[61] Schäfergesang

Schäfer.

Willst du nimmer mich erhören?
Schäferin.

Nein, du willst mein Herz bethören.
Schäfer.

Nein, ich will dich lieben lehren.
Schäferin.

Lieb' ist Thorheit, will ich schwören.
Schäfer.

O Liebe
Die Triebe,
Dies Sinnen,
[62]
Dies Trachten,
Mit zärtlichem Schmachten
Das Herz zu gewinnen,
Nein glaub wie ich schwöre,
Wenn ich dich bethöre,
So strafen die Götter
Im rächenden Wetter
Den frevelnden Schwur.
Schäferin.

Ich höre
Die Lehre
Und schwöre,
Bei jeglichem Sterne
In bläulicher Ferne,
Beim schimmernden Licht:
Ich liebte seit lange,
Die Brust klopfte bange,
Du liebtest mich nicht;
[63]
Kommt rächende Wetter
Und straft mich, ihr Götter,
Ist falsch dieser Schwur.
Beide.

Im Frühlingsglanze schimmert
Wald und Flur,
Und Liebe leuchtet und flimmert
Und waltet beseelend in der ganzen Natur.

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TextGrid Repository (2012). Tieck, Ludwig. Gedichte. Gedichte. Dritter Teil. Schäfergesang. Schäfergesang. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5606-E