William Shakespeare
König Heinrich IV.
Zweiter Teil
[279] Personen
König Heinrich IV.
Prinz Heinrich von Wales
Thomas, Herzog von Clarence
Prinz Johann von Lancaster
Prinz Humphrey von Gloster, Söhne des Königs
Graf von Warwick
Graf von Westmoreland
Gower
Harcourt, von des Königs Partei
Der Oberrichter von der königlichen Bank
Ein Unterbeamter im Gefolge des Oberrichters
Graf von Northumberland,
Scroop, Erzbischof von York
Lord Mowbray
Lord Hastings
Lord Bardolph, Feinde des Königs
Sir John Colevile
Travers und Morton, Bediente Northumberlands
Falstaff
Bardolph
Pistol
Ein Page
Poins und Peto, Begleiter Prinz Heinrichs
Schaal und Stille, Friedensrichter auf dem Lande
David, Schaals Bedienter
Schimmelig, Schatte, Warze, Schwächlich und Bullenkalb, Rekruten
Klaue und Schlinge, Gerichtsdiener
Ein Pförtner
[279] Lady Northumberland
Lady Percy
Frau Hurtig, Wirtin
Dortchen Lakenreißer
Lords und andres Gefolge, Offiziere, Soldaten, Bote, Küfer, Büttel, Kammerdiener usw.
[280]Erster Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Er sagte, Herr, das Wasser an sich selbst wäre ein gutes, gesundes Wasser, aber die Person, der es zugehörte, möchte mehr Krankheiten haben, als sie wüßte.
Menschen von aller Art bilden sich was darauf ein, mich zu necken. Das Gehirn dieses närrisch zusammengekneten Tones, der Mensch heißt, ist nicht im Stande, mehr zu erfinden, das zum Lachen dient, als was ich erfinde, oder was über mich erfunden wird. Ich bin nicht bloß selbst [289] witzig, sondern auch Ursache, daß andre Witz haben. Ich gehe hier vor dir her wie eine Sau, die ihren ganzen Wurf aufgefressen hat, bis auf eins. Wenn der Prinz dich aus irgend einer andern Ursache bei mir in Dienst gegeben hat, als um gegen mich abzustechen, so habe ich keinen Menschenverstand. Du verwünschtes Alräunchen, ich sollte dich eher auf meine Mütze stecken, als daß du meinen Fersen folgst. Noch niemals bis jetzt hat mir ein Achat aufgewartet: aber ich will Euch weder in Gold noch Silber fassen, sondern in schlechte Kleider, und Euch wiederzu Euerm Herrn zurücksenden, als ein Juwel, zu dem Juvenil, dem Prinzen, Eurem Herrn, dessen Kinn noch nicht flügge ist. Mir wird eher ein Bart in der flachen Hand wachsen, als er einen auf der Backe kriegt, und doch trägt er kein Bedenken, zu sagen, sein Gesicht sei ein Kronengesicht. Gott kann es fertig machen, wenn er will, noch ist kein Haar daran verdorben; er kann es beständig als ein Kronengesicht behalten, denn kein Barbier wird ein paar Batzen daran verdienen; und doch macht er sich mausig, als wenn er für einen Mann gegolten hätte, seit sein Vater ein Junggeselle war. Er mag seine Gnade für sich behalten, er ist beinah' aus der meinigen gefallen, das kann ich ihm versichern. – Was sagte Meister Dumbleton wegen des Atlasses zu meinem kurzen Mantel und Pluderhosen?
Er sagte, Herr, Ihr solltet ihm beßre Bürgschaft stellen als Bardolph seine; er wollte seine Handschrift und die Eure nicht annehmen, die Sicherheit gefiele ihm nicht!
Daß er verdammt wäre wie der reiche Mann! Daß ihm die Zunge noch ärger am Gaumen klebte! – So 'n verwetterter Ahitophel! ein schuftischer Mit-Verlaub-Hans! Hat einen Edelmann unter Händen und besteht noch auf Sicherheit! – Die verwetterten Glattköpfe gehen jetzt nicht anders als mit hohen Schuhen und einem Bund Schlüssel am Gürtel, und wenn sich nun einer auf redliches Borgen mit ihnen einläßt, da bestehen sie noch gar auf Sicherheit. Ich ließe mir eben so gern Rattenpulver ins Maul stecken, als daß sie mir's wollen stopfen mit Sicherheit. Ich dachte, er sollte mir zweiundzwanzig Ellen Atlas schicken, so wahr ich [290] ein Ritter bin, und er schickt mir Sicherheit. Gut, er mag in Sicherheit schlafen, er hat das Horn des Überflusses, und seiner Frauen Leichtfertigkeit leuchtet hindurch; und doch kann er nicht sehen, ob er schon seine eigne Laterne hat, ihm zu leuchten. – Wo ist Bardolph?
Ich kaufte ihn in der Paulskirche, und er will mir ein Pferd zu Smithfield kaufen. Könnte ich nur ein Weib im Bordell kriegen, so wäre ich bedient, beritten und beweibt.
Derselbe, gnädiger Herr, aber er hat seitdem zu Shrewsbury gute Dienste geleistet und geht nun, wie ich höre, mit einem Auftrage zum Prinzen Johann von Lancaster.
Ja, das glaub' ich, wenn er irgend etwas Gutes hören soll. – Geht, zupft ihn am Ellbogen, ich muß mit ihm sprechen.
Was? Ein so junger Bursch und betteln? Gibt's keine Kriege? Gibt es keinen Dienst? Braucht der König keine Untertanen? Haben die Rebellen keine Soldaten nötig? Ob es wohl eine Schande ist, anderswo als auf der einen Seite zu sein, so ist es doch noch ärgere Schande, zu betteln, als auf der ärgsten Seite zu sein, wäre sie auch noch ärger, als der Name Rebelliones ausdrücken kann.
Ei, Herr, sagte ich, Ihr wärt ein ehrlicher Mann? Mein Rittertum und meine Soldatenschaft bei Seite gesetzt, hätte ich in meinen Hals hinein gelogen, wenn ich das gesagt hätte.
Dann bitte ich Euch, Herr, setzt Euer Rittertum und Eure Soldatenschaft bei Seite, und gebt mir Verlaub, Euch zu sagen, daß Ihr es in Euern Hals hineinlügt, wenn Ihr sagt, ich sei was anders als ein ehrlicher Mann.
Ich dir Verlaub geben, mir das zu sagen? Ich bei Seite setzen, was mir anhängt? Wenn du von mir Verlaub bekommst, so häng' mich auf; wenn du dir Verlaub nimmst, so solltest du gehängt werden. Du Mäusefänger, fort! Heb' dich weg!
Mein bester Herr! – Gott erhalte Euer Gnaden in gutem Wohlsein! Es freut mich, Euer Gnaden außer Hause zu sehn, ich hörte, Euer Gnaden wären krank, ich hoffe, Euer Gnaden gehen nicht ohne Erlaubnis aus. Euer Gnaden sind zwar noch nicht ganz über die Jugend weg, aber Sie haben doch schon einen kleinen Beischmack vom Alter, eine Würzung vom Salze der Zeit, und ich ersuche Euer Gnaden untertänig, mit aller Sorgfalt über Dero Gesundheit zu wachen.
Mit Euer Gnaden Erlaubnis, ich höre, daß Seine Majestät mit einigem Ungemach von Wales zurückgekommen ist.
Diese Apoplexie ist meines Bedünkens eine Art von Lethargie, wenn Euer Gnaden erlauben; eine Art von Schlafen im Blut, ein verwettertes Kitzeln.
Es hat seinen Ursprung von vielem Kummer; von Studieren und Zerrüttungen des Gehirns. Ich habe die Ursache seiner Wirkungen beim Galenus gelesen: es ist eine Art von Taubheit.
Oh, sehr gut, gnädiger Herr, sehr gut! Es ist vielmehr, wenn's Euch beliebt, das Übel des Nicht-Aufhorchens, die Krankheit des Nicht-Achtgebens, womit ich behaftet bin.
Euch an den Füßen zu strafen, würde die Aufmerksamkeit Eurer Ohren verbessern, und es kommt mir nicht darauf an, einmal Euer Arzt zu sein.
Ich bin so arm wie Hiob, gnädiger Herr, aber nicht so geduldig. Euer Gnaden können mir den Trank der Verhaftung anbefehlen, in Betracht meiner Armut; ob ich aber geduldig sein würde, Eure Vorschriften zu befolgen, daran kann der Weise einen Gran von einem Skrupel, ja wohl gar einen ganzen Skrupel hegen.
Ich schickte nach Euch, als Dinge wider Euch auf Leib und Leben vorgebracht wurden, um mit mir darüber zu sprechen.
Nun, ich will nicht gern eine neu geheilte Wunde aufreißen; Eure Dienste am Tage bei Shrewsbury haben [293] Eure Heldentaten bei Nacht zu Gadshill ein wenig übergüldet: Ihr habt den unruhigen Zeiten zu danken, daß Ihr über diese Klage so ruhig hinüber gekommen seid.
Leider, gnädiger Herr, bestehe ich ganz aus Talg; ich kann mich auch mit einem Wachslicht vergleichen, weil ich immer noch in die Breite wachse.
Nicht doch, gnädiger Herr: so ein böser Engel ist allzu leicht, aber ich hoffe, wer mich ansieht, wird mich ohne Goldwaage für voll annehmen; und doch, das muß ich gestehn, auf gewisse Weise bin ich auch nicht in Umlauf zu bringen. Ich weiß nicht, aber die Tugend wird in diesen Apfelkrämer-Zeiten so wenig geachtet, daß echte Tapferkeit zum Bärenführer geworden ist; Scharfsinn ist zum Bierschenken gemacht und verschwendet seinen behenden Witz in Rechnungen; alle andern Gaben, die zum Menschen gehören, sind keine Johannisbeere wert, wie die Tücke des Zeitalters sie ummodelt. Ihr, die ihr alt seid, bedenkt nicht, was uns, die wir jung sind, möglich ist; und wir, die wir noch im Vortrab der Jugend stehen, sind freilich auch durchtriebene Schelme.
