168.

Es gehört zum Vorspuk, daß auch das Unwahrscheinliche wahr wird oder nach dem plattdeutschen Ausdruck »utdhan ward,« denn der Vorgang ist ja ein genaues Abbild des wirklichen Ereignisses. Dagegen läßt sich auch mit menschlichen Mitteln nichts ausrichten, und selbst der kleinste Nebenumstand kann nicht geändert werden, so viel Mühe man sich auch deshalb gibt. Es werden aber dessen ungeachtet Fälle mitgeteilt (Brake, Harkebrügge), nach welchen durch menschliches Einwirken eine Vorgeschichte nicht »ausgetan« ist. Ein Schichtkieker in Harkebrügge, als solcher weithin bekannt, hatte von einem schwer krank darniederliegenden K. aus selbem Orte behauptet, dieser würde nicht wieder besser werden, denn er habe seinen Leichenwagen gesehen. K. erfährt das und verspricht dem Visionär eine gute Belohnung, falls er den Leichenwagen wieder umlenken würde. Dieser geht darauf ein und lenkt den Wagen bei der nächsten Erscheinung wirklich um. »Aber,« soll er später gesagt haben, »das tue ich nicht wieder, denn die Pferde wollten mich mit Gewalt beißen.« K. hat danach noch lange gelebt. Auch sagt man, daß man durch gute Werke wenigstens einen Aufschub der Erfüllung bewirken könne. Dies wird mehrfach bezeugt. Wenn ein Haus spukweise mit warmen Mauern brennt, also das wirkliche Abbrennen vorspukt, kann der Eigentümer das drohende Unglück verzögern, wenn er einem Armen einen Scheffel Roggen schenkt. So viel Körner der Scheffel enthält (Ammerld.) oder über das gestrichene Maß enthält (Strückh.) so viel Tage oder Jahre Frist hat er gewonnen. Daher ist es ein Liebesdienst und eine Pflicht, es dem Eigentümer mitzuteilen, wenn man ein Haus im Vorspuk hat brennen sehen. Nach Andeutungen sind es im Ammerlande vorzugsweise die Häuser geiziger und hartherziger Leute, welche vorspuksweise brennend gesehen werden.

a.

Eine Frau in Klippkanne hörte einst ihre silbernen Löffel im Schranke erklingen, und weil sie vermutete, daß dies eine Vorgeschichte sei, gelobte sie sich, die Löffel unter keiner Bedingung aus den Händen zu geben. Kurz nachher aber [179] war in der Nachbarschaft ein unerwarteter Todesfall, und während jene Frau zufällig vom Hause abwesend war, wurden die Löffel geliehen, um bei der Beerdigung zu dienen.

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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. Sagen. Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg. Erster Band. Erstes Buch. Vierter Abschnitt. Vorgeschichten. 168. [Es gehört zum Vorspuk, daß auch das Unwahrscheinliche wahr wird]. a. [Eine Frau in Klippkanne hörte einst ihre silbernen Löffel im Schranke]. a. [Eine Frau in Klippkanne hörte einst ihre silbernen Löffel im Schranke]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-3471-1