ein wenig nahch-lihsse, oder er nuhr gelägenheit bekommen möchte, ab zu danken; dan izund (sagt' er) wär' es nicht rahtsam, daß er sich mit ihr trauen lihsse, da er noch in bestallung, und si auch selbsten noch ein wenig zu jung wäre. Weil aber weder er, noch si, ganz keine bekanten daselbst hätten, so bäht' er ihn, er wolle si doch in geselschaft seiner beiden töchter auf eine zeit zu läben vergönnen, damit si sich unterdäs mit einem und dem andern Hohch=deutschen, so sich daselbsten aufhihlten, möchte bekant machchen, und durch dises mittel führ sich und ihre Jungfer Schwäster, di ihr härnahch auch folgen würde, einen bekwämen aufenthalt bekommen.
Der Sünnebald wahr solches sehr wohl zu friden, und baht ihn noch dahrzu, er wolle doch mit seiner Lihbsten nicht lange säumen; dan es wär' ihm sehr lihb, wan seine töchter, di nuhn-mehr der hohch-deutschen sprache ganz [39] kündig wären, eine solche ahdliche Jungfrau, di nicht alein von hohch-[50]deutscher ankunft, sondern auch eines so liben Fräundes härz-lihbste wäre, zur gespihlin haben könten; und er solte versichchert sein (fuhr er fort) daß er si nicht als eine Fräundin, sondern gahr als seine leibliche tochter halten wolte.
Nahchdähm sich nuhn Adelwährt solches guhten anerbühtens wägen gegen ihn zum höhflichsten bedanket hatte, so schrihb er alsbald an seine Lihbste, und baht, si möchte sich zur reise nahch Holland gefast halten; dan er hätte schohn einen gewündschten Auf-enthalt fohr si angetroffen. Aber es verzohg sich noch eine zimliche zeit, indähm ihnen bald dise, bald jene ungelägenheit auf-stühs; dehrgestalt, daß si ehrst über ein jahr dahin gelangte.
Indässen nuhn, daß sich Adelmund bei disen Venedischen Jungfrauen auf-hihlt, so hatt' ich mich auch in Holland zu begäben, in wüllens, von dahr nahch Frankreich zu gähen; und es waren kaum drei wochchen verflossen, als ich schohn nach Engel-land zohg, von dahr ich mich aber bald wider zu rük machte. Meine gedanken waren noch ganz nicht in Holland zu bleiben, ob es schohn mit meiner reise nahch Frankreich so bald, als ich wohl gemeinet hätte, nicht glükken wolte. Ich ward sünnes mich nahch Preussen zu zu wänden, und dahrnach auch das benachbahrte Polen zu besähen; wi ich dan auch schohn einen schiffer däshalben besprochchen hatte, und mich in zween tagen auf di fahrt zu begäben gesonnen wahr. Aber es konte nicht sein; dan das Verhängnüs zohg mich zurükke, daß ich noch ein ganzes jahr in Holland verbleiben muste.
Aber ach! was hat mihr solcher verzug nuhr fohr ein unglük veruhrsachchet! vihl bässer wär' es gewäsen, daß ich auf der Se mein läben gelahssen, als durch dasselbige di armsälige Rosemund in weh-leiden, und mich aus mit-leiden in jammer versäzt hätte. Dan ich hatte mich noch kein hal-[51]bes jahr bei den Amstelinnen aufgehalten, als mein träuer Adel-währt, zu seiner Lihbsten glükke, und der Meinigen verdärben, in erfahrung kommen wahr, daß ich mich in Holland begäben hätte. Er fühgte solches seiner Adelmund also-bald zu wüssen, und lihs [40] dahrnäben ein schreiben an mich ab-gähen, welches mihr auch bald eingehändiget ward. Er befahl mihr seine Lihbste: Er erinnerte mich der alten schuhl-fräundschaft, und meiner pflücht, di ich ihm fohr dehr zeit geleistet hatte; er betauerte sich selbst, daß er mich nicht gegenwärtig dahrüm anlangen könte: er verpflüchte sich, mihr widerüm alle mühglichste dihnste zu leisten, wo ich di jenigen, di ich ihm schuldig wäre, nuhr seiner Lihbsten ab zu zahlen geruhen würde. Jah sein schreiben wahr so härz-entzükkend und so durchs-drüngend, daß ich mich beides aus Libe gegen ihn, und aus begihrde, di ahdliche Braut, di fräundsälige Adelmund, zu sähen, nicht lange säumete seiner Härz-allerlihbsten auf zu warten.
Als ich nuhn in ihr haus kahm, so ward ich straks von einer zohffen in ein zimmer begleitet, da si sich ganz aleine befand. Ich entfing si mit einem ehr-erbühtigen hand-kusse, und gahb ihr meine fräude wägen ihres glüklichen wohl-standes zu verstähen, näbenst einer demühtigen pflücht-leistung, daß ich di ehre haben möchte, ihr, als meines brüderlichen Fräundes, des Adelwährts Härz=lihbsten, nahch meiner wenigkeit auf zu dinen. Si nahm dises mein erbüten mit einer sonderlichen höhfligkeit an, und versichcherte mich kräftiglich, daß ich der erwiderung solcher angebotenen dihnste nuhr also gedänken solte, gleich wi si bedacht wäre, sich mihr durch allen ihren mühglichsten fleis ins künftige annähmlich zu machchen. [52]
Dise wort-gepränge währeten eine guhte zeit; dan hatt' ich das meinige eingeworfen, so brachte si straks andere gegen-würfe; wolt' ich dehr lätste sein, so begährte si äben dasselbige, dehrgestalt daß ich ändlich gezwungen ward, diser kluhg=sünnigen Jungfrau gewonnen zu gäben.
Dises nuhn wahr unsere ehrste zu-sammen=kunft, bei welcher, wi auch bei der andern und dritten, ich noch ein ruhiges härze behihlt; aber di vihrte begunte mich algemach zu verunruhigen. Dan als ich schohn ein vihrteil jahr mit ihr ümgegangen wahr, und allezeit das glükke gehabt hatte, si ganz aleine zu sprächen, so, daß ich auch zeit-hähr keines mänschen, als der mägd', in ihrem hause wahr ansichtig worden: so begahb es sich lätslich, daß ich [41] mich einsmahls wider meine gewohnheit etwas lange bei ihr verweilet hatte, und zur tafel gebliben wahr; dehrgestalt, daß wihr uns nahch gehaltener mahlzeit ein wenig in den Lust-garten hinunter machten.
Di Adelmund führete mich aus ihrem Zimmer durch einen grohssen Sahl, welcher mit wälschen blau-weissen vihr-ekkigen steinen gepflastert, und an den wänden ringst härum mit allerhand überaus künstlichen gemälden geziret wahr; von dannen kahmen wihr durch einen verborgenen schnäkken-gang, oder wändel-träppe hinunter auf di hinterste fal-brükke, welche nahch dem grohssen garten zu-ging. Auf selbiger brükken nuhn hihlt ich mich ein wenig auf, da=mit ich das schöne gebäu von hinten-zu auch betrachten möchte.
Indähm ich aber also in meinen gedanken stähe, so erhäbet sich über däm tohre, auf einem da=mahls mit grühnen tüchern behangenen lust=gange, ein überaus lihbliches lauten-spihl, welches mich gleichsam gahr entzükte. Ich erhuhb [53] mein gesicht, und sahe mich auf allen ekken dahr=nahch üm, ich wuste nicht ob ich bezaubert, oder ob ich mein gesicht verlohren hätte, weil ich keinen einigen mänschen ersähen konte. Aendlich höret' ich auch ein' überaus-lihbliche stimme, di so klahr, so hälle, so zahrt, so rein und so träflich wahr, daß ich dehrgleichen alle di tage meines läbens nicht gehöret habe.
Als ich nuhn disem anmuhtigen Wül-kommen (dan, wi ich här-nahchmahls erfahren habe, di jüngste Jungfrau, di götliche Rosemund, hatte mihr solches zu ehren gespilet) eine guhte weile mit verwunderung zu-gehöret hatte, so gahb mihr Adelmund, welche schohn fohran gegangen wahr, einen wink, und führete mich in den garten, da wihr zu einem überaus-schönen Lust- und sprüng-brunnen gelangten.