Setzt Ihr Euern Namen auf die Liste der Jugend, da Ihr mit allen Merkzeichen des Alters eingeschrieben seid? Habt Ihr nicht ein feuchtes Auge, eine trockne Hand, eine gelbe Wange, einen weißen Bart, ein abnehmendes Bein, einen zunehmenden Bauch? Ist nicht Eure Stimme schwach? Euer Atem kurz? Euer Kinn doppelt?[294] Euer Witz einfach? Und alles um und an Euch vom Alter verderbt? Und doch wollt Ihr Euch noch jung nennen? Pfui, pfui, pfui, Sir John!
Gnädiger Herr, ich wurde um drei Uhr nachmittags geboren, mit einem weißen Kopf und einem gleichsam runden Bauch. Was meine Stimme betrifft, die habe ich mit lautem Chorsingen verdorben. Meine Jugend ferner dartun, das will ich nicht; die Wahrheit ist daß ich bloß alt an Urteil und Verstande bin, und wer mit mir für tausend Mark um die Wette Kapriolen schneiden will, der mag mir das Geld leihen und sich vorsehen. Was die Ohrfeige betrifft, die Euch der Prinz gab, so gab er sie wie ein roher Prinz, und Ihr nahmt sie wie ein feinsinniger Lord. Ich habe es ihm verwiesen, und der junge Löwe tut Buße, freilich nicht im Sack und in der Asche, sondern in altem Sekt und neuer Seide.
Nun, der König hat Euch und Prinz Heinrich getrennt; ich höre, Ihr zieht mit Prinz Johann von Lancaster gegen den Erzbischof und den Grafen Northumberland.
Ja, das habe ich Eurem allerliebsten feinen Witze zu danken. Aber betet nur ja, ihr alle, die ihr Madame Ruhe zu Hause küßt, daß unsre Armeen sich nicht an einem heißen Tage treffen; denn bei Gott, ich nehme nur zwei Hemden mit, und ich denke nicht außerordentlich zu schwitzen; wenn es ein heißer Tag ist, und ich schwinge etwas anderes als meine Flasche, so will ich niemals wieder weiß ausspucken. Es kann keine gefährliche Affaire aufducken, so werde ich gleich daran gesetzt. Nun, ich kann nicht immer vorhalten, aber es ist beständig der Tick unsrer englischen Nation gewesen, wenn sie was Gutes haben, es zu gemein zu machen. Wenn Ihr denn durchaus behauptet, ich sei ein alter Mann, so solltet Ihr mir Ruhe gönnen. Wollte Gott, mein Name wäre dem Feind nicht so schrecklich, als er ist. Es wäre besser, [295] daß mich der Rost verzehrte, als daß ich durch beständige Bewegung zu Tode gescheuert werde.
Nicht einen Pfennig, nicht einen Pfennig; Ihr seid nicht geduldig genug, um Kreuzer zu tragen. Lebt wohl und empfehlt mich meinem Vetter Westmoreland!
Wenn ich das tue, so gebt mir mit einer Ramme Nasenstüber. – Ein Mensch kann eben so wenig Alter und Filzigkeit, als junge Gliedmaßen und Lüderlichkeit trennen; aber das Podagra plagt jenes, und die Franzosen zwicken diese, und so kommen beide Lebensstufen meinen Flüchen zuvor. – Bursch!
Ich weiß kein Mittel gegen diese Auszehrung des Geldbeutels; Borgen zieht es bloß in die Länge, aber die Krankheit ist unheilbar. – Geh, bring' diesen Brief an Mylord von Lancaster, diesen dem Prinzen, diesen dem Grafen von Westmoreland, und diesen der alten Frau Ursula, der ich wöchentlich geschworen habe, sie zu heiraten, seit ich das erste weiße Haar an meinem Kinn merkte. Frisch zu! Ihr wißt, wo Ihr mich findet.
Daß die Franzosen in dies Podagra führen! Oder das Podagra in diese Franzosen! Denn eins von beiden macht sich mit meinem großen Zehen lustig. Es macht nichts aus, ob ich hinke; ich habe den Krieg zum Vorwande, und meine Pension wird um so billiger scheinen. Ein guter Kopf weiß alles zu benutzen: ich will Krankheiten zum Vorteil kehren. Ab.
[296]Dritte Szene
Zweiter Aufzug
Erste Szene
Ach du meine Zeit! Seht Euch ja vor! Er hat nach mir in meinem eignen Hause gestochen, und das wahrhaftig recht viehischer Weise. Er fragt gar nicht darnach, was er für Unheil anrichtet, wenn er einmal blank gezogen hat: er stößt wie der Teufel und schont weder Mann, Weib noch Kind.
Ich bin ruiniert, wenn er weggeht; ich versichre Euch, er steht innorm hoch in meinem Buch. Lieber Meister Klaue, packt ihn fest! Lieber Meister Schlinge, laßt ihn nicht entwischen! Er kommt kontinuierlich an die Pasteten-Ecke, [301] mit Euer Mannhaften Verlaub, um einen Sattel zu kaufen; und er ist im Leoparden-Kopf in der Lombard- Straße bei Meister Glatt, dem Seidenhändler, (zum Essen) irritiert. Ich bitte Euch, da mein Prozeß eingeleitet und meine Geschichte so offenbar vor aller Welt bekannt ist, so bringt ihn zur Verantwortung! Hundert Mark borgen, wenn man sich selbst kaum zu bergen weiß, das ist viel für eine arme, verlassene Frau; ich habe ausgehalten, und ausgehalten, und ausgehalten, und bin gefoppt, und gefoppt, und gefoppt, von einem Tage zum andern Tage, daß es eine Schande ist, wenn man daran denkt. Das ist kein ehrlicher Handel, wenn eine Frau nicht gar ein Esel sein soll und ein Vieh, jeden Schelmes sein Unrecht zu tragen. –
Da kommt er, und mit ihm der Erzschelm mit der Burgunder-Nase, Bardolph. Tut eure Dienste, tut eure Dienste, Meister Klaue und Meister Schlinge: ihr müßt mich, (und ihr müßt,) und ihr müßt mich bedienen!
Fort, ihr Schlingel! – Zieh', Bardolph! Hau' mir des Schurken seinen Kopf herunter, wirf das Mensch in die Gosse!
Mich in die Gosse werfen? Wart', ich will dich in die Gosse werfen! Das willst du? Das willst du, unehrlicher Schelm? – Mord! Mord! O du bandhüterischer Spitzbube! Willst du Gottes und des Königs seine Beamten umbringen? O du Schelm von Bandhüter! Du bist ein Bandhüter, ein Totschläger und ein Frauenschläger!
Lieben Leute, schafft doch eine Hülfe her, oder ein Paar! – Sieh! Sieh doch! Das willst du? Ich will dich! Nur zu, du Schelm! Nur zu, du Bandhüter!
O mein hochwürdigster Lord, mit Euer Gnaden Erlaubnis, ich bin eine arme Witwe aus Eastcheap, und er wird auf meine Klage verhaftet.
Nichts von Summen, es ist alles zusammen, alles, was ich habe. Er hat mich mit Haus und Hof aufgefressen und mein ganzes Vermögen in seinen fetten Bauch da gesteckt, – aber ich will was davon wieder heraus haben, oder ich will dich des Nachts drücken wie der Alp.
Ich denke, ich könnte eben so gut den Alpdrücken, wenn des Orts Gelegenheit es gibt, daß ich aufkommen kann.
Wie kommt das, Sir John? Pfui, welcher rechtliche Mann möchte einen solchen Sturm von Ausrufungen über sich ergehen lassen? Schämt Ihr Euch nicht, daß Ihr eine arme Witwe zu so harten Mitteln zwingt, an das Ihrige zu kommen?
Mein' Seel', wenn du ein ehrlicher Kerl wärst, dich selbst und das Geld dazu. Du schwurst mir auf einen vergoldeten Becher, in meiner Delphinkammer, an dem runden Tisch, bei einem Steinkohlenfeuer, am Mittwoch in der Pfingstwoche, als dir der Prinz ein Loch in den Kopf schlug, weil du seinen Vater mit einem Kantor von Windsor verglichst: da schwurst du mir, wie ich dir die Wunde auswusch, du wolltest mich heiraten und mich zu deiner Frau Gemahlin machen. Kannst du es leugnen? Kam nicht eben Mutter Unschlitt, des Schlächters Frau, herein und nannte mich Gevatterin Hurtig? Und kam sie nicht, um einen Napf Essig zu borgen, und sagte uns, sie hätte eine gute Schüssel Krabben? [303] Worauf du Appetit kriegtest, welche zu essen, worauf ich dir sagte, sie wären nicht gut bei einer frischen Wunde? Und befahlst du mir nicht an, wie sie die Treppe hinunter war, ich sollte mit so geringen Leuten nicht mehr so familiär tun? Und sagtest, in kurzem sollten sie mich Madam nennen? Und küßtest du mich nicht und hießest mich, die dreißig Schillinge holen? Ich schiebe dir nun den Eid in dein Gewissen: leug'n es, wenn du kannst!
Gnädiger Herr, sie ist eine arme, unkluge Seele, und sie sagt aller Orten in der Stadt, ihr ältester Sohn sehe Euch ähnlich; sie ist im Wohlstande gewesen, und die Wahrheit ist, Armut hat sie verrückt gemacht. Was diese albernen Gerichtsdiener betrifft, so bitte ich Euch, verschafft mir Genugtuung gegen sie!
Sir John, Sir John! Ich bin wohl bekannt mit Eurer Weise, eine gerechte Sache zu verdrehen. Keine zuversichtliche Miene noch ein Haufen Worte, die Ihr mit mehr als unverschämter Frechheit herausstoßt, können mich von einer billigen Erwägung wegtreiben. Ihr habt, wie es mir klar ist, dem nachgiebigen Gemüt dieser Frau zugesetzt und sie dahin gebracht, Euch sowohl mit ihrem Beutel als mit ihrer Person zu dienen.
