Der Pfau

Ich bin ein Pfau.
In meinen weißen Schwingen
fängt sich das Schleierlicht der Sonne ein.
Und alle Frauen, die vorübergingen,
liebkosten mit dem Blick den Silberschein.
Ich weiß, daß ich sehr schön bin.
Meine Federn
auf meinem Kopf stell ich oft kapriziös . . .
Ich hab das weißeste von allen Pfauenrädern;
ich bin sehr teuer, selten und nervös.
Ich habe leider ziemlich große Krallen,
und wenn ich fliege, sieht es kläglich aus.
Doch, wer mich liebt, dem werde ich gefallen,
und alle Welt steht vor dem Vogelhaus.
Klug bin ich nicht. Klugheit ist nicht bei allen,
viel liegt nicht hinter meiner Vogelstirn.
Ich will gefallen – immer nur gefallen –
Ich bin ein schöner Pfau. Ich brauche kein Gehirn.
Nur singen darf ich nicht. Das ordinäre
Gekrächz ist nicht zu sehen – wie mein Bildnis zeigt.
Ich bin ein Pfau.
Und eine schöne Lehre:
Wer dumm und schön ist, setzt sich. Siegt. Und schweigt.

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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1927. Der Pfau. Der Pfau. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-62D8-C