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Zu H. im Stedingerlande diente ein Knecht, der die Gabe hatte, Vorspuk zu sehen. Wenn ein Todesfall bevorstand, mußte er aus dem Bette und auf die Diele gehen, wo dann der Sarg stand, und jedesmal starb der, welchen er gesehen, in Jahresfrist. Als es ihn einmal wieder auf die Diele trieb, sah er den Sarg, aber den Toten, der darin lag, kannte er nicht. »Warte,« dachte er, »ich will dich schon wieder kennen, wenn ich dich antreffe,« nahm ein Messer und schnitt dem Toten über der Stirn einen Büschel Haar ab. Als sie am nächsten Morgen beim Trinken saßen, sagte die große Magd zum Knechte: »Du, wer ist dir bei den Haaren gewesen?« Der Knecht erschrak und sah, daß er selbst der Tote gewesen sei, dem er das Haar abgeschnitten. Er kündigte sofort den Dienst, denn der Tote muß in dem Hause sterben, wo er gesehen, und verdang sich anderswo. Aber nach einiger Zeit fühlte er eine große Sehnsucht nach seiner alten Herrschaft und [177] machte sich, da er sich ganz wohl fühlte, auf, um dieselbe zu besuchen. Wie er aber im Hause war, starb er. (Diese Geschichte wird mit geringen Abweichungen auch in Elsfleth, im Butjadingerlande und an verschiedenen Orten des Münsterlandes erzählt. In Butjadingen heißt der Schluß: Nach Jahren traf der Bauer seinen früheren Knecht in dem Wirtshause seines Dorfes, wo derselbe übernachten wollte, und lud ihn ein mitzugehen. Der Knecht nahm die Einladung an und starb in derselben Nacht in dem Hause seiner alten Herrschaft. In Fladderlohausen stirbt der Knecht, als er am nächsten Sonntag nach seinem Abgange ein vergessenes Bündel Kleidungsstücke abholen will; in Altenoythe, als er im Hause der früheren Herrschaft einen Toten ansagen muß. Er will nicht bleiben, läßt sich aber herbei, einen Augenblick Platz zu nehmen, wird plötzlich unwohl und stirbt. An mehreren Orten werden sogar die Namen der Personen genannt, denen die Sache begegnet sein soll.)