(Still doch! –) Zahlt ihr die Schuld aus, die sie an Euch zu fodern hat, und nehmt die Schande zurück, die Ihr mit ihr verübt habt: das eine könnt Ihr mit barem Gelde, das andre mit echter Reue.
Gnädiger Herr, ich will diesen Ausputzer nicht ohne Antwort hinnehmen. Ihr nennt edle Kühnheit unverschämte Frechheit; wenn jemand Bücklinge macht und gar nichts sagt, denn ist er tugendhaft. Nein, gnädiger Herr, bei allem untertänigen Respekt vor Euch, will ich Euch nicht den Hof machen. Ich sage Euch, ich verlange Befreiung von diesen Gerichtsdienern, da ich in eiligen Geschäften für den König bin.
Ihr redet wie einer, der Macht hat, Übles zu tun: aber entsprecht Eurem Rufe durch die Tat und befriedigt die arme Frau!
Bei diesem himmlischen Boden, worauf ich trete, ich muß gern mein Silbergeschirr und die Tapeten in meinen Eßzimmern versetzen.
Du hast ja Gläser; es geht nichts über Gläser zum Trinken! Und was deine Wände betrifft, da ist irgend eine artige kleine Schnurre, die Geschichte vom verlornen Sohn oder eine deutsche Jagd in Wasserfarben, mehr wert als tausend solche Bettvorhänge und mottenzerfressene Tapeten. Sieh zu, daß es zehn Pfund ausmacht, wenn du kannst. Komm, komm, wenn nicht deine Launen wären, so gäbe es kein besseres Weib in England. (Geh,) wasch' dein Gesicht und nimm deine Klage zurück! Komm, du mußt keine solche Launen gegen mich annehmen! Kennst du mich denn nicht? Komm, komm, ich weiß, daß du hiezu aufgehetzt bist.
Bitte, Sir John, können es nicht zwanzig Nobel tun? Wahrhaftig, ich tue es nicht gerne, daß ich mein Silberzeug versetze, in allem Ernst.
Gut, Ihr sollt es haben, müßt' ich auch meinen Rock versetzen. Ich hoffe, Ihr kommt zum Abendessen. Wollt Ihr mir alles zusammen bezahlen?
Sir John, Ihr zaudert hier zu lange, da Ihr in den Grafschaften, wie Ihr durchkommt, Soldaten ausheben sollt.
Herr Gower, wenn sie mir nicht gut stehen, so war der ein Narr, der sie mir gelehrt hat. Dies ist der wahre Fechter-Anstand, gnädiger Herr: Tick für Tack, und somit friedlich auseinander!
Zweite Szene
Ist es dahin gekommen? Ich hätte nicht gedacht, daß Müdigkeit sich an einen von so hohem Blut machen dürfte.
Mein' Treu', sie macht sich an mich, ob meine Hoheit gleich erröten muß, es anzuerkennen. Nimmt es sich nicht gemein an mir aus, Verlangen nach Dünnbier zu haben?
Ein Prinz sollte nicht so obenhin studiert haben, daß ihm eine so matte Komposition nur in den Sinn käme.
Vielleicht war dann mein Appetit nicht prinzlich erzeugt, denn fürwahr, jetzt kommt mir nur die arme Kreatur Dünnbier in den Sinn. Aber gewiß, diese demütigen Rücksichten machen mir meine Größe ganz zuwider. Welche Schmach ist es mir, mich deines Namens zu erinnern? Oder dein Gesicht morgen zu kennen? Oder mir zu merken, wie viel Paar seidne Strümpfe du hast, nämlich diese da und die weiland pfirsichblütfarbenen? Oder das Register deiner Hemden zu führen, als: eins zum Überfluß und eins zum Gebrauch? – Aber das weiß der Wirt im Ballhause besser als ich, denn es ist niedrige Ebbe in deiner Wäsche, wenn du dort nicht das Rakett führst. Du hast es nun eine lange Zeit her nicht getan, weil der Rest deiner Niederlande deine holländischen Besitzungen zu verschlingen gesucht hat; und Gott weiß, ob die, welche aus den Trümmern deiner Leinwand herausquäken, sein Reich erben werden. Aber die Hebammen sagen, die Kinder können nicht dafür; die Welt wird dadurch bevölkert, und die Verwandtschaften gewaltig verstärkt.
Wie schlecht paßt sich's, daß Ihr so müßige Reden führt, nachdem Ihr so schwer gearbeitet habt! Sagt mir, wie viel junge Prinzen würden das wohl tun, deren Väter so krank wären, als Eurer gegenwärtig ist?
Gut, ich sage dir also, es schickt sich nicht für mich, traurig zu sein, da mein Vater krank ist; wiewohl ich dir sagen kann: – als einem, den es mir in Ermangelung [307] eines Besseren beliebt Freund zu nennen, – ich könnte traurig sein, und recht im Ernst traurig.
Bei dieser Rechten, du denkst, ich stünde eben so stark in des Teufels Buch als du und Falstaff, wegen Halsstarrigkeit und Verstocktheit. Das Ende wird's ausweisen. Ich sage dir aber, mein Herz blutet innerlich, daß mein Vater so krank ist; und daß ich so schlechten Umgang halte, wie du bist, hat mich mit gutem Grunde aller äußern Bezeugung des Kummers verlustig gemacht.
Das würde jedermanns Gedanke sein, und du bist ein gesegneter Bursch, daß du denkst, wie jedermann denkt: keines Menschen Gedanken auf der Welt halten sich mehr auf der Heerstraße als deine. Wirklich würde jedermann denken, ich sei ein Heuchler. Und was bewegt Eure hochgeehrtesten Gedanken, so zu denken?
Beim Sonnenlicht, von mir spricht man gut, ich kann es mit meinen eignen Ohren hören. Das Schlimmste, was sie von mir sagen können, ist, daß ich ein jüngerer Bruder bin und ein tüchtiger Geselle auf meine eigne Hand, und ich gestehe, diese beiden Dinge kann ich nicht ändern. Ei der Tausend, da kommt Bardolph!
Und der Junge, den ich dem Falstaff gab. Er hat ihn von mir als einen Christen bekommen, und sieh nur, ob der fette Schlingel nicht einen Affen aus ihm gemacht
Komm, du tugendhafter Esel, du verschämter Narr! Mußt du rot werden? Warum wirst du rot? [308] Welch ein jungfräulicher Soldat bist du geworden! Ist es so eine große Sache, die Jungferschaft eines Vier-Nößel-Krugs zu erobern?
Jetzt eben, gnädiger Herr, rief er mich durch ein rotes Gitterfenster, und ich konnte gar nichts von seinem Gesicht vom Fenster unterscheiden; zuletzt wurde ich seine Augen gewahr, und ich dachte, er hätte zwei Löcher in der Bierschenkin ihren neuen Rock gemacht und guckte da durch.
Ei, gnädiger Herr, Althea träumte, sie käme mit einem Feuerbrande nieder, und darum nenne ich ihn ihren Traum.
Oh, daß ich diese schöne Blüte vor dem Wurm bewahren könnte! – Nun, ist da ein Batzen, um dich zu hüten.
Freilich, sein unsterbliches Teil braucht einen Arzt, aber das kümmert ihn nicht; ist das schon krank, so stirbt es doch nicht.
Ich erlaube dem Kropf, so vertraut mit mir zu tun wie mein Hund, und er behauptet seinen Platz: denn seht nur, wie er schreibt!
»John Falstaff, Ritter« – jedermann muß das wissen, so oft er Gelegenheit hat, sich zu nennen. Grade wie die Leute, die mit dem König verwandt sind, denn die stechen sich niemals in den Finger, ohne zu sagen: »Da wird etwas von des Königs Blut vergossen.« – »Wie geht das zu?« sagt einer, der sich heraus nimmt, nicht zu begreifen, und die [309] Antwort ist so geschwind bei der Hand wie eine geborgte Mütze: »Ich bin des Königs armer Vetter, mein Herr.«
»Sir John Falstaff, Ritter, dem Sohne des Königs, der seinem Vater am nächsten, Heinrich, Prinzen von Wales, Gruß.« – Ei, das ist ein Attestat.
»Ich will den ruhmwürdigen Römer in der Kürze nachahmen«: – er meint gewiß, in der Kürze des Atems, – »ich empfehle mich dir, ich empfehle dich, und ich verlasse dich. Sei nicht zu vertraulich mit Poins; er mißbraucht deine Gunst so sehr, daß er schwört, du müssest seine Schwester Lene heiraten. Tu' Buße in müßigen Stunden, wie du kannst, und somit gehab' dich wohl!
Der Deinige bei Ja und Nein (das will sagen, je nachdem du ihm begegnest), Hans Falstaff für meine vertrauten Freunde, John für meine Brüder und Schwestern, und Sir John für ganz Europa.«
Mein Prinz, ich will diesen Brief in Sekt tauchen und ihn zwingen, ihn zu essen.
Das hieße ihn zwingen, seine eignen Worte hinunter zu schlucken. Aber geht Ihr so mit mir um, Eduard? Muß ich Eure Schwester heiraten?
So treiben wir Possen mit der Zeit, und die Geister der Weisen sitzen in den Wolken und spotten unser. – Ist Euer Herr hier in London?
Grade so verwandt wie die Gemeinde-Kühe dem Stadtbullen. – Sollen wir sie beim Abendessen beschleichen, Eduard?
He! Du Bursch, – und Ihr, Bardolph! – sagt eurem Herrn kein Wort, daß ich schon in die Stadt gekommen bin! Da habt ihr was für euer Schweigen!
Wie könnten wir den Falstaff heute abend in seinen wahren Farben sehen, ohne selbst gesehen zu werden?
Von einem Gott zu einem Stier? Eine schwere Herabsetzung! Sie war Jupiters Fall. Aus einem Prinzen in einen Kellerjungen? Eine niedrige Verwandlung! Sie soll die meinige sein, denn in jedem Dinge muß die Absicht mit der Torheit auf die Waagschale gelegt werden. Folge mir, Eduard! Ab.
