Eine Frühlingsnacht

Im Zimmer drinnen ist's so schwül;
Der Kranke liegt auf dem heißen Pfühl.
Im Fieber hat er die Nacht verbracht;
Sein Herz ist müde, sein Auge verwacht.
Er lauscht auf der Stunden rinnenden Sand;
Er hält die Uhr in der weißen Hand.
Er zählt die Schläge, die sie pickt,
Er forschet, wie der Weiser rückt;
Es fragt ihn, ob er noch leb' vielleicht,
Wenn der Weiser die schwarze Drei erreicht.
Die Wartfrau sitzt geduldig dabei,
Harrend, bis alles vorüber sei. –
Schon auf dem Herzen drückt ihn der Tod;
Und draußen dämmert das Morgenrot.
An die Fenster klettert der Frühlingstag.
Mädchen und Vögel werden wach.
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Die Erde lacht in Liebesschein,
Pfingstglocken läuten das Brautfest ein;
Singende Bursche ziehn übers Feld
Hinein in die blühende, klingende Welt. –
Und immer stiller wird es drin;
Die Alte tritt zum Kranken hin.
Der hat die Hände gefaltet dicht;
Sie zieht ihm das Laken übers Gesicht.
Dann geht sie fort. Stumm wird's und leer;
Und drinnen wacht kein Auge mehr.

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TextGrid Repository (2012). Storm, Theodor. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1885). Erstes Buch. Eine Frühlingsnacht. Eine Frühlingsnacht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1E1B-F