Lied der Kupplerin
Szene aus einer Revue von Alfred Polgar und Theobald Tiger
Suchen zwei
nachts um drei –
»Pst« mach ick – »hier is 'n Zimmer frei –!«
Treppe kracht,
in dunkler Nacht –
»He – fall mir keener in den Fahrstuhlschacht!«
Rin ins Zimmer.
Matter Schimmer.
Ick davor.
In 'n Korridor . . .
Jedoch:
Feiern die die Orchideen –
Ick stopp mein'n Mann seine Strümpe.
Ick will den Rummel jahnich sehn –
ick stopp bis frieh um fimfe.
Masochisten,
Homosexwalisten,
frisch jelehrje
Minderjährje
vaitressiern mir nich so sehr
als wie mein Mann seine Strümpe.
Ick sitz stur.
Manchmal nur
Schlägt in unsan Salon die Uhr.
Wäsche bauscht
sich – Wasser rauscht –
ick hör, wie eena Küsskens tauscht.
Da jehts hart auf hart . . .
Matratze knarrt.
Nebenbei
ein doller Schrei –!
na, na . . .
Ich gucke durch keen Schlüsselloch
Ick stopp mein Mann seine Strümpe.
Ick laß sie muddeln noch und noch –
ick stopp bis frieh um fimfe.
[343]Junge Meise
Zittergreise –
Rennbanditen –
Transchvestiten –
lauter Bruch aus 'n Ausverkauf –
wie mein Mann seine Strümpe.
Jahr für Jahr –
det is klar –
horch ick, wat in die Stuben war.
Wie sie sich quäln,
und krakeehln –
mir kann keiner was erzähln.
Neulich kam vorbei
eener von die Polissei.
Und statt Platz zunehm,
sagt er: »Sie solln sich was schäm –!«
Nanu –?
Ick bin eine brave Frau –
ick stopp mein Mann seine Strümpe.
Mit die Wirtschaft nehm icks ganz jenau –
ick stopp bis früh um fimfe.
Det Jelichter,
die Bühnendichter,
wat die da schreihm
von unsan Treihm –:
die ham ja keene Ahnung nich
von mein Mann seine Strümpe –!
· Theobald Tiger
Die Weltbühne, 11.10.1927, Nr. 41, S. 562.