Deutsche Richter

Von einer Vertrauenskrise der Justiz kann in Wahrheit keine Rede mehr sein. Eine Krise ist jener Ungewisse Zustand, in dem sich etwas entscheiden soll: Tod oder Leben – Ja oder Nein. Die deutsche Arbeiterschaft hat entschieden: Nein.

Abgesehen davon, daß es keinen unpolitischen Strafprozeß gibt, weil in der Welt überhaupt nichts unpolitisch ist, darf gesagt werden, daß wir eine Rechtsprechung und eine Rechtsfindung bei politischen Tatbeständen nicht haben.

Bei einer administrativen Maßnahme, etwa der Verweigerung einer Schankkonzession, nimmt kein vollsinniger Mensch an, daß die verweigernde Behörde mit der Begründung ihrer Ablehnung einen objektiven Befund festgestellt habe; sie hat nur vom Verfügungsrecht einer verwaltenden Staatsbehörde Gebrauch gemacht. Die Konzessionsverweigerung entehrt den abgewiesenen Schankwirt nicht, sie [201] besagt auch nichts über das tatsächliche Bedürfnis nach Schankstätten. Ein solcher Beschluß ist nichts als eine Maßnahme der Verwaltung, vorgenommen aus Zweckmäßigkeitsgründen. Folgerungen sind nicht daran zu knüpfen – jede Tätigkeit einer Verwaltungsbehörde sagt nur über sie selbst etwas aus.

So, genau so sind die Gerichtsurteile der letzten Jahrzehnte anzusehn, soweit sie sich mit rein politischen Tatbeständen befassen.

Sie sind ausschließlich als Kampfmomente im Streit der Klassengegensätze zu werten. Das deutsche Volk hat in seiner überwiegenden Mehrheit, soweit es politisch aufgeklärt ist, kein Vertrauen mehr zu dieser politischen Justiz, und sie verdient auch keins.

Daran konnte weder ein feierliches Edikt des geölten Herrn Simons etwas andern, noch der lustige Gedanke der Bestellung von ›Justiz-Pressechefs‹. Wir haben von der offiziellen Pressekonferenz reichlich genug und wissen, was dort im Kriege und nach dem Kriege zusammengelogen worden ist; es ist ein bemerkenswerter deutscher Aberglaube, eine Sache damit zu entschuldigen, daß man ihren technischen Hergang erklärt. Unbeachtlich, wenn von den Justiz-Pressechefs eingewendet wird, man dürfe nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen; unbeachtlich, wenn auf angeblich vorhandene Bestimmungen hingewiesen wird; unbeachtlich der ganze Hokuspokus größenwahnsinnig gewordener Bürokraten. Das Vertrauen zur Justiz, besonders nach den letzten Reichsgerichtsentscheidungen, nach den kümmerlichen Versuchen, Haß gegen politisch Andersdenkende unter dem Deckmantel von Landesverratsprozessen zum Ausdruck zu bringen, ist rechtens entschwunden.

Über die politischen Strafprozesse ist also im Ernst nicht zu reden – ich glaube auch nicht, daß der etwas flau geführte Kampf der reinlichen und gut gemeinten Zeitschrift ›Die Justiz‹, herausgegeben von Mittermaier, Radbruch, Sinzheimer und Kroner, nützen wird. Deren Programm ist nicht schlecht. Es handelt sich um die Überschätzung der technischen Jurisprudenz in unsrer Zeit und um die Unterschätzung der Menschlichkeit in der deutschen Rechtspflege. Das ist recht zart gesagt und nicht allzu konkret. Und ganz abgesehen davon, daß der eine Herausgeber der Zeitschrift, Radbruch, in der Praxis versagt hat, und daß ein Mitarbeiter wie Wolfgang Heine ein ebenso bösartiger wie unfähiger Politiker ist, so gehts nicht. Der einzige Ernst Fuchs aus Karlsruhe immer ausgenommen. Ehre seinem Andenken!

Eine deutsche Justizreform ohne die gesetzliche Aufhebung der heute überhaupt erst vorhandenen Unabsetzbarkeit der Richter ist undenkbar.

Wie sieht denn der Eintritt eines idealistischen, jugendlich in die Zukunft stürmenden Referendars in den Richterstand aus?

Der, der neu eintritt, hat immer unrecht. Das fängt im Eisenbahncoupé [202] an und hört im Berufsstand auf. Die technische Unfertigkeit des Neuen, seine Jugend und vor allem die Tatsache, daß die andern länger da sind als er, setzen ihn zunächst in die schwächere Position. Er muß sich ›einarbeiten‹, wobei das: »Wir haben das hier immer so gemacht« und »Ich gebe Ihnen die Weisung . . . « dominierende Rollen spielen. Zunächst also ist er machtlos. Dann wird er vom schleichenden Gift der Routine imprägniert, und wenn er einmal später in eine leitende selbständige Stellung kommt, ist es meist zu spät. Und löckt er da gegen den Stachel, so ist erfahrungsgemäß seines Bleibens in der Gruppe und im Stand nicht mehr allzulange. Oder aber, er darf bleiben: unter so entwürdigenden, seine Arbeit so erschwerenden Umständen, daß er den ungleichen Kampf aufgibt und quittiert.