Dritte Szene
Vierte Szene
Wetter, du hast recht. Der Prinz setzte ihm einmal eine Schüssel mit armen Rittern vor und sagte ihm, da wären noch fünf andre Sir Johns, hierauf nahm er seinen Hut ab und sagte: »Ich empfehle mich diesen sechs altbacknen, kraftlosen, aufgequollnen armen Rittern.« Es ärgerte ihn von ganzer Seele, (aber) das hat er nun vergessen.
Nun, so decke und setz' sie hin; und sieh, ob du Schleichers Bande antreffen kannst: Jungfer Lakenreißer möchte gern ein bißchen Musik haben. Mach' fort! Die Stube, wo sie gegessen haben, ist zu heiß, sie werden gleich kommen.
Hör' du, der Prinz wird bald hier sein und Herr Poins, und sie wollen zwei Wämser und Schürzen von uns antun, und Sir John darf nichts davon wissen; Bardolph hat es bestellt.
Wahrhaftig, Herzchen, mich dünkt, jetzt seid Ihr in einer vortrefflichen Tempramentur; Euer Pülschen schlägt so ungemein, wie man sich's nur wünschen kann, und von Farbe, Ihr könnt mir's glauben, seht Ihr so frisch aus wie eine Rose. Aber wahrhaftig, Ihr habt zu viel Kanariensekt getrunken, und das ist ein verzweifelt durchschlagender Wein: der würzt Euch das Blut, ehe man eine Hand umdreht. – Wie geht's Euch nun?
Wenn der Koch die Fresserei machen hilft, so helft Ihr die Krankheiten machen, Dortchen. Wir kriegen von Euch ab, Dortchen, wir kriegen von Euch ab: gib das zu, liebe Seele, gib das zu!
»Rubinen, Perlen und Karfunkeln,« –
Denn Ihr wißt, wer tapfer dient, kommt hinkend aus dem Felde; der kommt aus der Bresche, seine Pike tapfer eingelegt, und tapfer zum Chirurgus; der geht tapfer auf geladne Feldkatzen los.
Meiner Treu, das ist die alte Weise, ihr beiden kommt niemals zusammen, ohne daß ihr in Zank geratet. Gewiß und wahrhaftig, ihr seid so widerhaarig wie zwei geröstete Semmelscheiben ohne Butter, ihr könnt einer des andern Kommoditäten nicht tragen. Du meine Zeit! Einer muß tragen, und das müßt Ihr sein. Zu Dortchen. Ihr seid das schwächere Gefäß, wie man zu sagen pflegt, das ledige Gefäß.
Kann ein schwaches, lediges Gefäß solch ein ungeheures, volles Oxhoft tragen? Er hat eine ganze Ladung von Bourdeauxschem Zeuge im Leibe, ich habe niemals einen Schiffsraum besser ausgestopft gesehen. – Komm, ich will gut Freund mit dir sein, Hans; du gehst jetzt in den Krieg, und ob ich dich jemals wieder sehen soll oder nicht, da fragt kein Mensch darnach.
An den Galgen mit dem Schelm von Renommisten! laßt ihn nicht hereinkommen: es gibt kein loseres Maul in ganz England.
Wenn er renommiert, so laßt ihn nicht hereinkommen: nein, meiner Seele, ich muß mit meinen Nachbarn leben, ich will keine Renommisten, ich bin in guter Renommee bei den allerbesten Leuten. – Schließt die Tür zu, wir lassen hier keine Renommisten herein, ich habe es nicht so weit in der Welt gebracht, um nun hier renommieren zu lassen; schließt die Tür zu, ich bitte Euch!
Wischewasche, Sir John, sagt mir da nicht von, Euer Renommisten-Fähndrich soll nicht in meine vier Wände kommen. Ich wurde letzthin bei Herrn Zehrung, dem Kommissär, vorgefodert, und wie er mir sagte, – es ist nicht länger her als letzten Mittwoch, – »Nachbarin Hurtig«, sagte er, – Meister Stumm, unser Pfarrer, war auch dabei, – »Nachbarin Hurtig«, sagte er, »nehmt bloß ordentliche Leute auf; denn«, sagte er, »Ihr seid in üblem Rufe« – und ich weiß auch, warum er das sagte, »denn«, sagte er, »Ihr seid eine ehrliche Frau, und man denkt gut von Euch: darum seht Euch vor, was für Gäste Ihr aufnehmt; nehmt keine renommierenden Gesellen auf«, sagte er. – Ich lasse keine herein: Ihr würdet Euch kreuzigen und segnen, wenn[316] Ihr gehört hättet, was er sagte. Nein, ich will keine Renommisten!
Er ist kein Renommist, Wirtin, ein zahmer Locker ist er; er läßt sich so geduldig von Euch streicheln wie ein Windspiel, er renommiert nicht gegen eine Truthenne, wenn sich ihre Federn irgend sträuben, um Widerstand zu drohen. – Ruf' ihn herauf, Küfer!
Locker nennt Ihr ihn? Nun, ich will keinem ehrlichen Mann das Haus verschließen, und keinem lockern auch nicht. Aber das Renommieren mag ich nicht leiden; meiner Treu, mir wird schlimm, wenn einer sagt: Renommist. Fühlt nur an, liebe Herrn, wie ich zittre; seht, ihr könnt mir's glauben!
Tu' ich's nicht? Ja, wahrhaftig tu' ich's, wie ein Espenlaub: ich kann die Renommisten nicht ausstehn.
Willkommen, Fähndrich Pistol! Hier, Pistol, ich lade dich mit einem Glase Sekt, gib du dann der Frau Wirtin die Ladung!
Geht, ich habe nichts mit Euren Pistolen und Kugeln zu schaffen: ich trinke nicht mehr, als mir gut bekömmt, keinem Menschen zu lieb.
Mir die Ladung geben? Ja, kommt mir, Lausekerl! Was, so 'n armer Schelm von Betrüger, der kein heiles Hemd auf dem Leibe hat! Packt Euch, Ihr abgestandener Schuft! fort! Ich bin ein Bissen für Euren Herrn.
Packt Euch, Ihr Schurke von Beutelschneider! Ihr garstiger Taschendieb, fort! Bei dem Wein hier, ich [317] fahre Euch mit meinem Messer zwischen die schimmlichten Kinnbacken, wenn Ihr Euch bei mir mausig machen wollt. Packt Euch, Ihr Bierschlingel! Ihr lahmer Fechtboden-Springer Ihr! – Seit wann, Herr, ich bitte Euch? Ei, zwei Schnüre auf der Schulter! der Tausend!
Nicht weiter, Pistol, ich möchte nicht, daß du hier losgingest. Drücke dich aus unsrer Gesellschaft ab, Pistol!
Hauptmann! Du abscheulicher, verdammter Betrüger, schämst du dich nicht, Hauptmann zu heißen? Wenn Hauptleute so gesinnt wären wie ich, so prügelten sie dich hinaus, weil du ihre Namen annimmst, eh' du sie verdient hast. Ihr ein Hauptmann, Ihr Lump? Wofür? Weil Ihr einer armen Hure in einem Bordell den Kragen zerrissen habt? Er ein Hauptmann? An den Galgen mit ihm! Er lebt von verschimmelten, gesottnen Pflaumen und altbacknem Kuchen. Ein Hauptmann! Solche Spitzbuben werden das Wort Hauptmann noch ganz verhaßt machen, drum sollten Hauptleute ein Einsehn tun.
Ich nicht. Ich will dir was sagen, Korporal Bardolph: – ich könnte sie zerreißen, – ich will gerochen sein.
Sie sei verdammt erst, – zu Plutos grausem See, zur höll'schen Tiefe, mit Erebus und schnöden Qualen auch. Halt' Lein' und Angel, sag' ich. Fort, Hunde! Fort, Gesindel! Ist nicht Irene hier?
Lieber Hauptmann Pesel, seid ruhig! Es ist wahrhaftig schon sehr spät: ich bitte Euch, forciert Euren Zorn!
Schleudre ihn hinunter, Bardolph, wie einen Peilkenstein! Wenn er nichts tut, als Nichts sprechen, so soll er hier auch nichts vorstellen.
Das ist mir ein herrlicher Lärm! Ich will das Wirtschafthalten abschwören, lieber als daß ich so einen Schreck und Terrör haben will. Nu, das gibt Mord, glaubt mir's! – Ach je! Ach je! Steckt eure bloßen Gewehre ein! Steckt eure bloßen Gewehre ein!
Seid Ihr nicht in der Weiche verwundet? Mich dünkt, er tat einen gefährlichen Stoß nach Eurem Bauche.
Ach, du allerliebster kleiner Schelm du! Ach, armer Affe, wie du schwitzest! Komm, laß mich dein Gesicht abwischen, – komm doch her, du närrische Schnauze! – Ach, Schelm! Mein' Seel', ich liebe dich. Du bist so tapfer wie der trojanische Hektor, fünf Agamemnons wert, und zehn Mal besser als die neun Helden. – Ein Spitzbube!
Laß sie spielen! – Spielt, Leute! – Dortchen, setz' dich auf meinen Schoß! Ein elender Großprahler! Der Schurke lief vor mir davon wie Quecksilber.
Wahrhaftig, und du warst wie ein Kirchturm hinter ihm drein. Du verwettertes, kleines, zuckergebacknes Weihnachts-Schweinchen, wenn wirst du das Fechten bei [320] Tage und das Raufen bei Nacht lassen und anfangen, deinen alten Leib für den Himmel zurecht zu flicken?
Ein guter, einfältiger junger Mensch. Er hätte einen guten Brotmeister abgegeben, er würde das Brot gut vorschneiden.
Der einen feinen Witz? Zum Henker mit dem Maulaffen! Sein Witz ist so dick wie Senf von Tewksbury, er hat nicht mehr Verstand als ein Hammer.
