1.
Der Henker mit dem Beile
Vor Herzog Alba tritt:
»Du liebest, Herr, die Eile,
Mein Beil war scharf, es schnitt.
[225]
Es schnitt dem starren Alten
Durch's knöcherne Genick;
Der Junge wollt' nicht halten,
Ihn zwang der Knechte Strick.
Die Frau – den kleinen Knaben
Läßt von der Brust sie nicht –
Sie kommt, sie will es haben,
Jetzt gleich vor dein Gesicht.«
Und vor des Herzogs Augen
Trug sie die Mutterbrust,
Sie ließ das Kindlein saugen,
Sie blickt es an mit Lust.
Das Weib sprach ohne Beben:
»Mein Kind ist noch nicht satt,
Laß mich so lange leben,
Bis es getrunken hat.
Es liegt auf weichen Pfühlen
An einem süßen Born.
Ja, könntest du das fühlen,
So legte sich dein Zorn!«
Der Herzog sprach mit Hohne:
»Werd' ich ein Säugling – gut!
Dann hoffet, daß ich schone;
Für jetzt will ich dein Blut!«
Als drauf der Diener faßte
Das Kind mit rauher Hand,
Die Mutter erst erblaßte,
Die Mutter erst entbrannt'.
Es hob in wilden Wellen
Sich ihre bloße Brust,
Es ward zu Feuerquellen
Der Augen stille Lust.
Sie rief: »O süß ist Sterben,
Wenn eins vom Hiebe stirbt!
Du, Herzog, sollt verderben,
Wie welkend man verdirbt!
[226]
Nach Leben sollst du trachten
Und sollst, wie unentwöhnt
Mein Kindlein dort, verschmachten,
Das nach der Mutter stöhnt!«
Der Herzog hat's vernommen,
Er hört ihr schweigend zu;
Den Henker läßt er kommen
Und schaffet bald sich Ruh.
Er läßt im Tod sie trotzen,
Er sitzt im Purpurglanz,
Sein Leben fühlt er strotzen
Vom Mark des Niederlands.