Tatsächlich ist bei den Richtern die Auslese, die der Stand erbarmungslos vornimmt, gefährlicher und schlimmer als bei der ihnen gesinnungsverwandten Reichswehr. Es liegt bei beiden der Fall einer klaren Kooption vor: die Gruppe wählt sich hinzu, wer sich dem Gruppengeist anpaßt – immer adäquate, niemals heterogene Elemente. Das fängt bei der Justizprüfungskommission an, und mit dem feinen Siebe der Personalreferenten gehts weiter. Das Resultat ist dieser Richterstand.

Der deutsche Richter schaut durch die Brillengläser seiner Klasse: des mittleren und gehobenen Bürgertums. Was sich darüber und darunter bewegt, findet kaum Platz im Richterstand und hat als Opfer und Objekt wenig Aussicht, vor Gericht verstanden zu werden – von Außenseitern sehe ich ab. Und innerhalb dieses mittleren Bürgertums ist es wiederum der starre, der hölzerne, der eingeengte Typus, jener, der von Hunderten von Tabu-Gebräuchen umgeben ist und in Schranken liegt, die er sich zu seiner Sicherung selbst aufgerichtet hat, genährt von einer Strafpsychologie, die der alte Villers in seinen ›Briefen eines Unbekannten‹ einmal so formuliert hat: »Jedes du sollst – heißt: ich kann nicht. Jedes du sollst nicht – heißt: ich darf nicht.«

Kollektivurteile sind immer ungerecht, und sie sollen und dürfen ungerecht sein. Denn wir haben das Recht, bei einer Gesellschaftskritik den niedersten Typus einer Gruppe als deren Vertreter anzusehen, den, den die Gruppe grade noch duldet, den sie nicht ausstößt, den sie also im Gruppengeist bejahend umfaßt. Also ist der bestechliche Richter niemals als Typus des deutschen Richters zu nennen; sollte jemals ein solcher Fall vorkommen, so darf er dem deutschen Richterstand nicht aufs Konto geschrieben werden, weil der einen bestechlichen Justizbeamten ohne Gnade ausschlösse. Übrigens ist zu sagen, daß diese lächerliche Überbetonung einer Selbstverständlichkeit: nämlich der Unbestechlichkeit, Ablenkung vom Wesentlichen ist. Keine Kindermißhandlung begangen zu haben, heißt noch nicht tugendhaft sein.

[203] Es darf vom mittleren Typus des deutschen Richter gesagt werden, daß ein geistig und intellektuell gehobener Mensch wenig Aussicht hat, mit ihm während einer Verhandlung Kontakt zu bekommen. Abgelehnt sein Pathos und seine Versuche, Moral zu predigen; abgelehnt sein sittliches Empfinden und sein Humor; abgelehnt seine Reaktion auf Schmerz, Freude, Leid und Autorität; abgelehnt seine Bilder an der Wand, seine Frau, seine Ferienstunden, abgelehnt die Luft, in der er lebt, das Bier, das er trinkt, die Kinder, die er erzieht. Abgelehnt sein Geist, abgelehnt seine Kaste, abgelehnt seine Welt.

Bezeichnend sind die Gehilfen, die er sich holt. Das nachtwandlerisch sichere Gefühl der Gerichtsbeamten für Schöffen und Geschworene bevorzugt kleinköpfigen, bramsigen Mittelstand, Untertanen, die einmal, wie Polgar das genannt hat, den Obertanen spielen wollen. Jeder umgibt sich nur mit sich selbst, und steht unsereiner vor denen, so findet er eine fremde Welt.

Warum hat denn niemand den Mut zu sagen, daß Hunderttausende von Angehörigen der freien Berufe, Hunderttausende von aufgeklärten Arbeitern mit diesen Richtern überhaupt nichts mehr zu tun haben, daß sie durch Lichtjahre der Entfernung von ihnen getrennt sind, und daß natürlich jeder von uns mit irgendeinem erfahrenen Verteidiger, mit einem fortgeschrittenen Deutschnationalen, mit einem gewandten Auslandskaufmann bei aller Verschiedenheit der politischen Auffassung rascher in Verbindung kommt als mit einem Landgerichtsdirektor? Wir sprechen zwei Sprachen, wir denken zwei Gedankenreihen. Man stelle sich vor, daß die Opfer der Justiz mit einem solchen Richter etwa eine Nordlandreise zusammen unternehmen sollten: vom Mondaufgang bis zum Trinkgeld gäbe es eine einzige Kette von Mißakkorden und Dissonanzen. Sie redeten aneinander vorbei.

