[420] [423]Sommer

Die Wetterfahne

Du auf deinem höchsten Dach,
Ich in nächster Nähe;
Doch die wahre Liebe, ach,
Schwankt in solcher Höhe,
Du in deinem Herzen leer,
Ich in blindem Wahne –
Dreh dich hin, dreh dich her,
Schöne Wetterfahne!
Unterhaltend pfeift der Wind,
Saust uns um die Ohren;
Von des Himmels Freuden sind
Keine noch verloren!
Glaubst du, daß verliebt ich bin,
Weil ich dich ermahne?
Dreh dich her, dreh dich hin,
Schöne Wetterfahne!
Drehn wir uns auf hohem Turm
Immer frisch und munter!
Ach, der erste Wintersturm
Schleudert dich hinunter.
Wenn dann auch verflogen wär,
Was ich jetzt noch ahne ...
Dreh dich hin, dreh dich her,
Schöne Wetterfahne!
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TextGrid Repository (2012). Wedekind, Frank. Gedichte. Die vier Jahreszeiten. Sommer. Die Wetterfahne. Die Wetterfahne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-9604-E