[35] 4. Die Ruhe
November 1772.
Ob siege Machmud, oder ob Nikolas
Den Popen höre; ob sich der Bischof Roms
Despotisch aufbläh', oder knechtisch
Lecke die Ferse den Burboniden;
Ob dort in schlauer Caesar Oktavius
Ein Volk bejoche, welchem noch Freiheit galt;
Ob hier, nach spätgefundnen Rechten,
Könige Habe des andern teilen:
Soll mich nicht kümmern! Eine der Menschlichkeit
Geweinte Thräne floß, da der Korse jüngst
Den edlen Nacken bog, als seine
Räuber ihm sandte der Vielgeliebte.
Seitdem entsagt' ich aller Mitwissenschaft
Um ferne Schlachten, und den erzwungenen
Vertrag, der oft mit feuchtem Ölzweig
Schlummernde Gluten verbarg, nicht löschte.
Komm, süße Ruhe! süße Gespielin, komm,
Der frohen Unschuld! führe mit deiner Hand
Den Jüngling, der sein ganzes Leben
Dir, und der lächelnden Weisheit heiligt!
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Und frühen Weihrauch deinen Altären streut,
Den Hafen segnend, weil ihm der Ocean
Noch lächelt, eh die schwarze Woge
Prediget Rettung zugleich und Weisheit!
Dem späten Opfrer öffnet ihr Heiligtum
Die Ruhe selten. Ekel und Schlummer täuscht
Den müden Weltmann, stets von neuen
Wünschen und geißelnder Furcht gestöret.
In stille Thäler wird sie mich führen, wann
Der Sturmwind raset, mir, wann der Mittag zürnt,
Am Schattenufer kühler Quellen,
Sitze bereiten im Duft der Rosen.
In heitrer Mondnacht wird sie Gesänge mich
Voll Einfalt lehren, voller Empfindungen,
Bis Philomel', aus schwanken Ästen,
Festliches Schweigen umher verbreitet.
Des Baches Silber, welches, vom sanften Hang
Des Hügels, murmelnd, zwischen Violen rinnt,
Gleicht dann mein Leben; eine Welle
Folget der andern, ein Tag dem andern!
Voll Freuden jeder! Jeder dem düstern Pfuhl
Zwar näher; aber, sieh! es entströmt dem Pfuhl
Ein hellerer Krystall, als jener,
Welcher die Blume der Wiese tränkte.