Ob disem so überaus-künstlichen wärke ward ich abermahl sehr verwundert. Wi kan es mühglich sein (fing ich an) daß dises rächt zugähet? sein dise Als-göttinnen läbendig, di sich alhihr spihl=weise baden, oder hab' ich meine vernunft verlohren? si sein steinern, und gleichwohl rägen si di hände, di arme, di beine, ja fast alle glider! Ich muß auch wahrlich bekännen, daß es ein rechtes kunststükke wahr.
[42] Der Brunnen an sich selbst, wahr von gälblichtem Marmel, di Als-göttinnen, derer dreie oben auf, halb entblöhsset, und halb mit wasser bedäkket, in einem ringel mit aneinander-haltenden händen stunden, waren von schne-weissem marmel, so zahrt und so künstlich gehauen, daß man auch alle di kleinesten äderlein sähen konte: aus den brüsten und aus dem munde kahmen solche lihbliche wasser-strahlen härführ gesprungen, di sich im erhöben, von einander gaben, und in der mitten über dem brunnen schränks-weise über und durch einan-[54]der schossen; welches ein solches anmuhtiges aus=sähen und ein solches lihbliches geräusche machte, daß es einem das gehöhr und das gesichte beides zugleich entzükte.
Ich vermeinte nicht anders, als wan ich mitten unter disem wasser-spihle di laute noch schlagen, und di himlische stimme, di ich nuhr näulich über däm tohre vernommen hatte, süngen hörete. Auf dem obersten rande des brunnens sahssen sechs Leuen von Korintischem kupfer halb-geschwöllet und halb zohticht, welche mit den klauen ein-ihder ein bäkken von mor gen-ländischem albaster, durchscheinend wi kristal, und auf das künstlichste mit bluhmwärk geziret, unter sich hihlten, und dahrmit das wasser, das aus ihrem munde geriselt kahm, auf-fingen.
Der stein-wähg üm den brunnen härüm wahr von weiss- und schwarzem marmel; di lähnen von kupfernem bluhm- und laub-wärke, di den fluhr üm=schlossen. üm dise gegend ringst härüm wahr eine sehr hoh' und dük-bewachsene Sommer-laube, in welcher man allenthalben auf und abgähen konte, daß einen nihmand sähen, auch di sonne nicht zum geringsten bescheinen mochte.
Auf der andern seite der lust-laube waren aller=hand bluhmen zu sähen. da stunden so vihl manch=färbige tulpen, daß man si nicht alle zählen konte: etliche waren so weis wi der schne; etliche roht, braun und gälbe; etliche mit tausendterlei schönen farben vermischet, daß es mit lust und verwunderung an zu sähen wahr.
Es wahr nuhn schihr eine stunde verlauffen, als wihr alle dise schöne sachchen, von denen man wohl ein ganzes buhch verfassen könte, gesähen hatten. Adelmund boht mir [43] di hand, daß ich si widerüm auf ihr zimmer begleiten solte, dehrgestalt, daß wihr disen überaus-künstlichen, und wunderschönen Lust=garten verlihssen. [55]
Es kan nuhn wohl sein, wi ich nahch der zeit aus der Rosemund räden selbst halb und halb vernommen habe, daß ich dises Venedischen Hern Töchtern in solchem Lustwandel etlicher mahssen belihblich fohrkommen bin, daß si vihlleicht meiner gesel- und kundschaft auch haben genühssen, oder doch nuhr ohn gefähr di Adelmund besuchen wollen: Dan als wihr uns widerüm auf ihr zimmer begäben hatten, und ich gleich meinen abschihd nähmen wolte, so kahm der Jüngsten kammer-jungfer, und sagte der Adelmund an, daß si di Jungfrauen, so es ihr gelägen wäre, besuchen wolten.
Als ich solches hörete, so wolt' ich meinen abschihd mit gewalt nähmen, und bemühete mich so vihl als ich immer konte, disem instähenden blizz' aus dem wäge zu weichen. Alein Adelmund wolte mich nicht gähen lahssen. Mein! sagte si, ist er nuhn so schüchtern? wül er dan unseres Frauen-zimmer nicht auch sähen? wahrlich, weil ihm ihr süng- und seiten-spihl so wohl-gefallen hat, so wül ich ihn versichchern, daß si ihm selbst, teils wägen ihrer anmuhtigen Fräundligkeit und hold-säligen gebährden, teils auch wägen ihrer über-irdischen schöhnheit über alle mahssen gefallen wärden: jah ich dörfte schihr sagen, daß er dehrgleichen sein lähb-tage nicht gesähen hat; sein lähb=tage hat er nicht gesähen, das weus ich wohl, was es in Wälschland führ schöne weibes-bilder gibet. Indähm si solches sagte, ward di tühr' eröfnet, und si kahmen alle beide, mit zwo Dinerinnen begleitet, zu uns hinein geträten.
Adelmund entfing si mit höhflichen gebährden, und ich gleichesfalls mit tühffer ehr-erbütigkeit. Es warden uns vihr bänke ringel-weise gesäzt, dehrgestalt, daß ich gegen der Rosemund (also hihs di jüngste) und Adelmund gegen der Stilmuht (welche di älteste wahr) über zu sizzen kahmen. [56]
Ich habe zeitdähm wohl tausendmahl mit verwunderung dahran gedacht, und wan ich noch izund dahran gedänke, so deuchtet mich, als wan ich fohr dem blizze der hälflammenden [44] augen meiner Schönen noch erzitterte. Dan, mein Fräund, ich stund gleich gegen der tühren über, da dise wunder-schöne Bliz-kinder gleichsam härein geflammet kahmen; gleich hatt' ich di augen auf das fräudige gesichte der Rosemund gewändet, als si mich im härein träten mit solchen blikken entfing, di sich mit den meinigen vereinbahrten und si gleichsam widerüm zurükke triben. Ich weus nicht zu sagen, und solt' ich gleich stärben, wi mihr damahls zu muhte wahr; es kahm mihr nicht anders führ, als wan di wunder-kräftige strahlen ihrer häl-funklenden augen di meinigen zerbrochchen, oder mich durch einen solchen überirdischen schein gahr entäuget hätten. Auch nahchmahls, als wihr uns sämtlich nider-gesäzt hatten, verlihs si mihr fast kein auge dehrgestalt daß si, wan meine blikke den ihrigen zu zeiten begegneten, ganz verwürret ward, und ihre in den meinigen verirrete augen ohn' unterlahs flinkern lihs.
Ich märkte wohl aus ihren tühffen gedanken, di ihr auch nicht zu-lihssen nuhr etliche wenig worte zu machchen, daß si sich straks in dem ehrsten anblikke solcher gestalt vertühffet hätte. Dan ehe si noch här=ein geträten wahr, und ehe si mihr einen solchen lihblichen blik gegäben hatte, so hatte si ein rächt fräudiges und lähbhaftes gesichte: so bald si mich aber nuhr ein einiges mahl angeblikket hatte, so hatte der hoch=deutsche Lihb-reiz mit dem Wälschen schohn brüder=schaft gemacht, und wahr nuhnmehr meister im felde, dehr-gestalt, daß di guhte Rosemund durch-aus verändert ward. Di fräudige gestalt wahr in eine tühffe schwähr-mühtigkeit verwandelt; di gebährden waren nicht mehr so räg' und so färtig als fohrhin; si vergahs fast ihrer selbst; und sahs in solcher tühf-[57]sünnigkeit, daß auch Adelmund zu mihr sagte, als si nuhn wider hinaus waren, daß es si sehr wunder nähme, wahrüm si izund so schwähr-mühtig gewäsen wäre, da si doch solches ihrer Jungfer schwäster, welche sonst von gebuhrt etwas blöd' und stil-mühtig, oftmahls verwisen hätte. Dis wahr also meine oder vihl mehr der über-mänschlichen Rosemund ehrste niderlage; dan, wi ich meinem Fräund' oft=mahls gesagt habe, ich bin mehr aus mit-leiden, als aus innerlicher[45] begihr, zu ihrer libe bewogen worden; und ich habe dises schöne Wunder mehrmahls mit entzükkung und gleichsam mit einer heiligen furcht angeschauet, als in meinem härzen mit libe verehret, weil ich si zu meiner libe vihl zu hohch schäzte.