Weil der eine so dünne Beine hat wie der andre, und weil er gut Peilke spielt, und ißt Meeraal und Fenchel, und schluckt brennende Kerzen-Endchen im Wein hinunter, und trägt sich Huckepack mit den Jungen, und springt über Schemel, und flucht mit gutem Anstande, und trägt seine Stiefeln glatt an, wie an einem ausgehängten Bein auf einem Schilde, und stiftet keinen Zank durch Ausplaudern von feinen Geschichten, und mehr dergleichen Springergaben hat er, die einen schwachen Geist und einen geschickten Körper beweisen, weswegen ihn der Prinz um sich leidet; denn der Prinz ist selbst eben so ein Gesell: das Gewicht eines Haars wird zwischen ihnen der einen Schale den Ausschlag geben.
Seht nur, flüstert nicht auch sein Kerl, der feurige Triangel, mit dem alten Register seines Herrn, seiner Schreibtafel, seinem Denkbuche?
Aus was für Zeug willst du eine Schürze haben? Auf den Donnerstag kriege ich Geld, du sollst morgen eine Mütze haben. Komm, ein lustiges Lied! Es wird spät, wir wollen zu Bett. Wenn ich weg bin, wirst du mich vergessen.
Meiner Treu, du wirst mich zum Weinen bringen, wenn du das sagst; sieh zu, ob ich mich jemals hübsch kleide, bis du wieder zurück bist. Nun warte das Ende ab!
Oh, der Herr erhalte Eure wackre Gnaden! Meiner Treu, willkommen in London! – Nun, der Herr segne dies dein holdes Angesicht! O Jesus, seid Ihr aus Wales zurückgekommen?
Du verwettertes, tolles Stück Majestät, bei diesem leichtfertigen Fleisch und verderbten Blut, du bist willkommen!
Gnädiger Herr, er wird Euch aus Eurer Rache heraustreiben und alles in einen Spaß verwandeln, wenn Ihr ihm nicht in der ersten Hitze zusetzt.
Du verfluchte Talggrube, wie niederträchtig sprachst du nicht jetzt eben von mir vor diesem ehrbaren, tugendhaften, artigen Frauenzimmer?
Ja, und Ihr kanntet mich wie damals, da Ihr bei Gadshill davonlieft; Ihr wußtet, daß ich hinter Euch stand, und tatet es mit Fleiß, um meine Geduld auf die Probe zu stellen.
So müßt Ihr mir die vorsätzliche Beschimpfung eingestehn, und dann weiß ich, wie ich Euch handhaben soll.
Nicht? Mich herunter zu machen und mich Brotmeister und Brotschneider und ich weiß nicht was zu nennen!
Nein, Eduard, keine Beschimpfung auf der Welt; nicht die geringste, mein ehrlicher Eduard! Ich machte ihn herunter vor den Gottlosen, damit die Gottlosen sich nicht in ihn verlieben möchten; darin habe ich die Pflicht eines besorgten Freundes und eines redlichen Untertans ausgeübt, und dein Vater hat mir dafür zu danken. Keine Beschimpfung, Heinz! nicht die geringste, Eduard! – Nein, Kinder, nicht die geringste!
Nun sieh einmal, bringt dich nicht bloße Furcht und ausgemachte Feigheit dahin, diesem tugendhaften Frauenzimmer zu nahe zu tun, um dich mit uns auszusöhnen? Ist sie von den Gottlosen? Ist unsre Frau Wirtin da von den Gottlosen? Oder ist der Bursch von den Gottlosen? [323] Oder der ehrliche Bardolph, dessen Andacht in seiner Nase brennt, von den Gottlosen?
Den Bardolph hat der böse Feind ohne Rettung gezeichnet, und sein Gesicht ist Luzifers Leibküche, wo er nichts tut als Malzwürmer rösten. Was den Knaben betrifft, so ist ein guter Engel um ihn, aber der Teufel überbietet ihn auch.
Die eine von ihnen, – die ist schon in der Hölle und brennt, die arme Seele! Was die andre betrifft, – ich bin ihr Geld schuldig, und ob sie dafür verdammt ist, weiß ich nicht.
Ja, ich denke es auch nicht; ich denke, dessen bist du quitt. (Ey,) es gibt aber noch eine andre Klage wider dich, daß du gegen die Verordnung in deinem Hause Fleisch essen lässest; dafür wirst du, denke ich, noch einmal heulen.
Bezahl' die Musikanten, Bursch! – Leb wohl, Wirtin, – leb wohl, Dortchen! – Ihr seht, meine guten Weibsbilder, wie Männer von Verdienst gesucht werden: der Unverdiente kann schlafen, während der tüchtige Mann aufgerufen wird. Lebt wohl, meine guten Weibsbilder! – Wenn ich nicht schleunig weggesandt werde, so will ich Euch noch wieder besuchen, eh' ich gehe.
Ich kann nicht sprechen, – wenn mir das Herz nicht brechen will. – Nun, herzliebster Hans, trage Sorge für dich selbst!
Nun, so lebe wohl! Neunundzwanzig Jahre sind's nun, daß ich dich gekannt habe, wenn die grünen Erbsen wieder kommen; aber einen ehrlicheren Mann und ein treueres Gemüt, – Nun, so lebe wohl!
Dritter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Bei Ja und Nein, Herr, ich will drauf wetten, mein Vetter Wilhelm ist ein guter Lateiner geworden. Er ist noch zu Oxford, nicht wahr?
Da muß er bald in die Rechtshöfe. Ich war auch einmal in Clemens-Hof, wo sie, denke ich, noch von dem tollen Schaal sprechen werden.
Beim Element, ich hieß, wie man wollte, und ich hätte auch getan, was man wollte, ja, wahrhaftig, und das frisch weg. Da war ich, und der kleine Johann Deut aus Staffordshire, und der schwarze Georg Kahl, und Franz Nagebein, und Wilhelm Quaake, einer aus Cotswold, – es gab seitdem keine vier solche Haudegen in allen den Rechtshöfen zusammen, und ich kann's Euch wohl sagen, wir wußten, wo lose Ware zu haben war, und hatten immer die beste zu unserm Befehl. Damals war Hans Falstaff, jetzt Sir John, ein junger Bursch und Page bei Thomas Mowbray, Herzog von Norfolk.
Derselbe Sir John, eben derselbe. Ich habe ihn am Tor des Kollegiums dem Skogan ein Loch in den Kopf schlagen sehn, da er ein Knirps, nicht so hoch, war; grade denselben Tag schlug ich mich mit einem gewissen Simson Stockfisch, einem Obsthändler, hinter Grays Hof. O die tollen Tage, die ich hingebracht habe! Und wenn ich nun sehe, daß so viele von meinen alten Bekannten tot sind!
Gewiß, ja, das ist gewiß. Sehr sicher! Sehr sicher! Der Tod, wie der Psalmist sagt, ist allen gewiß, alle müssen sterben. Was gilt ein gutes Paar Ochsen auf dem Markt zu Stamford?
Tot? – Sieh! Sieh! – Er führte seinen guten Bogen – und ist tot! – Er schoß seinen tüchtigen Schuß; Johann von Gaunt hatte ihn gern und wettete viel Geld auf seinen Kopf. Tot! – Auf zweihundertundvierzig Schritt traf er ins Weiße und trieb Euch einen leichten Bolzen auf zweihundertundachtzig, auch neunzig Schritt, daß einem das Herz im Leibe lachen mußte. – Wieviel gilt die Mandel Schafe jetzt?
Ich bin Robert Schaal, Herr: ein armer Gutsbesitzer aus der Grafschaft und einer von des Königs Friedensrichtern. Was steht zu Eurem Befehl?
Mein Hauptmann, Herr, empfiehlt sich Euch; mein Hauptmann, Sir John Falstaff: ein tüchtiger Kavalier, beim Himmel, und ein sehr beherzter Anführer.
Ich danke für seinen Gruß. Ich habe ihn als einen sehr guten Fechter gekannt. Was macht der gute Ritter? Darf ich fragen, was seine Frau Gemahlin macht?
Es ist gut gesagt, meiner Treu, Herr; in der Tat, recht gut gesagt. Besser akkommodiert! Es ist gut, ja, in allem Ernst: gute Phrasen sind und waren von jeher sehr zu rekommandieren. Akkommodiert! – Es kommt von accommodo her, sehr gut! eine gute Phrase!
Verzeiht mir, Herr, ich habe das Wort so gehört. Phrase nennt Ihr es? Beim Element, die Phrase kenne ich nicht, aber das Wort will ich mit meinem Degen behaupten: daß es ein soldatenmäßiges Wort ist, und womit man erstaunlich viel ausrichten kann. Akkommodiert: das heißt, wenn ein Mensch, wie sie sagen, abkommodiert ist; oder wenn ein Mensch das ist – was maßen, – wodurch man ihn für akkommodiert halten kann, was eine herrliche Sache ist.
Sehr gut! – Seht, da kommt der gute Sir John – gebt mir Eure liebe Hand, gebt mir Euer Edeln liebe Hand! Auf mein Wort, Ihr seht wohl aus und tragt Eure Jahre sehr wohl. Willkommen, bester Sir John!
Daß dich, das ist heiße Witterung. – Meine Herren, habt ihr mir ein halb Dutzend tüchtige Leute geschafft?
Wo ist die Liste? Wo ist die Liste? Wo ist die Liste? – Laßt sehn! Laßt sehn! Laßt sehn! So, so, so, so, – ja, was wollt' ich sagen, Herr: – Rolf Schimmelig, – daß sie vortreten, wie ich sie aufrufe; daß sie mir's ja tun, daß sie mir's ja tun! – Laßt sehn! Wo ist Schimmelig?
Ha ha ha! Ganz vortrefflich, wahrhaftig! Dinge, die schimmelig sind, müssen gebraucht werden. Ganz ungemein gut! – Wahrhaftig, gut gesagt, Sir John, sehr gut!
Damit macht Ihr mir einen Strich durch die Rechnung, Ihr hättet mich können gehen lassen. Meine alte Hausfrau hat nun niemand in der Gotteswelt, der ihre Wirtschaft und ihre Plackerei verrichtet. Ihr hättet mich nicht anzustreichen brauchen; es gibt andre, die geschickter sind zu marschieren als ich.