Und weil unsereiner im Richterstand nur so vereinzelt vertreten ist, daß meist schon nach wenigen Jahren Assimilation eintritt, so daß der Fortschrittsmann Schulz als Referendar noch angeht, aber schon als Amtsrichter nicht mehr wiederzuerkennen ist: deswegen lehnen wir den Geist dieses Richtertums ab, weil wir, wenn schon demokratisch gedacht werden soll, das volle Recht beanspruchen, auch unsererseits dort vertreten zu sein, wo man ›im Namen des Volkes‹ zu urteilen vorgibt. Das Volk hat aber mit dieser Rechtsprechung nichts zu tun.

Fühlt sich jedoch diese Richterkaste diktatorisch, geht man dem Gedankengang eines Juristen nach, der sich souverän wähnt, weil er seine paar Examina bestanden und die Billigung seiner Kaste gefunden hat, so wäre dann wenigstens eines zu fordern: Diktatur der Besten. Die hätten das Recht, im Interesse des Guten eine Majorität zu tyrannisieren. Wie aber sehen diese Despoten aus?

Man sehe diese Richter an, man höre diese Menschen sprechen, [204] und man wird finden, daß ganze Literaturen umsonst geschrieben sind, daß unsre Bäume nicht für sie blühen, unser Gelächter nicht für sie lacht, unsre Tränen nicht für sie fließen. Wir sind so weit von ihnen entfernt, wie ein Planet vom andern, wir haben nichts mit ihnen zu tun. Und wir wollen nichts mit ihnen zu tun haben.

Was unsre Justizreformer, die sich vielfach aus Anwaltskreisen rekrutieren, vorbringen, ist Übersetzung der eignen Gedankengänge in die fremde Sprache der Richter, ist taktisch schlauer Versuch, den Gott durch Opfer milde zu stimmen, ihm leise das Schwert schartig zu machen, ihn vom Gebrauch des Donnerkeils abzulenken.

Reform von oben gibt es nicht. Ein selbst fortschrittlich gesinnter Justizminister schwimmt schillernd wie Öl auf dem Wasser, aber Wasser und Öl vermischen sich nicht. Reform von unten ist auf friedlichem Wege nicht möglich, denn es hieße, die einfachsten Vorgänge in einer Gesellschaftsgruppe ignorieren, wollte man an rasche grundlegende Veränderungen von innen her glauben, die nicht in äußeren Umständen ihre Voraussetzungen haben. Also ist diese Justiz, von einer Klasse über unterjochte Klassen ausgeübt, nicht durch gutes Zureden langsam zu verbessern, nicht durch Flickwerk sachte zu korrigieren.

Der Grundfehler des Verhaltens der deutschen Richter liegt in der völlig abwegigen Vorstellung von dem, was sie Strafrecht nennen.

Es gibt kein staatliches Recht des Strafens. Es gibt nur das Recht der Gesellschaft, sich gegen Menschen, die ihre Ordnung gefährden, zu sichern. Alles andere ist Sadismus, Klassenkampf, dummdreiste Anmaßung göttlichen Wesens, tiefste Ungerechtigkeit. Besteht man die Nervenprobe, einer deutschen Gerichtsverhandlung beizuwohnen: mit dem überheblichen Ton des Richters, der verächtlichen Behandlung der Verteidiger, der Primadonnenrolle des Staatsanwalts und der Ungezogenheit der Gerichtsdiener –, so ist man versucht, jeder ethischen Reflexion des Richters ein ›Eben nicht!‹ überzuziehen. Die dort geäußerten sittlichen Maximen stehen auf dem Niveau eines mittleren Konfirmandenunterrichts und muffen nach Kaserne, kleiner Beamtenwohnung und Pastorenehe. Da trägt der Bestohlene einen Teil der Schuld, wenn er es dem Dieb »durch leichtsinniges Herumliegenlassen seiner Sachen« leicht gemacht hat; da ist der außereheliche Verkehr unsittlich und belastet jeden Angeklagten; da ist der Mangel deutscher Staatsangehörigkeit ein strafverschärfender Umstand, wie überhaupt bei der Motivierung von Urteilen die Zeile jenes Trinkliedes herangezogen werden kann, die da fragt, warum man trinken solle: »Siebentens: jeder andre Grund«: Psychoanalyse, Sexualforschung aller Grade, sie können hundertmal hohle Tempelsäulen umgestoßen haben – das gilt nur außerhalb der Gerichtsgebäude.