Wan ich wüste, daß ich meinem Fräunde nicht alzu lange verdrühslich wäre, so hätt' ich wohl im sünn', ihm das zimmer der Adelmund, als das Feld unserer Niderlage, zu beschreiben. Gahr nicht, mein Fräund (fihl ihm der Härz-währt in di räde) und solt' es sich gleich bis an den morgen verzühen, so wolt' ich ihm doch mit lust zuhören; und im fal ich mich jah so lange verspätigen würde, daß ich nicht könte nahch hause gelangen, so würd es meinem Fräunde, wi ich verhoffe, nicht mis-fallen, wan ich ihn üm ein nacht-läger begrühssen müste.
Was bedarf es solcher räden (huhb Markhold an) ist es nicht wahr, daß Fräunde, brüder, lihbsten ein algemeines guht unter einander besizzen sollen? ei warüm hoffet er dan noch vihl, ich wül nicht sagen zweifält, an dähm, was solche gemeinschaft betrüfft. Er hat guhte macht, sich däs meinigen, nahch seinem beliben, an zu mahssen, äben also, wi ich mit däm seinigen zu tuhn pfläge.
Weil es dan nuhn meinem Fräunde belihbt, daß ich ihm unsere wal-stat entwärfen sol, so hab' ich ihm nichts mehr zu beschreiben, als di überaus-schöne gemälder, welche in disem zimmer zu sähen wa-[58]ren: dan, das übrige, was an flader-wärk, schniz=bluhm-und laub-wärk an simsen, tüchern, tage-leuchtern und balken; jah was an köstlichen prunk=tüchern und däkken zu sähen wahr, halt' ich führ un=nöhtig zu erzählen, weil es fast überal in andern führnähmen gebäuen auch zu fünden ist. Ihdoch mus ich noch zufohr eines prunk-leuchters, welcher unter andern vihr kleinern mitten im zimmer hing, gedänken. Dan er kan nicht gläuben, was dises führ ein schönes wunder-wärk ist, führnähmlich, wan man ihn üm und üm mit brännenden lüchtern bestäkket sihet.
Der leuchter an sich selbst mit alle seinem zu=gehöhr wahr von messing, stark vergüldet, und überal mit schniz- und bluhm-wärk ausgeziret. Mitten in disem leuchter stund [46] di Königin der Libe Lustinne, mit einem flämlenden härzen in der hand, und üm si härüm schwäbeten zwölf Libeskinder, mit rosen-kränzen auf den häubtern, in der luft, di alle brännende wachs-lüchter in den händen hihlten, und so ahrtig geordnet wahren, daß si di Libinne ganz ümringeten. In den augen diser Libes-kinder, und der Lustinnen selbst, wahr ein kleiner flammender tahcht, welcher durch seine gluht den Libes-reizzerlein di augen bewähglich machte: in dem halb-eröfneten munde gleichesfalls branten zwei kleine lüchterlein, deren über-sich-steigender dampf das gesichte der Lust=kinder so ahrtlich benebelte, und di kleinen gold-hährlein, welche durch den rauch so lihblich härführ blikten, bewägte, daß es rächt mit lust an zu sähen wahr. Unter disen zwölfen schwäbete noch ein kleiner gleichsam erzürneter Lihb-reiz, dessen flügel von güldenen und silbernen schupen, mit einem gespanneten bogen, welchen er über sich nahch den brännenden lüchtern zu-hihlt, gleichsam [59–60] als wan er di flammen aus-schühssen wolte; mit diser beigeschribenen Losung: alles verkährt.
Oben über disem prunk-leuchter, an der däkke, wahr ein grohsses rundtes gemälde zu sähen, in welchem Heldreich mit der Libinne auf däm bette, in einem zahrten güldnen näzze, nakkend gefangen lagen, und von der Sonnen, welche ihre strahlen mit fleis auf si zu-warf, gleichsam verrahten und angegäben warden. Der Libinnen Ehman, der besudelte Schmid, Gluht-fang, stund von färne bei seinem Ambohs, krazte sich mit der linken im kopfe, in meinung di hörner, di ihm Held-reich auf-gesäzt hatte, lohs zu wärden, und lihs fohr angst den hammer aus der hand auf seinen schohn-gelähmeten fuhs fallen. Auf der andern seite stunden di Als-götter und Als-göttinnen, welche di beiden verstrükten gleichsam aus zu lachchen schinen.
Ich kan nicht sagen, wi träflich, wi wäsendlich, wi selblich dises wunder-gemälde gemacht wahr; dan Gluhtfang lihs seinen unwüllen und verdruß, daß er der ehrste Heinrich oder Horn-träger sein müste, aus däm gesichte so selblich härführ blikken, daß man kaum gläuben konte, daß es nuhr ein blohsses gemälde wäre.
Wan man sich von disem prunk-leuchter gegen abend, [47] nahch dem feuer-herde zu-wändete, so erblikte man oben über dem simse der feuer-mauer zwei schöne Sünnen-bilder näben einander. Das eine wahr ein häl-flammendes feuer, welches nahch einem brännenden wachs-lüchte zu-schluhg, welches ein Frauen-zimmer, damit es nicht gahr verschmälzen solte, zwahr zu rätten gedachte, aber doch wägen der grohssen gluht däs feuers nicht dahrzu dorfte; mit diser überschrift, Ardo d'appresso & da longhi mi struggo. unten stunden dise wort; von innen und von aussen, mit etlichen des Heinsius Hol=ländischen reimen. [61]
Tvvee vieren krenken my seer svvaerlik myne sinnen;
het een niet verr van my, het ander is van binnen.
Het vier, dat binnen is, daer vvord' ik van verbrandt,
het vier, dat buyten is, dat helpt my ook van kant.
Het vier, dat binnen is, dat moet ik altydt lyden,
het vier, dat buyten is, dat komt my ook bestryden.
de helft is vvel by my, daervan ik gae te niet;
dus lyd' ik in myn hert een vriendelik verdriet.
In däm gemälde drinnen stunden dise beiden glihdlinge rächt unter der Jungfrau.
Das Ab-sein macht mein härz von färne fast zerrünnen,
das bei-sein, o wi weh! verzährt es ganz von innen.
Das andere wahr widerum ein häl-strahlendes windlücht, üm dässen flammen di mükken härüm flohen, derer etliche di flügel verbrandt hatten, und härab auf den boden filen; etlich gahr in der flammen verzähret wahrden. Oben stund diser Sünnen=spruch:Cosi de ben amar porto tormento; unten aber: lust bringt verlust, mit disen zweien ticht-glidern. [62]
Di mükke fleugt so lang' üm dise gluht,
bis si ihr selbst den bittern tohd antuht.
Bei dem tische der Adelmund hing eine grohsse tahffel, in welcher auf einer seiten ein ungestühmer flus di felsen härab geschossen kahm, welcher mit seinem wasser-schaume so selblich entworfen wahr, daß man wohl hätte schwören mögen, daß er sich rächt eigendlich härab wälzte. Hihr zeugte sich auch der wasser-vater, Schwim-ahrt, mit seinem [48] schilfichten haubte, und mit seinem ungeheuren kruge, aus welchem das wasser hauffen-weise här=aus gebrauset kahm. Auf der andern seite wahr eine wildnüs und ein-öde, dahrinnen allerhand bäume stunden, unter welchen ein ganzer hauffen abschäulicher wald-männer, und lauter reissende tihre, als bähren, leuen, greiffen, lind-würme, un=geheure schlangen, und unzählich vihl ungezifer zu sähen wahr: über und auf denselben sahe man nichts als schwarze raben, stohs-vogel, geier, eulen, krähen und falken, di sich mit einander bissen; dehr=gestalt, daß dise abbildung in den gemühtern der anschauenden gleichsam ein zittern und entsäzzen erwäkte. Es wahr in däm ganzen gemälde nichts als furcht und schrökken zu sähen, wi wohl es sonst beides in der nähe und im verschühssen so überaus künstlich gemahlet wahr: ohn alein in der mitten stund ein dikker dorn-hak, auf welchem eine wunderlihbliche rose, ungläublicher gröhsse, härführ blikte. Dise wahr auch di einige lust und lihbligkeit däs ganzen gemäldes: dan si wahr so lihblich, so roht, und so eigendlich entworfen, daß man schihr lust bekahm, dahrnahch zu greiffen. Oben auf stunden dise wort;Anche tra le spine nascon le rose. Dornen tragen auch rosen.
Näben disem gemälde sahe man wider ein anderes, welches ihm an gröhsse gleich wahr, dahr-in-[63]nen di traurige üm-gestaltnüs des weidmans bei däm bade der Jahgt-jungfrauen der weidinne entworfen wahr, mit disem spruchche:
Zu führ-wüzzig,
macht zorn-hizzig.
