Sonnenschein

1816.


Alle Blüte war verdorben
In der trüben Regenzeit,
Aller Sang war ausgestorben,
Keine Freude weit und breit.
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Was gespielt im Herzen munter,
Ganz erstarrt war Lieb' und Lust,
Alle Lieder tauchten unter,
Wagten sich nicht aus der Brust.
Auf der hohen Alpenkette,
Wo die schönen Burgen stehn,
Wo die Sagen um die Wette
Durch die alten Trümmer gehn,
Sah man nur den Nebel heuer
Und des Regens ew'gen Fall,
In dem moosigen Gemäuer
Schliefen die Geschichten all'.
Endlich scheint die Sommersonne
Ueber ihr vergessnes Land,
Und zu ungewohnter Wonne
Zieht es an sein Festgewand,
Das mit Perlen ist bethauet,
Das mit Gold ist überstickt;
Weil der Himmel nicht mehr grauet,
Auch die Erde freundlich blickt.
Von den Burgen wehn die Sagen,
In dem kleinen Liedermund
Bringt der Vogel sie getragen,
Und der Dichter macht sie kund,
Der die frischesten der Lieder
Singt in seines Herzens Drang:
Was als Sonne scheinet nieder,
Keimet auf als Blum' und Klang.

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TextGrid Repository (2012). Schwab, Gustav. Gedichte. Gedichte. 1. Lieder und vermischte Gedichte. Sonnenschein. Sonnenschein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0969-E