Man muß hören, wie Staatsanwälte ums Verrecken nicht Frau Graßmann, [205] sondern immer »die Graßmann« sagen; man muß hören, wie Richter mit Angeklagten umgehen, um zu ermessen, aus welcher Öffnung diese trübe Justizquelle fließt. Man muß sehen, wie etwa Polizeibeamte von den Richtern noch aufgereizt werden, das Publikum so schlecht wie möglich zu behandeln; man muß hören, wie ›Widerstand‹ nicht nur als Delikt, sondern als Sakrileg geahndet wird. Man muß die feine oder blöde Beeinflussung der Zeugen durch suggestive Fragen hören: wie die Antwort in die Zeugen hineingepreßt wird, wie unbequeme Zeugen vom Staatsanwalt in ungehöriger Form angefahren werden, wie der Richter mit ihnen umspringt, wie keiner das oberste Gesetz einer Vernehmung kennt: den Mund zu halten und zuzuhören. Sie haben ja auch wenig wahre Opposition. Gewohnt, mit gerissnen Verteidigern zu tun zu haben, die die ehernen Gesetze der Taktik befolgen: bei vollendetem Mord den Getöteten als ein Scheusal hinzustellen, bei versuchtem Mord von dem noch lebenden Opfer nett zu sprechen; gewohnt, immer nur mit Menschen zu diskutieren, die unter grundsätzlicher Anerkennung der richterlichen Macht sie nur umgehen wollen, denken diese Richter über die Basis dessen, was sie tun, überhaupt nicht mehr nach. Kleine Funktionäre biegen das Leben nach den Begriffen des Strafgesetzes zurecht, und man fragt sich selbst in Berlin oft, wo diese Menschen eigentlich ihre Freizeit zubringen und ob sie denn gar nicht wissen, wie es draußen in der Welt richtig zugeht und was des Landes der Brauch ist. Ein Blick auf die Uhr, halb eins! fertig werden, fertig werden.

Man nehme noch den Wahnwitz hinzu, der da die Richter glauben läßt, ein Freispruch sei nicht nur eine Niederlage des Staatsanwalts. Derselbe Richter, der hundertmal an den schematisch gefaßten ›Eröffnungsbeschlüssen‹ mitgewirkt hat, glaubt beim Anblick seines Angeklagten ernsthaft, ›irgend etwas müsse schon an der Sache dran sein, denn sonst stände der Kerl ja nicht hier!‹ Über die anfechtbaren Vernehmungsmethoden von Polizei, Staatsanwaltschaft und Untersuchungsrichtern während des Vorverfahrens, von dem stillen, zähen und kleinlichen Feldzug, der da gegen Angeschuldigte und Angeklagte im Halbdunkel geführt wird, weiß er nichts; nichts von der Wehrlosigkeit, in der Ungeübte im Frühstadium solcher ›Rechtsvorgänge‹ zappeln; nichts vom bösartigen Ausschluß der Verteidiger, denen man die Akteneinsicht so schwer wie möglich macht . . . davon ist unserm Richter nichts bekannt. Auch nichts von der Wirkung der Strafen, die er verhängt: ich bestreite, daß es mehr als dreißig Strafrichter in Berlin gibt, die überhaupt begreifen, welch Unterschied zwischen den drei und vier Jahren Zuchthaus ist, die sie täglich verhängen. Was wissen denn die Talare vom Strafvollzug –? Das, was im Examen darüber gefragt wird. Gar nichts.

Der deutsche Richter hat sich aus der Seele seiner Kaste und der [206] Lebensanschauung seiner Gruppe einen Ideal-Angeklagten konstruiert: den artigen. Dieses Fibelvorbild, das da vorgestellt wird, beherrscht den gesamten deutschen Strafprozeß, bis herauf zum Reichsgericht. »Der gute Sohn, der seine Mutter unterstützt«; »der verheiratete Mann, der mit einer Frauensperson eine Reise nach London unternimmt« – diese verlognen Lebensbilder, die da aufgerollt werden, stehen durchaus auf dem Niveau ihrer Hersteller. Kleine Leute, kleine Leute. Die tiefste Sexualmoral: die des Neides; die platteste Beurteilung von Motiven – das regiert. Richterliche Sittenzeugnisse sehen meist aus wie Dienstzeugnisse für einen Kuhknecht, dessen Treue, Arbeitsamkeit und Bescheidenheit von einer Gutsherrschaft gerühmt werden, die diese nützlichen Eigenschaften sehr von oben herab, wohlwollend und streng feststellt. Die Tatsache, daß ein des Mordes Verdächtigter nachts liest, am Tage schläft und zwei Frauen zu gleicher Zeit liebt, dürfte den Mann ziemlich erledigen. Dergleichen wiegt schwerer als alle Indizien, die ihm vorgehalten werden. Er hat sich – und das scheint mir das Allerschlimmste – gegen diese Anwürfe auch noch zu verteidigen. Es sind Straftaten, die ihm so vorgeworfen werden; von der Seite des Verteidigers fällt kein Wort und darf aus taktischen Gründen keines fallen, das grundsätzlich die Berechtigung des Richters zu solchen Moralausflügen bestreitet und grade die sittliche Ebene, auf der das Tribunal hockt, zerschlägt. Artig soll der Angeklagte sein, ein Untertan, ein Fibelkind, in den Augen jenen hündischen Ausdruck, mit dem deutsche Soldaten vor ihren Schindern stramm stehen mußten. Hände an die Hosennaht! Stehlen darfst du.

