[226] An ein Veilchen
Meiner Tochter Friederike Pauline geweiht
Schönes Blümchen! wie so hold
Blühest du im Morgengold,
Der Natur im Schoosse;
Drängest dich im bunten Chor
Deiner Schwestern nicht hervor
Wie die stolze Rose!
Holde Lenzverkünderin,
Mit dem treuen zarten Sinn,
Lass gerührt dich pflücken!
Dieses Liedchen weih' ich dir,
Dafür sollst du freundlich mir
Nun den Busen schmücken!
Thaubeträufelt duftest du,
Schliessest sanft die Kelche zu,
Wenn der Abend sinket;
Oeffnest sie, wenn Phöbus Stral
Von dem thaubeträuften Thal
Sanft die Thränen trinket!
[227]Frischer äugelst du hervor,
Wenn der Schatten dunkler Flor
Weicht von Thal und Hügel;
Wiegt des Abends sanfter Hauch
Dich in süsse Ruhe auch
Mit dem Schlummer – Flügel!
Schmeichelnde Zephyre weh'n
Um die blau umzognen Höh'n,
Küssen deine Blüthen,
Taumelnd auf dem zarten Moos,
Schweben sanft um deinen Schoos
Selige Sylphiden!
Und wenn dann das weiche Herz
Wallt in Lust und süssem Schmerz,
Schmückest du den Busen;
Wenn der Andacht Feuergeist
Hochentzückt den Frühling preisst,
Singen dir die Musen!
Um der Treue holdes Bild,
Schweben deine Kränze mild,
In der schönsten Bläue;
Wenn der Schwestern bunte Reih'n
Jedem ihre Reize weih'n,
Huldigst du der Treue;
[228]Lebst dem Freunde, der entzückt
Deine schönen Kelche pflückt,
Wenn der Lenz erschienen;
Ihm enthülle deinen Werth;
Nur des Edlen Beifall ehrt:
Such' ihn zu verdienen!