Gegen disen beiden über hing di gebuhrt der Lustinne oder (wi si dannenhähr di Grichen nännen) Schauminne, welche aus dem salz-schaume däs Mehres gebohren wahr; mit disem des Sidons sechslinge:
Egressam nuper Venerem de marmoris undis
adspice, præclari nobile Apellis opus.
Exprimit æquoream manibus de crinibus undam,
è longis spumas exprimit illa comis.
Hac visâ, Pallas sic cum Junone locuta est;
de formâ Veneri cedere jure decet.
[49] Hihr-näben stunden auch dise hohch-deutsche.
Di Lustinne rädet selbst.
i.
Aus däm Mehre bin ich kommen,
aus däs bitren salzes kraft
hab' ich dises sein gewonnen;
dässen schaum an meinen lokken
wi gefrohrne wasser-flokken
annoch haft.
ii.
Meinen krum-gekrüllten hahren
hat di wild-erbohste Se
(wi di hohlen wällen waren)
gleiche krümmen eingetrükket,
da des schaumes silber blikket
in di höh. [64]
iii.
Als Kluginn' und Himmelinne
dis mein bildnüs sahen hihr,
sprachen si; es kan Schauminne,
ja Schauminne kan mit rächte
schahm-roht machchen ihr geschlächte
durch di Zihr.
Dises wahr so träflich-künstlich gemacht, und so anmuhtig, daß man bekännen mußte, daß der Mahler noch den Apelles selbst, von welchem er di erfündung dises gemäldes entlähnet hatte, weit übertroffen.
Näben disem zur rächten hing di Deutsche Lustinne, di Freie, Istevons, des vihrden Königes der Deutschen Ehgemahl, in einem blau-angelauffenen halben harnisch, mit vergüldeten schupen. In der rächten hand hihlt si den königlichen Reichs=stahb, und das ritterliche schwärt zugleich: in der linken ein härze, dahr-aus unauf-höhrlich feuer=flämlein härführ-blizzelten. mit dem rächten fühsse traht si auf einen Löwen, und mit dem linken auf einen Lindwurm. Aus ihrem gesichte blikte so ein fräund-sähliger schein, und zugleich ein durchdrüngendes ernst-haftes wäsen härführ; Fohr ihrem Reichs-stuhle lahg ein grohsses Volk auf den knihen, das Si als eine irdische Göttin verehrete.
[50] In einer andern Tafel näben der Lustinne, wahr ein wunder-schönes Nacht-stükke, dahrinnen bei Mahndes-scheine zwo Als-göttinnen, di Himmelinne mit der Kluginne, di eine des Himmels, di andere der Künst' und des Kriges sich mit einander zu beklagen schinen; dise wahr auf Amazonisch gekleidet, hatt' einen vergüldeten sturm-huht aufgesäzt, und führte einen versilberten Spähr in der hand, auf welchen si sich gleichsam mit däm haubte [65] gelähnet hatte: Jene wahr angetahn mit einem güldnen stükke, und hatt' einen Königs-kranz auf däm häubte, und einen güldnen Reichs-stahb in der hand. Hinter ihr etwas im verschühssen, stund ihr königlicher Ehren-wagen, führ welchem zwe pfauen gespannet waren. Auf der einen seite ging von färne in einer sehr grohssen Stat, di man wägen der entlägenheit nicht wohl erkännen konte, ein grohsser dampf auf, durch welchen man hihr und dahr etliche flammen auf-steigen sahe. welches wohl führ das aller-künstlichste in disem ganzen gemälde zu halten wahr.
Auf den andern beiden seiten, über, näben und gegen der tühre däs Zimmers über, waren noch vihl über-aus-schöne Landschaften, nacht-stükke und schif-fahrten entworfen, welche, so ich si alle mit einander erzählen wolte, unsere übrige zeit al=eine hinnähmen würden.
Aus disem allen kont' ich unschwähr vermärken, daß der Venedische Her Sinnebald di Adelmund hohch und währt hihlt; dan es war fast kein Zimmer im ganzen hause so köstlich ausgeziret, als das ihrige, ausgenommen der Sahl fohr ihrem zimmer, dahr-auf noch vihl-mehr und köstlichere sachchen zu sähen waren.
Dis wahr also di walstat unserer niderlage; dis wahr das feld, das si und mich in solches verdärben gesäzzet hat. Hihr hat si sich ihrer freiheit guhtwüllig begäben, und hihr hab' ich si solcher, wiwohl un=wüssend und wider meinen wüllen beraubet, und zu meiner leib-geschwohrnen gemacht.
Weil ich nuhn dises falles meinen Fräund auch vergnüget habe, und di gestaltnüs däs zimmers der schönen Adelmund kürzlichst entworfen, so hab' ich ihm nichts mehr von disem tage zu sagen, als daß ich mich straks, nahchdähm [51] dise beide Jungfrauen von uns abschihd genommen hatten, wider nahch [66] Amstel-gau gemacht. Ich mus bekännen, daß ich auf solcher kurzen Reise so vihl tausendterlei libes=gedanken hatte, daß ich auch fast nicht wuste, wi ich nahch hause gelangte. Doch gleich-wohl kont' ich mich nicht entschlühssen, solch-ein wunder=mänsch zu liben, unangesähen, daß ich wohl wuste, und wohl versichchert wahr, daß ich von ihr gelibet würde.
Ich hihlt si alzu hohch; mich als einen stärblichen, und Si als eine gütliche. drüm schäzt' ich mich vihl zu geringe mit solch-einem überirdischen mänschen-bilde fräundschaft oder Libe zu pflägen. Ich lihbte si nicht, sondern hihlt si nuhr hohch und währt; und kahmen mihr gleich bisweilen verlihbte gedanken ein, so geschah' es doch nuhr aus mit-leiden. wi? (sprahch ich bei mihr selbst) kan es wohl mühglich sein, daß dich das einzige wunder, das kunst-stükke der zihrligkeit, welches di grohsse Zeuge=mutter der dinge ihmahls härführ gebracht hat, liben sol? du bist jah nicht würdig, daß si dich ein=mahl an-blikken, vihl weniger so lihb-sählig entfangen sol.
Meine Führ-bildung entwarf si mihr mit solchen ihren libes-künstlerischen und blizlenden augen so lähbhaft, und so folkommen, daß ich ändlich nicht wuste, ob mihr dises anbähtens-würdige Sünnen-bild durch eine Zauberische beschwärung führ=gestället würde. Aber nahchdähm ich erkante, daß es nuhr eine blohsse würkung meiner sünnen wäre, so gahb ich mich etlicher mahssen zu friden. Ich besuchete meine bekanten, sprahch den Fräunden zu, und ergäzte mich bei geselschaften so lange, bis ich diser gedanken gahr lohs ward. Ich kahm auch nicht wider hinaus di Adelmund zu besuchen, wi=wohl si mich oft dahrzu an-mahnen lihs; dehr-gestalt, daß si ihrer gespilin schuld mit-entgälten musste. [67]
Aendlich aber, als äben ein hoher feier-tahg begangen ward, gedacht ich bei mihr selbst, und sagte: du hast dich gleichwohl verpflüchtet, der Adelmund, äben als wan es ihr Lihbster selbst wäre, nahch mühgligkeit auf zu warten; wahr-üm kömstu dan deinem versprächchen nicht nahch? mus es dan äben di guhte Adelmund entgälten, was dihr etwan [52] ein' andere zugefüget hat? vihl-leicht hat Rosemund ihren sün geändert, und hat dich damahls nuhr so inständig angesähen, weil es das ehrste mahl gewäsen ist!
Indähm ich mich also mit disen gedanken schluge, kahm äben ein kammer-knabe von der Adel=mund, welcher mich ihret-halben meiner geleisteten pflücht erinnerte. Ich sagt' ihm alsobald, er solte straks hin-gähen, und seiner Jungfrauen, mit vermäldung meiner schuldigkeit, ansagen, daß ich schohn entschlossen gewäsen wäre, meine dihnste bei ihr gegen-wärtig ab zu lägen; und schäzte mich sehr glüksälig, daß ich ihr gleich-wohl noch so vihl zeit gäben können, mich dässen zufohr zu erinnern.