Etwas ganz und gar Grausliches, wenn die ›akademische Bildung‹ einem falsch deutsch sprechenden, einem unbeholfen nach Worten suchenden Angeklagten gegenübergestellt wird – wenn teutonisch geredet wird, in albernen und billigen Phrasen, mild stiefväterlich, stets die Burschenschaft oder den Stammtisch als imaginären Zuhörer . . . das geht bis zum geschmacklosen Hohn, bis zu kindischen Feststellungen, die nicht zur Sache gehören und für die so ein Richter aus dem Amt gejagt werden müßte. Und aus alledem spricht immer, immer: »Wozu halte ich mich eigentlich solange mit Ihnen auf? Mein Urteil ist längst fertig.« Worauf zu antworten: Also warum denn noch die Verhandlung? Warum nicht eine Postkarte mit dem Urteil frei ins Haus gestellt? Und eine Gegenfrage: Warum wirst du überhaupt Richter, wenn es dich langweilt, zuzuhören; wenn es dich reizt, daß sich Leute verteidigen; wenn es dich ekelt, dich mit ihnen abzugeben –?

Fassungslos das Staunen, daß es Diebe und Mörder gibt – wie falsch klingt der Schall über dem Kopf zusammengeschlagener Hände, welche Verworfenheit! wie konnten Sie! . . . als sei es das erste Mal, [207] daß in einer Großstadt eingebrochen, gestohlen, vergewaltigt, betrogen wird. Immer wieder fällt ein gewisser Richtertypus aus allen Himmeln der Wohlanständigkeit. Auszubaden hat das Erstaunen der Angeklagte.

Ein deutliches Symptom der Klassenauswahl und des Gruppengeistes ist die Stellung des deutschen Richters zu jeder Autorität. Man betrachte sich tausend Strafprozesse: man kann darauf schwören, daß sich der deutsche Richter in allen, in ausnahmslos allen Fällen der Autorität annimmt und nicht nur der staatlichen; daß er dem, der auch nur irgendeine vermeintliche oder wirkliche Autorität ausübt, volles Recht gibt. Noch die schlimmsten Mißbräuche und Ausschreitungen wird er entschuldigen, wenn es sich nur um einen ›Vorgesetzten‹ handelt. Ein Gutsknecht zerschlägt seinen Peitschenstock auf dem Rücken des Hütejungen: da kann ein deutscher Richter nichts machen oder doch nur wenig: denn wohin kämen wir, wenn der ›Oberaufseher‹ dem ›Unteraufseher‹ nicht beibrächte, daß es in Deutschland eine soziale Stufenleiter gibt? Man sehe sich daraufhin die Strafprozesse an, und man wird finden, daß in fast allen Fällen der ›Vorgesetzte‹ recht bekommt.

Daher auch die schmählich milden Urteile in den Kindesmißhandlungsprozessen. »Die väterliche Autorität . . . «, eben weil diese sehr diskutable Autorität mißbraucht worden ist, sollte ein unmenschliches Ehepaar, eine Megäre von prügelnder Mutter für so viele Jahre im Zuchthaus sitzen, wie das geschlagne Kind Tränen geweint hat. Je engstirniger, je kleiner, je schmalhorizontiger der Standpunkt eines Menschen – um so unnachgiebiger wird er vertreten. Und was so maßlos in diesen kleinen Prozessen reizt, wo sich die Richterschaft überhaupt nicht kontrolliert fühlt, ist die Überheblichkeit des Tones. »Sie hätten –«, »Sie sind ein ganz . . . « Aber der Richter irrt sich. Er ist gar nicht berufen, sittliche Urteile abzugeben, zu denen er unter den heutigen Verhältnissen weder qualifiziert noch legitimiert ist. Niemand hat ihn nach seiner unmaßgeblichen Meinung gefragt.

Nun ist nicht einmal Berlin für die Beurteilung des deutschen Richterstandes sehr maßgeblich. In einer großen Stadt sind, bei aller Grauenhaftigkeit, die Umgangsformen der Richter, Milieu und Luft doch ein klein wenig menschlicher; das Verfahren ist mitunter wenigstens einigermaßen liberal, wenn nicht in der Sache, so doch in der Form. Auch sind die Erfahrungen, die Publizisten und Politiker vor Gericht gemacht haben, nicht sehr wesentlich, weil da die Möglichkeit der öffentlichen Beschwerde besteht, so daß ein ausgesprochen ungehöriges Verhalten der Richter in solchen Fällen – unter dem Kaisertum – Ausnahmefälle waren. Seit 1918, in dieser Republik, bei dieser politischen Opposition, genieren sich die Herren weniger.