Ruhig, Kerl, ruhig! Tretet beiseit! Wißt Ihr auch, wo Ihr seid? – Nun zu den andern, Sir John! Laßt sehn: Simon Schatte.
Deiner Mutter Sohn! Das mag wohl sein: und deines Vaters Schatte; auf die Art ist der Sohn des Weibes der Schatte des Mannes; es ist so oft so, in der Tat, aber nicht viel von des Vaters Kraft.
Schatte ist gut auf den Sommer, – streicht ihn an, denn wir haben eine Menge von Schatten, um die Musterrolle anzufüllen.
Es wäre überflüssig: sein Bündel ist ihm auf den Rücken gebaut, und die Beine, worauf die ganze Figur steht, sind selbst nur ein Paar Striche; also keinen Strich weiter!
Das tut nur; wenn er aber ein Mannsschneider wäre, so könnte er Euch einen Strich anfügen. – Willst du so viel Löcher in die feindliche Schlachtordnung bohren, als du in einen Weiberrock gemacht hast?
Wohlgesprochen, guter Frauenschneider! Wohlgesprochen, beherzter Schwächlich! Du wirst so tapfer sein [333] wie die ergrimmte Taube oder allergroßmütigste Maus. – Gebt dem Frauenschneider einen guten Strich, Herr Schaal; tüchtig, Herr Schaal!
Ich wollte, du wärst ein Mannsschneider, damit du ihn könntest flicken und geschickt machen, mitzugehn. Ich kann den nicht zum gemeinen Soldaten machen, der der Anführer von so vielen Tausenden ist. Laß dir das genügen, allergewaltigster Schwächlich!
Einen verfluchten Schnupfen, Herr; einen Husten, Herr; ich habe ihn vom Glockenläuten in des Königs Geschäften gekriegt, an seinem Krönungstage, Herr.
Komm nur, du sollst in einem Schlafrock zu Felde ziehn, wir wollen deinen Schnupfen vertreiben, und ich will es so einrichten, daß deine Freunde für dich läuten sollen. – Sind das alle?
Es sind schon zwei über die Zahl aufgerufen, Ihr bekommt hier nur viere, Herr; und somit bitte ich Euch, bleibt bei mir zum Essen!
Wohlan, ich will mit Euch eins trinken, aber die Mahlzeit kann ich nicht abwarten. Ich bin erfreut, Euch zu sehn, auf mein Wort, Herr Schaal.
O Sir John, erinnert Ihr Euch noch, wie wir die ganze Nacht in der Windmühle auf St. Georgenfeld zubrachten?
Weiß der Himmel, ich konnte sie bis aufs Blut ärgern. Sie war damals lose Ware. Hält sie sich noch gut?
Freilich, sie muß alt sein, sie kann nicht anders als alt sein; alt ist sie ganz gewiß: sie hatte schon den Ruprecht Nachtrüstig vom alten Nachtrüstig, eher ich nach Clemens-Hof kam.
Ach, Vetter Stille, wenn du das gesehen hättest, was dieser Ritter und ich gesehen haben! He, Sir John, hab' ich recht?
Ja, das haben wir, das haben wir, das haben wir; meiner Treu, Sir John, das haben wir! Unsre Parole war: »He, Bursche!« Kommt, laßt uns zu Tisch gehn, laßt uns zu Tisch gehn! O über die Tage, die wir gesehn haben! Kommt, kommt!
Lieber Herr Korperad Bardolph, legt ein gut Wort für mich ein, und hier sind auch vier Zehnschillingsstücke in französischen Kronen für Euch. In rechtem Ernst, Herr, ich ließe mich eben so gern hängen, als daß ich mitgehe; zwar für meine Person frag' ich nichts darnach, sondern vielmehr, weil ich keine Lust habe, und für meine Person ein Verlangen trage, bei meinen Freunden zu bleiben; sonst, Herr, wollte ich für meine Person nicht so viel darnach fragen.
Und lieber Herr Korporal Kapitän, meiner alten Hausfrauen wegen, legt ein gut Wort für mich ein! Sie hat niemanden, der ihr was verrichten kann, wenn ich weg bin, [335] denn sie ist alt und kann sich selbst nicht helfen; Ihr sollt auch vierzig Schillinge haben, Herr.
Meiner Treu, ich frage nichts darnach: ein Mensch kann nur einmal sterben, wir sind Gott einen Tod schuldig, ich will mich nicht schlecht halten, – ist es mein Schicksal, gut; wo nicht, auch gut; kein Mensch ist zu gut, seinem Fürsten zu dienen, und es mag gehn, wie es will, wer dies Jahr stirbt, ist für das nächste quitt.
Schimmelig und Bullenkalb! Ihr, Schimmelig, bleibt zu Hause, bis Ihr nicht mehr zum Dienste taugt; – und was Euch betrifft, Bullenkalb, wachst heran, bis Ihr tüchtig seid: ich mag euch nicht.
Sir John, Sir John, Ihr tut Euch selber Schaden: es sind Eure ansehnlichsten Leute, und ich möchte Euch mit den besten aufwarten.
Wollt Ihr mich meine Leute auswählen lehren, Herr Schaal? Frage ich nach den Gliedmaßen, dem Fleisch, der Statur, dem großen und starken Ansehn eines Menschen? Auf den Geist kommt es an, Herr Schaal. Da habt Ihr Warze, – Ihr seht, was es für eine ruppige Figur ist: der ladet und schießt Euch so flink, wie ein Zinngießer hämmert: läuft auf und ab, geschwinder wie einer, der des Brauers Eimer am Schwengel trägt. Und der Gesell da mit dem Halbgesicht, Schatte, – gebt mir den Menschen! Er gibt dem [336] Feinde keine Fläche zum Treffen; der Feind kann eben so gut auf die Schneide eines Federmessers zielen; und geht's zum Rückzuge: – wie geschwind wird dieser Schwächlich, der Frauenschneider, davon laufen! O gebt mir die unansehnlichen Leute, so will ich die großen gar nicht ansehn. – Gib dem Warze eine Muskete in die Hand, Bardolph!
Komm her, handhabe mir einmal deine Muskete! So – recht gut! – Nur zu! – Sehr gut, außerordentlich gut! Oh, ich lobe mir so einen kleinen, magern, alten, gestutzten, kahlen Schützen! – Brav, Warze, meiner Treu! Du bist ein guter Schelm; nimm, da hast du einen Sechser.
Er ist noch nicht Meister im Handwerk, er versteht es nicht recht. Ich erinnre mich, als ich in Clemens-Hof war, auf der Mile-end-Wiese, – ich war damals Sir Dagonet in dem Spiel vom Arthur –, da war ein kleiner flinker Kerl, der regierte auch sein Gewehr so; und dann drehte er sich um und um, und dann kam er da, und dann kam er da; »piff! paff!« sagte er; »bautz!« sagte er; und dann ging er wieder weg, und dann kam er wieder her, – in meinem Leben sah ich so 'nen Kerl nicht wieder.
Diese Leute sind schon zu gebrauchen, Herr Schaal. Gott erhalte Euch, Herr Stille! Ich will nicht viel Worte mit Euch machen. – Lebt beide wohl, ihr Herren! ich danke euch, ich muß heute abend noch zwölf Meilen machen. – Bardolph, gib den Soldaten Röcke!
Sir John, der Himmel segne Euch und gebe Euren Sachen guten Fortgang und sende uns Frieden! Wenn Ihr zurück kommt, besucht mein Haus, laßt uns die alte Bekanntschaft erneuern: vielleicht gehe ich mit Euch an den Hof.
[337] Wenn ich zurück komme, will ich diese Friedensrichter herumholen; den Friedensrichter Schaal habe ich schon ausgekostet. Lieber Gott, was wir alten Leute dem Laster des Lügens ergeben sind! Dieser schmächtige Friedensrichter hat mir in einem fort von der Wildheit seiner Jugend vorgeschwatzt und von den Taten, die er in Turnbullstraße ausgeführt hat; und ums dritte Wort eine Lüge, dem Zuhörer richtiger ausgezahlt als der Tribut dem Großtürken. Ich erinnere mich seiner in Clemens-Hof, da war er wie ein Männchen, nach dem Essen aus einer Käserinde verfertigt; wenn er nackt war, sah er natürlich aus wie ein gespaltner Rettich, an dem man ein lächerliches Gesicht mit einem Messer geschnitzt hat; er war so schmächtig, daß ein stumpfes Gesicht gar keine Breite und Dicke an ihm wahrnehmen konnte. Der wahre Genius des Hungers, dabei so geil wie ein Affe, und die Huren nannten ihn Alräunchen; er war immer im Nachtrabe der Mode und sang schmierigen Weibsbildern die Melodien vor, die er von Fuhrleuten hatte pfeifen hören, und schwor darauf: es wären seine eigne Einfälle oder Ständchen. Und nun ist diese Narrenpritsche ein Gutsbesitzer geworden und spricht so vertraulich von Johann von Gaunt, als wenn er sein Duzbruder gewesen wäre, und ich will darauf schwören, er hat ihn nur ein einziges Mal gesehen, im Turnierplatz: und da schlug er ihm ein Loch in den Kopf, weil er sich zwischen des Marschalls Leute drängte. Ich sah es und sagte zu Johann von Gaunt: sein Stock prügelte einen andern. Denn man hätte ihn und seine ganze Bescherung in eine Aalhaut packen können; ein Hoboen-Futteral war eine Behausung für ihn, ein Hof! Und nun hat er Vieh und Ländereien. Gut, ich will mich mit ihm bekannt machen, wenn ich zurück komme, und es müßte schlimm zugehen, wenn ich nicht einen doppelten Stein der Weisen aus ihm mache. Wenn der junge Gründling ein Köder für den alten Hecht ist, so sehe ich nach dem Naturrecht keinen Grund, warum ich nicht nach ihm schnappen sollte. Kommt Zeit, kommt Rat, und damit gut.