Ich folgte disem abgefärtigten bald nahch, und trahf di Adelmund äben in ihrer einigkeit an; aber es verzohg sich nicht lange, daß wihr also in unserer einsamkeit sprache hihlten. Dan di Jungfern, welche meiner ohne zweifäl schohn waren gewahr worden, lihssen si fragen, ob si ihrer auf ein vihrtel-stündichen abwarten könte?
Adelmund gahb also-bald zur antwort, daß si allezeit bereit wäre, ihnen auf zu warten, und hihlt' es ihr führ eine grohsse ehre, wan si ihrer bei-wäsenheit genühssen könte: und was mich belangte, so verhofte si, daß mihr ihre gesel=schaft auch nicht un-annähmlich sein würde; gestaltsam ich kein sonderlicher Jungfer-feind wäre. Solches sagte si, und lächchelte mich auf eine seite [68] an; aber was ich führ gedanken hatte, und wi mihr zu muhte wahr, wül ich wohl ungesagt lahssen.
Si fragte mich auch, so bald als di Dinerin wihder hinaus wahr, wi mihr näulich ihr Frauen-zimmer gefallen hätte? ob es nuhn nicht wahr wäre, was si mihr zufohr gesagt hätte? Jah, gahb ich zur Antwort, ich mus es gestähen, daß ich sehr wenig solche Jungfrauen gesähen habe; und daß ich zwahr ihres gleichchen in Engel-land, was di farbe der schöhnheit anbelanget, vihl angetroffen, aber gleich-wohl keine gefunden habe, di so wohl und so ahrtig gebährdet wären, als si. Von den tugenden (fuhr ich fort) kan ich noch nicht sagen, nahch=dähm es gahr gefährlich und gahr schwähr ist, ein Frauen-zimmer nahch ihrem äusserlichen scheine fohr tugendhaft zu schäzzen.
[53] Indähm ich dises sagte, so kahm di Stilmuht ganz aleine, in träflicher pracht härein geträten. Wihr entfingen si, und begaben uns sämtlich zu sizzen. Ich sahe mich etliche mahl nahch der tühren üm, und wahr nicht sichcher bei mihr selbst; weil ich führ und führ gedachte, daß mich di Rosemund plözlich über fallen würde. Adelmund vermärkte solches also-bald, und sahe mich an mit lächlendem gesichte, als wolte si sagen; mit diser ist ihm nicht gedinet, er schauet sich vihlleicht nahch einer andern üm. Aber ich gedachte weit anders, und wahr froh, daß sich meine unruhe noch so lange verweilete.
Es wahr nuhn fast eine vihrteil-stunde fohr-über, daß ich also zwischen hofnung und furcht geschwäbet hatte, als di tühre plözlich ward aufgetahn. Ich sahe mich üm, da fand ich si eröfnet, gleich-wohl kont' ich keinen einigen mänschen erblikken. es kahm mich ein entsäzzen an, gleichsam als wan ein geist fohrhanden wäre: ich zitterte fohr angst und erblasste, als wan mihr ein grohsses un=glük zu-stünde. Indähm ich also beängstiget wahr, [69] da brahch dises wunder-lücht an, gleichsam wi das lücht der Sonnen, das sich hinter däm gewölke eine zeit-lang verborgen hält, und nahch-mahls uhr-plözlich härfür brücht; wi der bliz, dehr di stärblichen erschräkket, und di augen verlätset. Si kahm in einem solchen glanz' und solcher hoheit härein geträten, daß sich unter uns allen ein grohsses stil=schweigen erhuhb. Es kahm mihr nicht anders führ, als wan izund ein schwäres ungewitter fohrhanden wäre, da auch gemeiniglich eine solche stille fohr=hähr-gähet: es dauchte mich, als wan sich izund das wetter kühlete, als wan lauter blizlende strahlen üm mich härüm schwäbeten. Ich stund im zwei=fäl, und wuste fohr angst nicht, ob ich warten oder flühen solte: ich entfing si, aber mit einem solchen härz-klopfen, daß ich führ der äussersten hizze, di mihr in das gesichte stihg, kaum eines und das andere wort-glihd machchen konte. Ja ich gläube, daß ich ändlich gahr zur ärden gesunken wäre, wo wihr uns nicht straks nider-gelahssen, und ich im sizzen meine kräfte wihder-erholet hätte.
Dises schöne Wunder kahm abermahl gleich gegen mich über zu sizzen, und hatte izund vihl ein frändigers gesichte, [54] als da ich si zum ehrsten mahl sahe. Ihre Jungfer schwäster selbsten, wi ich un=schwähr vermärken konte, hihlt si sehr hohch, und erhuhb gleichsam mit einer stillen verwunderung ihr über-irdisches, durchdrüngendes wäsen. dan es ist gewüs, daß der Neid selbsten an ihr nichts zu tadeln fand.
Ihre gestalt wahr so lähbhaft, so ahrtig und so schöhn, daß si dahrdurch di ganze wält hätte mögen beschähmt machchen wi si dan solches auch an ihrer Jungfer schwäster tähte. Dan, wi ich schohn gesagt habe, si ging über-aus prächtig, und wiwohl beide ganz und gahr einerlei kleider hatten, so hatte sich doch di älteste vihl-mehr häraus gebrochchen, [70] als di jüngste. Diser hüng das hahr zur selben zeit ganz unaufgekünstelt und uneingeflochten bis auf di schultern, und kahm gleichsam wi gekrümte wällen, von sich selbst, in über-aus anmuhtigen falten auf den hals härab geflossen, in solcher über=zihrlichen unachtsamkeit, daß auch jene mit ihrem zu felde geschlagenen hare (welches auf der stirne und auf den bakken eins teils ringel-weise gekrümmet und angekläbet, anders teiles nahch der kunst auf-geflammet, und mit graulechtem staube besträuet wahr) ganz beschähmet ward. Jah Stil=muht hatte sich mit so vihlem golde, perlen und demanten behänget, daß ich alle das köstliche geschmeide alein führ einen träflichen schaz hihlt: Rosemund aber hatte dagegen nichts mehr als einen demant-ring am finger, und an ihdem ohr' ein gehängke von demanten, in gold gefasset, mit einer grohssen perl, härab hängen: üm di hände truhg si zwei schwarze seidene bänder, da si härgegen di älteste mit zwo zimlichen güldnen ketten geziret hatte. Der hals wahr bis auf di brust, di ein wenig erhoben wahr, ganz entblöhsset, ohn' einigen zihrraht, als dehn ihm di Zeuge-mutter gegäben hatte. er wahr weis wi der schne, und an etlichen orten mit einer gelinden röhte vermischt. Das antliz wahr so fräudig, so lihblich und so aufrichtig, und di augen lihssen einen solchen geist und solche lihbligkeit härführ-blikken, daß es unmühglich wahr, si ohne verzükkung an zu schauen. Si wahr muhtig und frisch, und doch dahr-näben sehr schahmhaftig und sehr züchtig: si hatte hohch-an=sähnliche gebährden, und wahr [55] doch nicht hohfärtig, da härgegen ihre Jungfer Schwäster unter einem äusserlichen stillen muhte, und nider-geschlagenen gebährden einen hohch-fahrenden geist, wi ich nahchmahls von der Adelmund verstanden habe, verborgen hatte. [71]
Zu allen disen wundern kahm noch eine unaus=sprächliche holdsäligkeit, daß auch nuhr der einige mund, dehr in ihrem angesichte nicht anders als eine frisch-aufgeblühete rose mit lihblichem morgen=tau befeuchtet, unter den lilien und narzissen här=führ leuchtete, den aller-verstoktesten und lihb-losesten mänschen zur verwunderung, ich wil nicht sagen zur libe, bewägte. Si waren alle beide in viohlbraunen sammet gekleidet, und der unter-rok wahr von silberfarbem atlas, mit güldnen, und das über-kleid mit silbernen spizzen verbrähmet; welche kleidung si gleich damahls zum ehrsten mahl angeläget hatten.
Wiwohl nuhn dise tracht über-aus zihrlich wahr, so muste sich doch Stilmuht (gegen ihre Jungfer Schwäster zu rächnen) gleichsam zum wohlstande zwüngen, da er härgegen der Rosemund angebohren zu sein schine.