Die verfehlte Prozeßführung des deutschen Richters ist aus seiner [208] Gruppenauslese herzuleiten, und es kann niemals besser werden, wenn Vorbildung und soziologische Auswahl nicht von Grund auf geändert werden. Angemerkt mag sein, daß der heutige Typus noch Gold ist gegen jenen, der im Jahre 1940 Richter sein wird. Dieses verhetzte Kleinbürgertum, das heute auf den Universitäten randaliert, ist gefühlskälter und erbarmungsloser als selbst die vertrockneten alten Herren, die wir zu bekämpfen haben. Während in der alten Generation noch sehr oft ein Schuß Liberalismus, ein Schuß Bordeaux-Gemütlichkeit anzutreffen ist, ein gewisser Humor, der doch wenigstens manchmal mit sich reden läßt, lassen die kalten, glasierten Fischaugen der Freikorpsstudenten aus den Nachkriegstagen erfreuliche Aspekte aufsteigen: wenn diese Jungen einmal ihre Talare anziehen, werden unsre Kinder etwas erleben. Ihr Mangel an Rechtsgefühl ist vollkommen.

Ich fasse zusammen:

Die Kaste, aus der sich der deutsche Richterstand rekrutiert, repräsentiert nicht dasjenige Deutschtum, das etwa von Goethe über Beethoven bis Hauptmann jene Elemente enthält, um derentwillen wir das Land lieben, um derentwillen wir gern deutsch sprechen, um derentwillen wir der geistigen Einheit Deutschland angehören. Der Richterstand, so wie er da ist, repräsentiert nur einen klassenmäßigen Ausschnitt aus dem Lande; er ist das Resultat einer Auswahl von Menschen, die nicht berechtigt sind, im Namen des Volkes Recht zu sprechen: sie sollten es in ihrem eignen tun. Satz für Satz, Begründung für Begründung, Idee für Idee sind ihre in den Urteilen niedergelegten Anschauungen bekämpfenswert, widerlegbar, zu verwerfen. Ihr subjektiv guter Glaube ist in vielen Fällen zuzugeben: die Wirkung ihrer Tätigkeit ist unheilvoll.

Gibt es keine Gegenwehr? Es gibt nur eine große, wirksame, ernste: den antidemokratischen, hohnlachenden, für die Idee der Gerechtigkeit bewußt ungerechten Klassenkampf.

Daneben gibt es einige kleine Mittel, Vorschläge, Pillen und Mixturen für jene unheilbare Krankheit.

An kleinern Mitteln seien genannt:

Schutz durch öffentliche Kontrolle. Diese öffentliche Kontrolle ist zur Zeit dünn. Zunächst setzt die vom Vorsitzenden ausgeübte ›Sitzungspolizei‹, die keine Ausschreitung der Gerichtsdiener, wohl aber das leiseste Wackeln eines Zuschauerkopfes bemerkt, jeden Richter in die Lage, sich unbequeme Publizisten vom Halse zu halten. Beschwerden dagegen werden vom Kollegen, also unsachlich erledigt.

Immerhin wäre die Beaufsichtigung der Gerichtsverhandlungen durch die Presse recht förderlich, besonders in den kleinem Städten. Es ist eine von den Zeitungen aller Schattierungen fast durchgängig vernachlässigte Pflicht, diese Kontrolle durch eigne gesinnungstüchtige [209] und kenntnisreiche Leute ausführen zu lassen – dazu gehören freilich Männer von Menschenkenntnis, juristischer Vorbildung und mit einer Feder versehen, die ein lesbares Deutsch zu schreiben versteht. So aber benutzen fast alle diese Blätter bis herauf zu den größten Tageszeitungen irgendeine Korrespondenz, die, sachlich nicht immer einwandfrei, eine fade und verlogene politische Neutralität aufweist, und die so keine Möglichkeit der Kritik des öffentlichen richterlichen Verhaltens bietet. Auch hat ein gut Teil der Korrespondenzangestellten das Geschäftsinteresse, es mit den Richtern nicht zu verderben.

Ferner ist als mindeste Abschlagszahlung bei der Reformierung unsres minderwertigen Strafprozeßrechtes die Öffentlichkeit des Verfahrens zu fordern. Der hilflose Untersuchungsgefangene ist der schlimmsten Willkür ehrgeiziger Kriminalkommissare und Untersuchungsrichter ausgeliefert, die oft Haft verhängen oder aufheben, ohne daß mehr als Vorwände dazu vorhanden sind und die alle von dem fressenden Ehrgeiz passionierter Jäger befallen sind, nicht: die Wahrheit zu suchen, sondern: ein Wild zu jagen. Es erscheint ihnen als eine persönliche Kränkung, wenn der Angeschuldigte unschuldig aus der Sache herauskommt oder wenn er, was sein gutes und bestes Recht ist, lügt, daß sich die Balken biegen. Es ist immer wieder merkwürdig, zu sehen, wie kleine Angestellte großer Organisationen den Gruppenstolz hochhalten, wie sie bei kümmerlichem Gehalt wenigstens für die Ehre ihres Ladens eintreten, und so wird auch das leiseste Symptom von Aufsässigkeit zum Schaden des Angeschuldigten auf das Konto der Sache böse verrechnet. Was in Vorverhandlungen gesündigt wird, weiß der Jurist am besten, er will es aber nicht wissen.