Vierter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Dritte Szene
Nun gut, Colevile ist Euer Name, ein Ritter ist Euer Rang, und Euer Ort das Tal; Colevile soll auch ferner Euer Name sein, ein Verräter Euer Rang, und der Kerker Euer Wohnort, – ein Ort, der tief genug liegt: so werdet Ihr immer noch Colevile vom Tal sein.
Ein eben so wackrer Herr als er, Herr, wer ich auch sein mag. Ergebt Ihr Euch, Herr, oder muß ich Euretwegen schwitzen? Wenn ich schwitze, so werden es die Tropfen deiner Freunde sein, die um deinen Tod weinen: deswegen erwecke Furcht und Zittern in dir und huldige meiner Gnade!
Ich habe eine ganze Schule von Zungen in diesem meinem Bauch, und keine einzige von allen spricht ein ander Wort als meinen Namen. Hätte ich nur einen einigermaßen leidlichen Bauch, so wäre ich schlechtweg der rüstigste Kerl in Europa: mein Wanst, mein Wanst, mein Wanst ruiniert mich! – Da kommt unser General.
Es sollte mir leid tun, gnädiger Herr, wenn das nicht geschähe: ich wußte es nie anders, als daß Tadel und Vorwürfe der Lohn der Tapferkeit waren. Haltet Ihr mich für eine Schwalbe, einen Pfeil oder eine Kanonenkugel? Habe ich bei meinem kümmerlichen und alten Fortkommen die Schnelligkeit des Gedankens? Mit dem alleräußersten Zollbreit der Möglichkeit bin ich hieher geeilt, ich habe hundertundachtzig und etliche Postpferde zu schanden geritten, und hier, erschöpft vom Reisen, wie ich bin, habe ich in meiner reinen und unbefleckten Tapferkeit Sir John Colevile vom Tal zum Gefangnen gemacht, einen wütenden Ritter und tapfern Feind. Doch was will das sagen? Er sah mich und ergab sich, so daß ich mit Recht wie der krummnasige Kerl von Rom sagen kann: ich kam, sah und siegte.
Ich weiß nicht: hier ist er, und hier überliefere ich ihn; und ich ersuche Euer Gnaden, laßt es mit den übrigen Taten des heutigen Tages aufzeichnen, oder bei Gott, ich will mir sonst eine besondere Ballade darauf schaffen, mit meinem eignen Bildnis oben darüber, dem Colevile die Füße küssen soll. Wenn ich zu dieser Maßregel genötigt werde, und ihr nehmt euch nicht alle wie vergoldete Zweihellerstücke gegen mich aus, und ich überscheine euch nicht am lichten Himmel des Ruhms, so sehr wie der Vollmond die glimmernden Funken des Firmaments, die sich wie Nadelknöpfe gegen ihn ausnehmen, so glaubt keinem Edelmann mehr auf sein Wort! Darum gebt mir mein Recht, und das Verdienst steige!
So laßt es irgend was tun, gnädigster Herr, was zu meinem Besten gereicht, und nennt es, wie Ihr wollt!
Ich weiß nicht, um welchen Preis sie sich verkauft haben, aber du hast dich wie ein guter Mensch umsonst weggegeben, und ich danke dir für dich.
Gnädiger Herr, erlaubt mir, durch Glostershire zu gehen, und wenn Ihr an den Hof kommt, so seid doch mein gewogner Herr mit einem günstigen Bericht!
Ich wollte, Ihr hättet nur den Witz dazu, das wäre besser als Euer Herzogtum. – Meiner Treu, dieser junge [352] Knabe von nüchternem Geblüt liebt mich nicht, auch kann ihn kein Mensch zum Lachen bringen, aber das ist kein Wunder, er trinkt keinen Wein. Es wird niemals aus diesen bedächtigen Burschen etwas Rechtes, denn das dünne Getränk und die vielen Fisch-Mahlzeiten kühlen ihr Blut so übermäßig, daß sie in eine Art von männlicher Bleichsucht verfallen, und wenn sie dann heiraten, zeugen sie nichts wie Dirnen; sie sind gemeiniglich Narren und feige Memmen, – was einige von uns auch sein würden, wenn's nicht die Erhitzung täte. Ein guter spanischer Sekt hat eine zwiefache Wirkung an sich. Er steigt euch in das Gehirn, zerteilt da alle die albernen, (dummen) und rohen Dünste, die es umgeben, macht es sinnig, schnell und erfinderisch, voll von behenden, feurigen und ergötzlichen Bildern; wenn diese dann der Stimme, der Zunge überliefert werden, was ihre Geburt ist, so wird vortrefflicher Witz daraus. Die zweite Eigenschaft unsers vortrefflichen Sekts ist die Erwärmung des Bluts, welches, zuvor kalt und ohne Bewegung, die Leber weiß und bleich läßt, was das Kennzeichen der Kleinmütigkeit und Feigheit ist: aber der Sekt erwärmt es und bringt es von den innern bis zu den äußersten Teilen in Umlauf. Er erleuchtet das Antlitz, welches wie ein Wachfeuer das ganze kleine Königreich, Mensch genannt, zu den Waffen ruft, und dann stellen sich alle die Insassen des Leibes und die kleinen Lebensgeister aus den Provinzen ihrem Hauptmann, dem Herzen, welches, durch dies Gefolge groß und aufgeschwellt, jegliche Tat des Mutes verrichtet. Und diese Tapferkeit kommt vom Sekt, so daß Geschicklichkeit in den Waffen nichts ist ohne Sekt: denn der setzt sie in Tätigkeit; und Gelahrtheit ist ein bloßer Haufe Goldes, von einem Teufel verwahrt, bis Sekt sie promoviert und in Gang und Gebrauch setzt. Daher kommt es, daß Prinz Heinrich tapfer ist; denn das kalte Blut, das er natürlicher Weise von seinem Vater erben mußte, hat er wie magres, unfruchtbares und dürres Land gedüngt, gepflügt und beackert, mit ungemeiner Bemühung wackren Trinkens und gutem Vorrat von fruchtbarem Sekt, so daß er sehr hitzig und tapfer geworden ist. Wenn ich tausend Söhne hätte, der erste menschliche Grundsatz, [353] den ich ihnen lehren wollte, sollte sein, dünnes Getränk abzuschwören und sich dem Sekt zu ergeben.
Laß sie gehn! Ich will durch Glostershire, und da will ich Herrn Robert Schaal, Esquire, besuchen; er wird mir schon weich zwischen dem Finger und Daumen, und bald will ich mit ihm siegeln. Komm mit!
Vierte Szene
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Ich will Euch nicht entschuldigen; Ihr sollt nicht entschuldigt sein; Entschuldigungen sollen nicht zugelassen werden; keine Entschuldigung soll was gelten; Ihr sollt nicht entschuldigt sein. – Nun, David!
David, David, David, – laß mich sehn, David, laß mich sehn, – ja, wahrhaftig: Wilhelm der Koch, den heiß' mir herkommen! – Sir John, Ihr sollt nicht entschuldigt sein.
Ja, Herr, das war's: Die Verhaftsbefehle hier sind nicht anzubringen; und dann, Herr: – sollen wir das Querland mit Weizen besäen?
Ferner, Herr, wir müssen durchaus eine neue Kette an dem Eimer haben; – und, Herr, denkt Ihr dem Wilhelm [366] was von seinem Lohne zurückzuhalten wegen des Sacks, den er letzthin auf dem Markte zu Hinkley verloren hat?
Er muß ihn ersetzen. – Einige Tauben, David, ein paar kurzbeinige Hennen, eine Schöpskeule und sonst ein allerliebstes kleines Allerlei: sag das Wilhelm dem Koch!
Ja, David, ich will ihm gut begegnen: ein Freund am Hofe ist besser als ein Pfennig im Beutel. Begegne seinen Leuten gut, David, denn es sind ausgemachte Schelme und schwärzen einen hinter dem Rücken an.
Nicht ärger, als sie selbst hinter dem Rücken angeschwärzt sind, Herr, denn sie haben erschrecklich schmutzige Wäsche an.
Gegen den Visor kommen viele Klagen ein, David; der Visor ist ein ausgemachter Schelm, soviel ich weiß.
Ich gestehe Euer Edlen zu, daß er ein Schelm ist, Herr; aber da sei Gott vor, Herr, daß ein Schelm nicht auf die Fürsprache eines Freundes einige Unterstützung finden sollte. Ein ehrlicher Mann, Herr, kann für sich selbst sprechen, wenn ein Schelm es nicht kann. Ich habe Euer Edlen treulich seit acht Jahren gedient, Herr; und wenn ich nicht ein oder ein paar Mal in einem Vierteljahr einem Schelm gegen einen ehrlichen Mann durchhelfen kann, so habe ich auch gar zu wenig Kredit bei Euer Edlen. Der Schelm ist mein ehrlicher Freund, Herr, darum bitte ich Euer Edlen, laßt ihm Unterstützung angedeihen!
Ich danke dir von ganzem Herzen, mein lieber Meister Bardolph; – Zu dem Pagen. und willkommen, mein starker Mann! Kommt, Sir John! Schaal ab.