Aber was hab' ich mich unterwunden, ein solch-götliches bild mit stärblicher zungen so unschein=bahr und so unäbenbildlich zu entwärfen! Ach! mein Fräund, wan ich ihm di klugen räden, di si damahls mit solchen wohlanständigen und färtigen gebährden so meisterlich verschönern konte, daß man nicht wuste, ob man ehrst das gehöhr oder das gesichte gebrauchen solte, alle mit einander erzählen würde, so müst' er gestähen, daß ich si noch nihmahls nach würden geprisen habe.
Wan si zu räden begunte, so ward also-bald ein stil-schweigen unter uns allen, und ein ihder wahr begihrig zu hören, was dise Schöne führ-bringen würde. Nihmand wolte sich auch unterstähen ihr in di räde zu fallen, wo si nicht ehrst eine guhte zeit stille geschwigen hätte. dehrgestalt, daß si meisten teils das wort führete, wiwohl si solches aus keinem führ-wüzz' oder unbedachtsamkeit tähte: dan si verzohg oft-mahls eine guhte weile, [72] und wolt' uns auch zeit lahssen, das unsrige fohr zu bringen, aber nihmand wahr unter uns allen, dehr si nicht liber gehöret, als selbst gerädet hätte.
[56] Aendlich, als si di hohch-deutsche junge manschaft allen andern Völkerschaften führ-zohg, und ihr so ein träfliches lohb gahb, so ward ich gezwungen, mich mit ihr in einen wort-streit ein zu lahssen. welches ihr dan so über-aus wohl-gefihl, daß si nahch=mahls ihre ganze räde nuhr einig und alein auf mich rüchtete.
Da bekahm si ehrst anlahs, mihr mit so libes=anlokkenden blikken zu begegnen; wi ahrtig konte si nuhr ihre worte drähen; wi künstlich wüste si nuhr selbige auf schrauben zu säzzen, daß ich si auch nihmahls fangen konte. Mit diser kurz-weile brachten wihr etliche stunden zu, dehr-gestalt, daß es nuhnmehr hohe zeit wahr, daß ich von diser lihblichen Geselschaft meinen abschihd nähmen solte.
Ich wahr also der anfänger, dehr dise lust zerstöhren muste, und wändete mich zum aller-ehrsten nahch der Rosemund zu, als dehr ich mit meinem unnüzzen gespräche am meisten ungelägenheit gemacht hatte; ich baht si däswägen üm verzeuhung, mit anerbütung meiner wül-färtigen dihnste, dahr=führ ich nichts mehr begährete, als daß ich di ehr' und gelägenheit bekommen möchte, solche bäster mahssen ins wärk zu rüchten.
Nahch-mahls baht ich auch di Adelmund und di Stilmuht, daß si gleiches falls tuhn wolten; und mihr, wan es ihnen beliben würde, fol-mächtig gebüten; damit ich wüssen möchte, wohrin ich ihren wüllen vergnügen könte, und was sie von meiner wenigkeit erforterten. Ihre höhfliche gegen=würfe machten, daß ich noch lange verzühen muste; jah die wunder-würdige Rosemund gebrauchte sich so vihler höhflichen aus-fluchts-räden, dadurch si mich meiner dihnst' überhöben wolte, daß ich ihr [73] ändlich, wo ich anders nicht gahr bei ihnen verbleiben wolte, das lätste wort lahssen muste.
Nahchdähm ich nuhn dises ädle Drei verlahssen hatte, so begahb ich mich wohl-vergnüget nahch hause, und begunte von dähm Nuhn an di Rosemund vihlmehr ihrer himlischen tugend, als über=irdischen schöhnheit wägen, zu liben; dehr-gestalt, daß ich mich bei weitem nicht mehr so verunruhiget befand, als nahch dem ehrsten an-blikke, [57] und nuhn=mehr mich selbst zu ihrer gunst und Libes-geneugenheit zu beräden begunte.
Mitler zeit entschlos ich mich gänzlich, di reise nahch Frankreich schläunigst fort zu säzzen, und machte alle meine sachchen färtig; dehr-gestalt, daß ich di Adelmund, nahchdähm ich schon bei den Amstelinnen meinen Abschihd genommen hatte, nuhn auch noch zu guter lätste besuchen wolte.
Aber wi bestürzt, wi klein-laut ward si, als si hörete, daß mihr solches ein ernst wäre: und weil si es nicht hintern konte, so hihlt si inständig bei mihr an, daß ich doch nuhr noch etliche tage bei ihr verzühen möchte, damit si noch fohr meinem abreisen einer wüchtigen sachche wägen mit mihr räden könte.
Ich wolte mich anfangs gahr nicht dahrzu verstähen; ihdoch, sagt' ich, wan si mihr izund straks solche wüchtige sachche nuhr mit einem wort' entdäkken würde, so möcht' ich vihlleicht veruhrsachchet wärden ihrethalben noch eine weile zu verwarten: und es möchte wohl so vihl daran gelägen sein, daß ich wägen meiner pflücht-schuldigkeit, di ich ihr geschworen habe, gezwungen würde, meine reise gahr einzuställen: dan si sol sich versichchert halten, daß ich, ihr zu libe, alles zu tuhn, und auf ihr gebot alles zu unterlahssen, immer-fort wüllig sein wärde; nahchdähm ich wohl weus, daß si mihr nichts un=billiges auferlägen, auch nichts, das zu meinem frommen gereichen möchte, verbüten würd. Di [74] Adelmund bedankte sich zum höhflichsten, daß ich ihr nicht alein meine dihnste so eifrig zu leisten gesonnen wäre, sondern auch noch so ein guhtes vertrauen zu ihr trüge.
Nuhn wohlan (sagte si) weil er ein solches härzliches vertrauen zu mihr träget, so wül ich mich üm so vihl däs zu mehr bemühen, wi ich mihr dan schohn führgenommen habe, solches an ihm mit der taht zu bekräftigen, und ihm äben dasjenige sähen zu lahssen, dahraus er unschwähr errahten würd, wi ich nicht alein sein wohlmeinendes an-erbüten mit dank zu erkännen, sondern auch würklich zu erwidern von härzen gesonnen sei. Dan er kan nicht gläuben, was es mihr fohr eine fräude sein solte, [58] wan ich nuhr einige gelägenheit, ihm zu dinen, ersünnen könte. Wolte Got! und er würd es auch wollen, daß nuhr mein führnähmen zur gewündschten ändschaft gelangen möchte. Wi froh wolt' ich sein; welche fröhliche bohtschaft würd' ich meinem Lihbsten zu-schreiben: und wi wohl würd' auch ihm geholfen wärden.
Damit ich aber (fuhr si fort) meinen trauten fräund nicht länger im zweifel vertrühffen lahsse, so gäb' ich ihm zu verstähen, daß ich mihr aus wohl=meinendem gemühte (nahchdähm mich schohn, auf beiden teilen, etliche märkzeuchen eines heimlichen ja-wortes versichchert haben, daß mein unterfangen nicht wärde vergäbens sein) fästiglich führgenommen, ein Eh-verbündnüs zwüschen ihm und Einer aus unserem Frauen-zimmer zu träffen. Aus disen uhr-sachchen nuhn geschihet es, daß ich ihn noch etliche tage alhihr auf zu halten gedänke. Dan er sei versichchert, wan es ihm nuhr selbst belihblich wäre, daß ich keine mühe und keinen fleis sparen wärde; und ich weus gewüs, daß auf der andern seiten mein ansuchen schohn heimlich bewülliget ist.
Dise räden kahmen mihr zimlich fremde führ, und machten mich so verwürret, daß ich eine guhte zeit [75] stille schwihg, und mich gahr auf keine antwort entschlühssen konte. dehrgestalt, daß Adelmund fragte, wi mihr zu muhte wäre? und was ich zur antwort gäbe? ich solte mich nuhr nicht schäuen, meine meinung frei häraus zu sagen: dan es wäre jah noch eine ungeschähene sachche, und wüste nihmand unser führnähmen, als wihr beide.
Ach! meine grohs-geehrte Fräundin (gahb ich ihr zur antwort) wi solt' ich mich dässen erkühnen? wo solten mir dise gedanken hähr-kommen, daß ich so verwägen sein solte, mich in einer unmühglichen sachche zu bemühen. Was, unmühglich fihl si mihr in di räde, und brachte mihr so vilerhand einwürfe, und befästigte ihre meinung mit so vihlen unverwärflichen gründen, daß ich ändlich gezwungen ward, ihren fohrschlahg zu billigen.