Denn hier im Vorverfahren zeigt sich so recht die Unsicherheit in Rechtssachen, in der man den deutschen Untertan bewußt leben läßt. Fragen Sie unter Ihren Bekannten, ob einer polizeilichen Aufforderung, auf das Revier zu kommen, Folge zu leisten ist und wann: Niemand wird Ihnen über diesen Alltagsfall Bescheid geben können, und niemand weiß, daß, von geringen Ausnahmen abgesehen, die Polizei zu solcher Vorladung im vorbereitenden Verfahren nicht berechtigt ist, und daß ihr gegenüber keine Aussagepflicht besteht, Fragen Sie, ob es eine solche Aussagepflicht von Angeschuldigten im Vorverfahren gibt oder nicht: neunzig von hundert Deutschen werden sich durch einen kleinen Amtsrichter einschüchtern lassen, wenn dieser mit ihnen ein Protokoll aufnehmen will, und keiner wird ahnen, welche Schlingen und Fallen in der Formulierung eines Protokolls stecken können. Davon weiß der Schulunterricht nichts, davon wissen die Fortbildungsschulen nichts. Die kümmerlichen Rechte der Deutschen, die ihnen die sogenannte ›Verfassung‹ garantiert, sind so gut wie unbekannt, und die wenigen Kautelen, die die Strafprozeßordnung [210] dem Angeklagten reserviert, sind es erst recht. Die deutsche Strafprozeßordnung liest sich im großen ganzen wie die Lieferungsverträge, die sich bei uns eingebürgert haben: was auch immer geschieht, geht zu Lasten des Bestellers, und die ausführende Firma haftet für gar nichts. Genau so ergeht es dem Angeklagten: er wird vom Augenblick der ersten Vernehmung an wie eine Schachbrettfigur im Verfahren hin- und hergeschoben und hat darin nicht viel zu vermelden. Weil aber die regierende Kaste die regierte Schicht gern in Unkenntnis darüber läßt, wie die Ausweismarken von Kriminalbeamten und wie die staatsbürgerlichen Rechte von Steuerzahlern aussehen, um so einer Ausbeuterorganisation den Nebel nationaler Metaphysik zu lassen, deshalb weiß noch nicht der hundertste Deutsche, wie er im Strafverfahren um sein bißchen Recht gebracht wird. Hier tut Aufklärung not.

Da diese Aufklärung freiwillig nicht gewährt werden wird, so ist es Sache der proletarischen Organisationen, vom Klüngel abgesprengte und gesinnungstüchtige Juristen ihren Zwecken dienstbar zu machen und den Arbeitern wenigstens den allernötigsten Rechtsschutz zu gewähren, damit sie nicht ganz ungestählt in den Kampf mit dem bürgerlichen Richter eintreten.

Es täte, beiseite sei es angemerkt, auch gut, wenn fortschrittliche Organisationen ihre Anhänger öfter in die Gerichtsgebäude schickten. Die meisten Leute besuchen keine Strafprozesse, machen sich von der Luft, die da herrscht, keine Vorstellung, und weil es ihnen an juristischer Vorbildung mangelt, sprechen sie bei Diskussionen ins Blaue, ohne den Gegner zu treffen.

Im Kampf gegen die Diktaturjustiz ist ferner wichtig, ihr den kleinen Rest von Vertrauen, den sie hier und da noch genießt, zu nehmen.

Noch immer wird dem Spruch eines Gerichtes, besonders in politischen Strafprozessen, zu großer Wert beigemessen. Diese Aktie ist mitunter über ihrem wahren Wert notiert. Hat ein deutsches Gericht in politischen Strafsachen seinen Spruch abgegeben, so ist es unsre Pflicht, alle tatsächlichen Feststellungen, die dort getroffen worden sind, zu ignorieren. Es ist grundfalsch, irgendwelche Folgerungen an diese Verwaltungsmaßnahmen zu knüpfen. Diese Urteilssprüche zählen nicht.

Ganz besonders gilt das, wenn es sich um Diffamierung oder Freispruch von Angehörigen der herrschenden Klasse handelt. Es ist bedauerlich, daß die SPD und große sogenannte republikanische Verbände nicht den Mut aufbringen, sich den völlig gleichgültigen Anschauungen von Ehre und Patriotenpflicht, die diese Richter proklamieren, zu entziehen. Was diese Richter Landesverrat nennen, berührt uns nicht. Was sie als Hochverrat ansehen, ist für uns keine unehrenhafte Handlung. Was sie als Meineid, Aktenbeschädigung oder Landfriedensbruch[211] deklarieren, läßt uns völlig kalt. Man sollte die Opfer solcher Rechtssprüche in der Arbeiterbewegung besonders auszeichnen, schon um zu zeigen, daß jene in den Talaren nur physische Gewalt auszuüben vermögen, und auch die nur heute. Als selbstverständliche Voraussetzung, die von den mich zitierenden nationalen Zeitungen fortgelassen werden wird, ist die persönliche Sauberkeit der politischen Kämpfer zu fordern. Und sie sind sauber, wenn sie diese Straftaten lediglich im Interesse des Klassenkampfes begangen haben.