Wenn ich in Portionen gesägt würde, so könnte man vier Dutzend solcher bärtigen Klausnerstöcke aus mir machen, wie Meister Schaal. Es ist ein wunderliches Ding, den gegenseitigen Zusammenhang zwischen dem Geist seiner Leute und dem seinigen zu sehn: sie, indem sie ihn beobachten, betragen sich wie alberne Friedensrichter; er wird durch den Umgang mit ihnen in einen friedensrichterlichen Bedienten verwandelt; ihr Wesen ist durch den geselligen Verkehr so miteinander vermählt, daß sie sich immer einträchtig zusammenhalten wie ein Haufen wilder Gänse. Hätte ich ein Gesuch bei Meister Schaal, so wollte ich seine Leute damit guter Laune machen, daß ich ihnen Ähnlichkeit mit ihrem Herrn zuschriebe; bei seinen Leuten, so wollte ich Meister Schaal damit kitzeln, daß niemand seinen Bedienten besser zu befehlen wisse. Es ist gewiß, sowohl weises Betragen als einfältige Aufführung nimmt einer vom andern an, wie Krankheiten anstecken: deswegen mag sich jeder mit seiner Gesellschaft vorsehen. Ich will aus diesem Schaal Stoff genug ziehn, um Prinz Heinrich in beständigem Gelächter zu erhalten, sechs neue Moden hindurch, was so lange dauert als vier Gerichtstermine, oder zwei Schuldklagen, und er soll ohne Intervallum lachen. Oh, es ist viel, daß eine Lüge mit einem leichten Schwur und ein Spaß mit einer gerunzelten Stirn bei einem Burschen, der niemals Schulternweh gefühlt hat, ihrer Sachen gewiß sind! Oh, ihr sollt ihn lachen sehn, bis sein Gesicht aussieht wie ein nasser, schlecht zusammengefalteter Mantel.
Zweite Szene
Dritte Szene
Nein, Ihr müßt meinen Baumgarten sehn, da wollen wir uns in eine Laube setzen und einen Pippin vom vorigen Jahre essen, den ich selbst gepfropft habe, nebst einem Teller Konfekt und so weiter; – nun kommt, Vetter Stille, und dann zu Bett!
Mager, mager, mager! Allesamt Bettler, allesamt Bettler, Sir John! – Ei nun, die Luft ist gut. – Decke, David; decke, David; das machst du gut, David.
Ein guter Bursch, ein guter Bursch, ein sehr guter Bursch, Sir John. – Beim Sakrament, ich habe beim Essen zu viel getrunken; – ein guter Bursch! Nun setzt Euch nieder, setzt Euch nieder! Kommt, Vetter!
Das ist mir ein fröhliches Herz! – Lieber Herr Stille, dafür will ich sogleich Eure Gesundheit trinken.
Schönster Herr, setzt Euch; er setzt Bardolph und dem Pagen Stühle an einen anderen Tisch ich bin gleich wieder bei Euch, – schönster Herr, setzt Euch! – Herr Page, lieber Herr Page, setzt Euch; prosit! Was Euch an Essen abgeht, wollen wir mit Trinken ersetzen. Aber Ihr müßt vorlieb nehmen: der gute Wille ist die Hauptsache.Ab.
Ehrlicher Bardolph, willkommen! Wenn dir irgend was fehlt und du foderst nicht, so mach' es mit dir selber aus! – Zu dem Pagen. Willkommen, mein allerliebster kleiner Schelm! Ja wahrhaftig, recht sehr willkommen! – Ich will zu Ehren Meister Bardolphs trinken und aller Kavaliere in London.
Ich danke dir. Der Schelm wird sich an dich halten, das kann ich dir versichern; der wankt und weicht nicht, es ist ein treues Blut.
Der schlimme nicht, der keinem bläst zum Heil. – Herzens-Ritter, du bist nun einer der größten Leute im Königreich.
Verzeiht mir, Herr, wenn Ihr mit Neuigkeiten vom Hofe kommt, so gibt es meines Bedünkens nur zwei Wege: entweder Ihr bringt sie vor, oder Ihr behaltet sie bei Euch. Ich stehe unter dem Könige, Herr, in einiger Autorität.
Fort, Bardolph, sattle mein Pferd! – Herr Robert Schaal, wähle dir, welches Amt im Lande du willst, es ist dein. – Pistol, ich will dich doppelt mit Würden laden.
Bringt Herrn Stille zu Bett! – Herr Schaal, Mylord Schaal, sei, was du willst, ich bin des Glückes Haushofmeister. Zieh' deine Stiefeln an, wir wollen die Nacht durch reiten. – O allerliebster Pistol! – Fort, Bardolph!
Komm, Pistol, erzähl' mir noch mehr und denke zugleich auf etwas, das du gern hättest! – Stiefeln, Stiefeln, Herr Schaal! Ich weiß, der junge König ist krank vor Sehnsucht nach mir. Laßt uns Pferde nehmen, wessen sie auch sind: die Gesetze Englands stehen mir zu Gebote. Glücklich sind die, welche meine Freunde waren, und wehe dem Herrn Oberrichter!
Vierte Szene
Nein, du Erzschelm! Ich wollte, ich stürbe, damit du gehängt würdest. Du hast mir die Schulter ganz aus dem Gelenke gerissen.
Die Gerichtsdiener haben sie mir überliefert, und sie soll genug mit Peitschen bewillkommnet werden, dafür stehe ich ihr: es sind ihretwegen seit kurzem ein oder ein paar Menschen totgeschlagen.
Äpfelstange, Äpfelstange, du lügst! Komm nur, ich will dir was sagen, du verdammter Schuft mit dem Kaldaunengesicht. Wenn das Kind, womit ich schwanger gehe, zu Schaden kommt, so wäre dir besser, du hättest deine Mutter geschlagen, du Spitzbube von Papiergesicht!
O Jemine, daß Sir John doch zurück wäre! Ich weiß wohl, wem er einen blutigen Tag machen würde. Aber ich bitte Gott, daß die Frucht ihres Leibes zu Schaden kommen mag.
Wenn das geschieht, so sollt Ihr ein Dutzend Kissen wieder haben; Ihr habt jetzt nur noch elfe. Kommt, ihr müßt beide mit mir gehn: der Mann ist tot, den ihr und Pistol beide unter euch geprügelt habt.
Ich will dir was sagen, du ausgedörrter Knecht Ruprecht, dafür sollt Ihr mir tüchtig ausgewalkt werden, Ihr Schuft von Blaurock! Ihr garstiger, hungriger Zuchtmeister! Wenn Ihr nicht geprügelt werdet, so will ich keine kurzen Schürzen wieder tragen.
Fünfte Szene
Steht hier neben mir, Herr Robert Schaal, ich will machen, daß Euch der König Gnade erzeigt. Ich will ihn anblinzeln, wie er vorbeigeht, und merkt nur auf die Mienen, die er mir machen wird!
Komm her, Pistol, stell' dich hinter mich! Zu, Schaal. O hätte ich nur die Zeit gehabt, neue Livreien machen zu lassen, ich hätte die von Euch geliehnen tausend Pfund daran gewandt. Aber es tut nichts: dieser armselige Aufzug ist besser: es beweist den Eifer, den ich hatte, ihn zu sehn.
So Tag und Nacht zu reiten, nicht zu überlegen, nicht zu denken, nicht die Geduld zu haben, mich anders anzuziehn.
Schmutzig von der Reise dazustehn, schwitzend vor Begierde, ihn zu sehen, an nichts anders gedacht, alles andre der Vergessenheit übergeben, als ob gar nichts anders zu tun wäre als ihn sehen.
Das kann schwerlich geschehen, Herr Schaal. Bekümmert Euch hierüber nicht, man wird mich insgeheim zu ihm rufen: seht, er muß sich vor der Welt dies Ansehn geben. Fürchtet nichts wegen Eurer Beförderung, ich bin immer noch der Mann, der Euch groß machen kann.
Ich kann nicht begreifen, wie; Ihr müßtet mir denn Euer Wams geben und mich mit Stroh ausstopfen. Ich bitte Euch, guter Sir John, gebt mir nur fünfhundert von meinen tausend!
Macht Euch nichts aus so einer Maske, kommt mit mir zum Essen! Komm, Lieutenant Pistol! Komm, Bardolph! Ich werde heute abend bald gerufen werden.
Epilog
[Epilog
Zuerst meine Furcht, dann meine Verbeugung, zuletzt meine Rede. Meine Furcht ist euer Mißfallen, meine Verbeugung meine Schuldigkeit, und meine Rede, euch um Verzeihung zu bitten. Wenn ihr eine gute Rede erwartet, so bin ich verloren. Denn was ich zu sagen habe, ist von mir erdacht, und was ich in der Tat sagen sollte, wird gewiß von mir verdorben werden. Aber zur Sache, und sei es gewagt! – Wißt denn – wie ihr es schon wißt –, ich stand neulich am Schluß eines durchgefallenen Stückes hier, euch um Nachsicht dafür zu ersuchen und ein besseres zu versprechen. Nun hatte ich im Sinne, euch mit diesem hier zu bezahlen; wenn es aber nun in eine verunglückte Spekulation fehlschlägt, so bin ich bankerott, und ihr, meine edlen Gläubiger, habt den Verlust. Hier, so versprach ich euch, würde ich wieder sein, und hier übergebe ich mich selbst eurer Gnade; laßt mir etwas nach, etwas bezahle ich euch und verspreche euch, wie die meisten Schuldner tun, unendlich viel.
Wenn meine Zunge euch nicht bewegen kann, mich loszusprechen, befehlt ihr mir dann vielleicht, meine Beine zu brauchen? Und doch wäre es nur eine leichte Zahlung, mich aus meiner Schuld herauszutanzen. Ein gutes Gewissen aber wird jede mögliche Genugtuung geben, und das will ich auch. Alle Damen hier haben mir verziehen; tun es die Herren nicht, so harmonieren die Herren nicht mit den Damen, was bis jetzt in einer solchen Versammlung noch nie gesehen wurde.
Noch ein Wort, mit Erlaubnis! Seid ihr nicht zu sehr mit fetter Speise übersättigt, so wird unser demütiger Verfasser die Geschichte fortsetzen, mit Sir John drinnen, und euch durch die schöne Katharine von Frankreich belustigen, wo [383] dann, soviel ich weiß, Falstaff an einer Schwitzkur sterben wird, wenn er nicht schon durch euren Unwillen getötet ist; denn Oldcastle starb als ein Märtyrer, und dieser hier ist nicht jener Mann. Meine Zunge ist müde; wenn meine Beine es auch sind, werde ich euch gute Nacht sagen und vor euch knieen, in der Tat aber, um für die Königin zu beten.]
[384]- Holder of rights
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- TextGrid Repository (2012). Shakespeare, William. Historien. König Heinrich IV. Zweiter Teil. König Heinrich IV. Zweiter Teil. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0BDA-D