Ich mus bekännen, sagt' ich, (nahchdähm ich mich ihrer führ-sorge wägen, di si führ mich trüge, zum höchsten bedanket hatte) daß si mihr leichtlich keine abschlägige [59] antwort gäben möchten, indähm ich wohl weus, wi führteilig si gegen mich gesünnet, und wi wohl si geahrtet sein. Aber eines stähet mihr noch im wäge, welches mich schihr zweifäln macht, daß si nämlich einer andern Lähre zu-getahn sein, und daß ich si däswägen, ohne bewülligung meines Vaters, nicht ehligen darf: dan ihr Vater würd es ihnen ausser allem zweifäl nicht gestatten, daß si ein anderes Glaubens-bekäntnüs annähmen. Drüm solt' es mir ewig leid sein, wan ich solch-ein libes mänsch so kränken solte, und es mit libe gegen mich entzünden, da ich doch wohl wüste, daß es meiner nimmermehr teilhaftig sein könte. Er sei nuhr zu friden (gahb si zur antwort) dis würd sich alles wohl schikken: der Her Vater ist ein wältsäliger man, und würd hihrinnen wohl zu beräden sein. Er sage mihr nuhr kurz und rund, welche ihm am bästen gefallen hat, und welch' er für di seinige schäzzen wolte. Als ich aber hihrauf lange [76] zeit nichts antworten wolte, so fuhr si fort, und sahgte; ich habe straks im anfange, da ich und Rosemund den Hern nicht mehr, als aus däm schreiben meines Lihbsten, kännten (dan wihr hatten ihn beide noch nicht gesähen) aus ihren worten vermärket, daß si sich nuhr däs blohssen lobes wägen, welches ihm mein Lihbster so auf-rüchtig gahb, in ihn verlibet hatte. Härnahch ward ich auch in meiner fohr-gefassten meinung noch mehr bekräftiget, als ich der veränderung ihres gesichtes, ihrer gebährden, und ihres ganzen wäsens, bei ihrer ehrsten zusammenkunft, gewahr ward. Lätslich kont' ich auch in unserer näulichsten, aus seinen gebährden selbst, indähm er sich mit solchem verlangen so oft-mahls nahch der tühren, da si solte härein kommen, ümsahe, unschwähr erachten, daß er ihr auch nicht allerdinge abhold wäre. Jah ihre läfste zu=sammen-sprache, di si mit einander hihlten, gahb ihrer beiden libe, zufohraus di ihrige, gnugsam an den tahg.
So ist es dan nun gewüs, daß Rosemund und Er, einander mit libe heimlich verpflüchtet sein: heimlich, sag' ich, dan ich weus aus so vilen der Rosemund verblühmten räden, daß si ihr härz nuhr alein zu seiner Libe gewihdmet hat. Rosemund sol di-jenige sein, di er wählet (er vergönne [60] mihr, daß ich seine härzens-gedanken ergründen darf) Rosemund ist di-jenige, di sein härz wündschet, di seine augen alein zu sähen begähren, und di dehr=mahleins in seinen armen schlahffen sol.
Dis rädete si in lachchendem muhte, sahe mich an, und schwihg ein wenig stille; weil ich aber in meinen gedanken sehr vertühffet, und noch nicht zu antworten entschlossen wahr, so nahm si mich bei der hand: weil er dan nuhn (sahgte si) mit stil=schweigen sein jah-wort von sich gibet, so wül ich mich noch disen abänd bemühen, den anfang zu [77] meinem führnähmen zu machchen; und was verzühen wihr noch lange, daß wihr uns nicht hinunter in das grühne begäben, indähm uns diser anmuhtige tahg gleichsam dahrzu anlokket.
Hihrmit nahm si ihren flohr, hing ihn über das hahr, und ein wenig führ das angesichte: Si fragte mich auch, ob mihr nicht belihbte den mantel und dägen ab zu lägen; und befahl ihrem kammer=diner, daß er meine sachchen hin-über in das andere zimmer tragen solte, da ich etliche tage meinen auf=enthalt haben würde.
Also gingen wihr den wändel-stein hin-ab, und kahmen durch den hinter-hohf in den garten, da sich di Rosemund mit ihrer lauten ganz aleine befand, und dem sprüngbrunnen zu-sahe. Si hatte sich rächt gegen disem lustbrunnen über auf eine bank von albaster, mit einem rohtsammten küssen belägt, nidergelahssen, und sahs in solchen tühffen gedanken, daß si unserer nicht eher gewahr ward, als bis wihr gahr nahe zu ihr gelangeten.
Si erschrahk über unserer plözlichen ankunft so sehr, daß si sich ganz entfärbete, und nicht wuste, ob si uns entfangen, oder sizzen bleiben solte. Si erhuhb sich gleichsam mit zitternden glidern, und kahm uns zwe oder drei schritt' entgegen. Ich neugte mich, dem wälschen gebrauche nahch, führ ihr zur ärden nider, ihren flügel-rok zu küssen, und baht si üm verzeuhung, daß ich so verwägen sein dürfte, ihre vihlleicht anmuhtige gedanken zu verstöhren. Adelmund trat ihr zur rächten, und ich zur linken, also, daß wihr dise Schöne in der mitten gefasset hatten. Si boht mihr ihre hand, und sahe mich auf di seite mit solchen[61] lihblenden blikken an, daß ich dadurch in wahrheit nicht wenig verwundert wahrd. Dan dis aus-erläsene libeskind hat solch-ein lihbliches, solch-ein fräudiges, solch-ein freundliches und holdsähliges gesichte, daß es [78–79] einen, ich weus nicht wi weit, zu sich lokken solte: jah man konte si nihmahls ohne verzükkung an=schauen, sonderlich wan si di flinkernden augen mit halb-zitterlichen blikken, auf einen zuwarf: da=hähr ich dan einsmahls dise reimen in ihren Geträuen Schähffer lägte.
Zwölfling.
Halt, libe Rosemund, di Libes-reizerinnen,
di liben augen wäg, sonst schmachten meine sünnen
fohr ihrer libes-gluht, di Lihb-reiz angezündt,
und di Libinne nährt, du bliz- und stärnen-kind.
Ei liber! so es dihr belihblich ist, mein Läben,
so halt mit lihblen in; ich bin dihr jah ergäben,
Ich bin jah dich alein zu liben auserkohrn,
wi du zu liben nuhr so lihblich bist gebohrn.
Lahs aber dehn nicht nahch zu liben, dehr dich libet,
dehr sich aus libe Dihr, o Lihbste, ganz ergibet;
und lahs mich, trautes Lihb, dein lihbster Lihbling sein
dan dich erhöb' ich, lib' ich; lob' ich nuhr alein.
Solcher gestalt gingen wihr unter dem vihr-ekkichten Lauber-gange eine zeitlang hin und wider, und hatten aller-hand lust-gespräche. Aendlich kamen wihr widerum zum lust-brunnen, unsere gesichter zu ergäzzen, und lihssen uns alle dreie näben einander nider. Di wasser-strahlen wi mich dauchte, stigen immer höher und höher, und ih mehr ich si sahe, ih stärker si riselten. Rosemund nahm ändlich di laute, damit si ihren lihblichen klang mit däm stamrenden gemürmel und lihblichem geräusche däs wassers vermählete.
In-zwischen schwigen wihr andere ganz stille, und ich hörete mit verwunderung zu, wi dise Schöne so lihblich spilete; ich sahe mit verzükkung di färtigkeit der finger, di auf den seiten so ahrtig härüm irreten, und solch' eine lihbliche zusammen-stimmung veruhrsachten.
[62] Als wihr nuhn diser über-irdischen lust auch ein wenig gepflogen hatten, und der abänd algemach härzu kahm, so nahmen wir unseren wähg widerum auf das Haus; da uns di Stilmuht äben begegnete, und ein kleines lust-schiflein hatte lahssen färtig machchen, damit si nahch däm abänd=mahle mit einander möchten lust-wandeln fahren.
Ich wahrd auch mit zu diser lust-fahrt geladen, und kahm äben, ohn einiges mänschen anordnen, bei der Rosemund zu sizzen: ob si nuhn solches selbst mit fleis getahn, oder ob es das glükke sonst also gefüget hatte, kan ich nicht wüssen. dan ich habe si im hinein-steigen unter den andern nicht eher erkännet, als da ich ihr schohn zur seiten sahs. Ich erfräuete mich selbst über disen glüks-fal, und wahr froh, daß ich eine so libe beisizzerin bekommen hatte.