Die moralische Wertung, die der deutsche Richter auch in scheinbar unpolitischen Strafprozessen seinen Opfern angedeihen läßt, ist politisch. Was er schädlich nennt, kann schädlich sein. Gewöhnlich ist es gut. Was er für strafverschärfend hält, ist für uns gleichgültig, meistens ist es strafmildernd. Das moralische Recht, der moralische Fortschritt, die sittliche Erziehung des Volkes werden nicht auf deutschen Universitäten gelehrt, nicht von deutschen Gerichten stabilisiert. Die kalte Härte des Reichsgerichts in allen Sittenfragen, seine völlige Verständnislosigkeit den Forderungen des Lebens gegenüber, seine scheinbare Objektivität, die niemals eine gewesen ist, gibt uns das Recht, dieser Richterkaste jede Qualifikation zur moralischen Erziehung des Volkes abzusprechen. Es ist ja nicht wahr, daß die Reichsgerichtsräte lediglich dem kodifizierten Recht zur Wirkung verhelfen, die Voraussetzungen oben in den Justizapparat werfen und unten auf das Resultat warten: denn es gibt kein Strafverfahren, wo nicht an einem bestimmten Punkt das Gefühl mitspricht, die Erziehung, die Klassengesinnung; und weil in diesem kritischen Augenblick besonders der Reichsgerichtsrat die Nadel nach rechts pendeln läßt, woran er subjektiv unschuldig sein mag, woran aber die Kaste, die ihn hochgepäppelt und eingesetzt hat, schuldig zu sprechen ist –: deshalb lehnen wir die geistige Legitimation dieser Richter zur Erteilung irgendwelchen Rechtes ab und pfeifen auf ihre Richtersprüche.

Es hat immer eine Minorität von anständigen Juristen gegeben, die gegen die Untaten ihrer Kollegen, gegen die offenkundigen Mängel des Systems, gegen ein größenwahnsinnig gewordenes Strafrecht gekämpft haben. Aber mit welchen braven Mitteln! Ich glaube nicht an eine Evolution im Strafrecht. Administrative Evolution ist ein Schlagwort für Ängstliche. Seine Erfolglosigkeit ist durch die Zahl eines Jahres bewiesen, in dem man nicht gewagt hat, diese Beamten und diese Richter auf die Straße zu setzen, ›weil sie doch die Bestimmungen so schön kannten‹: 1918.

Es gibt, um eine Bürokratie zu säubern, nur eines. Jenes eine Wort, das ich nicht hierhersetzen möchte, weil es für die Herrschenden seinen Schauer verloren hat. Dieses Wort bedeutet: Umwälzung, Generalreinigung. Aufräumung. Lüftung.

Erwachsene lernen nicht mehr zu. Zu warten, bis sich die historische [212] Strafrechtsschule, die Universitäten, Hergt und Ebermayer dazu bequemt haben, von der Dreistigkeit zu ›strafen‹ abzustehen und nur die Gesellschaft und nicht nur ihre Klasse zu schützen –: das dürfte teuer erkauft sein. Erkauft mit der Qual Zehntausender, die gepeinigt werden, noch unter dem Niveau ihrer Taten, gequält und wehrlos einem schlecht bezahlten oder gar aus höhern Militärkreisen gewählten Gefängnispersonal ausgeliefert. Diese Strafen sind keine Sühne. Das hat kaum einer verdient, was diese Gefangenen heute an moralischer Qual durchmachen müssen. Diese Strafen sind auch keine Abschreckung; das beweist die Praxis. Sie sind keine Besserungsversuche; darüber kann nur ein Pfarrer schwätzen, der nie ein Gefängnis gesehen hat. Sie sind Qual auf der einen Seite – Sadismus, Herrschsucht, Faulheit und Lässigkeit auf der anderen.

Und gegen diese Vereinigung von Menschen, die sich eine Macht anmaßen, die ihnen niemand gegeben hat, gegen diesen Haufen dickköpfiger Burschen, deren Qualifikation einzig darin besteht, daß sie sie zu haben glauben, und deren Gruppenzugehörigkeit man nicht gegen ihren Willen erwerben kann – gegen diese Zahl von Männern, die einen Selbstzweck und eine unsittliche Wirtschaftsform verteidigen, gegen sie gibt es nur eine Waffe, nur ein Mittel, nur ein Ziel.

Die Schande dieser Justiz, die Schande solchen Strafvollzuges –: nieder mit ihnen. Und das Gesetzbuch um die Ohren aller, die sich mit Erwägungen, mit Bedenken und mit wissenschaftlichen Hemmungen dem wichtigsten Ziel entgegenstellen, das einen anständigen Menschen anfeuern kann:

Recht für die Rechtlosen.


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TextGrid Repository (2012). Tucholsky, Kurt. Werke. 1927. Deutsche Richter. Deutsche Richter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5A83-3