Wihr fuhren auf di Amstel, und bliben daselbsten so lange, bis di abänd-dömmerung führüber wahr. Mitler zeit spilete di Rosemund mit der Stilmuht auf der lauten, und der Adelmund kam-[81]merknabe gahb das seinige mit der pfeiffen dahrzu. bisweilen sungen si alle zugleich, und machten al=so, daß alle Schähffer und Schähfferinnen, so üm di Amstel härüm wohneten, auf beiden seiten härzu geeilet kahmen, und ihren lihblichen stimmen mit flöhten und schalmeien antworteten. wihr hatten damahls eine solche lust unter einander, daß ich meinem fräunde, so es di zeit leiden wolte, vihl da=von erzählen könte.
Als wihr nuhn disen lust-wal verrüchtet hatten, so begahb ich mich, nahchdähm ich zufohr allen dreien guhte nacht gewündschet, und di Rosemund bis fohr ihr schlahfzimmer begleitet hatte, zu bette.
Damit ich aber auch meinen Fräund mit solcher weitläuftigen erzählung nicht färner verunlustige, so wül ich ihm nuhr kürzlich erwähnen, daß ich mich den andern und dritten tahg dahrnahch ganz inne gehalten habe, und daß sich Adelmund straks des andern morgens bei der Rosemund meinet=wägen gleichsam zur frei-wärberin gebrauchen lahssen, welche solches gewärbe mit höhchsten fräuden (aber ich fürchte zu ihrem unglük) entfangen hat; jah daß si auch solches ihrem Hern Vater selbst, welcher den dritten tahg si zu besuchen kahm, zu verstähen gegäben.
[63] Diser alte aufrüchtige Her, wiwohl er mich noch nihmahls gesähen hatte, so lihs er ihm doch solches nichts däs-zu weniger, weil mihr der Adelwährt in seinem schreiben, und di Adelmund selbst mündlich, ein so guhtes zeugnüs gahb, höhchlich gefallen, und fragte di Rosemund in geheim, damit es di älteste Tochter nicht erfahren solte, wässen si sich entschlossen hätte. und ob solches auch mit ihrem wüllen geschähen könte?
Di guhte Rosemund entfärbete sich für schahm, schluhg di augen nider, und wolte nichts antworten. Adelmund aber, welche schohn fohr diser roh-[82]ten tühre gewäsen wahr, entschuldigte si, und sagte, daß si ihre bewülligung mit stil-schweigen von sich gäbe, weil solch-ein alzu lang-wihriges jah=wort nicht wohl von der zungen wolte. Nahch disen worten schluhg Rosemund di augen auf, und sahe dise ihre Führ-sprächcherin so fräund-sälig an, gleichsam als wan si sich gegen si bedanken wolte, daß der Vater ihren sün leichtlich errahten konte. Er hätte gärn mit mihr selbsten auch gerädet, aber ich hatte mich unter-dässen, daß er mit disen beiden Jungfrauen im garten wahr, auf di seite gemacht, damit di Adelmund däs zu mehr zeit haben möchte, diser sachchen einen guhten grund zu lägen.
Nahch-dähm ich nuhn etliche stunden bei einem nahbei-wohnenden Fräunde verzogen hatte, und der Adelmund anbringen folbracht zu sein schäzte, so begahb ich mich, widerum auf des Sinnebalds Hern-haus; und fand ihn gleich mit der Adelmund (welche stähts üm ihn sein muste, wan er hinaus kahm) im tohre stähen. Diser alte Her entfing mich mit solcher leutsäligkeit und solcher ehr-erbütung, daß ich mich höhchlich vermunderte: Er nahm mich in den follen arm, und führete mich also mit der Adelmund in sein inneres Bei-zimmer.
Wihr hatten uns kaum nider-gesäzt, als er schohn anfing, und von däm gewärbe der Adel=mund eine gantze räde hähr-machte: dahr-innen er mihr straks seine tochter zu-sahgte, doch mit dähm bedünge, daß ich mich zufohr verschreiben solte, ehrstlich, daß ich si bei ihrer Lähre lahssen; nahchmahls di töchter, so von ihr gebohren würden, [64] auch dahr=innen erzühen wolte. Lätslich hihlt er mihr auch fohr, daß es bei ihnen nicht gebräuchlich wäre, di jüngste tochter fohr der ältesten aus zu statten; und baht, daß ich mich über dise drei bedüngungen erklähren solte.
Nahch-dähm ich mich nuhn meiner höhfligkeit [83] widerüm gebrauchet, und seiner so rundten zusage wägen aufs bäste bedanket hatte, so gahb ich ihm zur antwort; daß, weil ich mich auf di ehrsten zwo so bald nicht erklären könte, so bäht ich ihn, daß er mihr doch so vihl bedänk-zeit bis auf morgen lahssen wolte, da ich ihm meine gesonnenheit unfähl=bahr entdäkken würde. was aber das lätst' anbeträhffe (fuhr ich fort) so währ' ich gänzlich entschlossen, meine fohr-gefasste meinung, diweil si von Got und däm verhängnüs, keines wäges aber von mihr hähr-rührete, nicht zu ändern: und weil es auch bei mihr nicht stünde, und ich keine andere liben könte, als di-jenige, welche mich fohr so härzlich gelibet hätte, so wolt' ich di heiraht-sachchen vihl-liber gahr fahren lahssen, und unverehligt mein läben schlühssen; als eine andere wider meinen sün und wüllen erköhren.
Ach nicht! mein liber Sohn (fihl mihr der guhte alte Her in di räde) er mus di ehe drüm nicht gahr fahren lahssen, und damit ich an ihrer beider verdärben mit schuld bin, so sei ihm solches verwülliget.
Es fihlen noch allerhand räden führ, di ich nicht all' erzählen kan, weil es nicht weit mehr von mitternacht ist. Ihdoch wül ich noch dises dahrbei fügen, daß ich nähmlich des andern tages mich zwo solcher bedüngungen wägen solcher gestalt erklärete; ehrstlich, daß es mein gewüssen nicht gestatten wolte, mich dässen zu verschreiben: dahrnahch, daß ich aus äben denen uhrsachchen di kinder, es wären nuhn töchter oder söhne, in keiner andern Lähre, als der meinigen auf-erzühen könte: was aber Si, di Rosemund, an-belangte, so wüst' ich selbsten wohl, daß der Gewüssenszwang Got im Himmel nicht angenähm wäre: drüm wolt' ich ihr solches frei=ställen; und wiwohl ich gärn sähe, daß di-jenige, so in meinen armen ruhen solte, auch meines glaubens wäre, so wolt' ich si dännoch keines wäges dahr-zu zwüngen. [84]
[65] In etlichen tagen dahrnahch nahm ich den lätsten abschihd von der ganzen geselschaft, und truhg der Adelmund di sachche träulich auf, daß si selbige, weil si den anfang so glüklich gemacht hätte, auch fol-änd zur glüklichen ändschaft bringen möchte.
Ich wül nicht sagen, wi di tausend-schöhne Rosemund (von welcher ich noch, so lang' ich bei den Masinnen verzohg, etliche belihbte schreiben erhalten habe) bei meinem abzuge so häftig geweinet hat, und wi höhchlich ich si bejammern müssen: dan di zeit gebütet es, und di beschaffen-heit unserer irdischen leiber fortert uns zur nacht-ruhe.
Nahch solcher Erzählung entkleideten sich dise beide vertraueten Fräunde, und begaben sich, nahchdähm si einander guhte nacht gewündschet hatten, nahch bette. Aber es wahr ümsonst, daß Markhold zu schlahffen gedachte; es wahr nuhr vergäbens, daß er an einem solchen orte seine ruhe zu suchen gesünnet wahr, da er nuhr seinen sünnen verhängen muste, selbige vihlmehr zu verstöhren. Dan er lahg di ganze nacht in tausendterlei gedanken, und wünschete mit so häftigem verlangen nahch der fräudigen ankunft des tages. di einbildung wahr di einzige, di seine sünnen bemeisterte, di, an stat daß si ihm di nacht verkürzern solte, si vihlmehr verlängerte, und seine schmärzen von blik zu blik vergröhsserte; dehr-gestalt, daß er in tausend ängsten lahg, und ihm nichts anders einbildete, als daß dise verdrühsliche nacht nimmer-mehr ein ände gewünnen würde.
Aende däs ehrsten Buhchs.
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