2.
Und wie in den frühen Tagen
Hat der Held den Wandelthron
Froh errichtet auf dem Wagen,
Ragt empor wie Thetis' Sohn.
[212]In der Linken wehn die Zügel,
Und die Rechte wiegt den Speer,
Rossesmähnen werden Flügel,
Göttergleich braus't er einher.
Und ein Andrer der Genossen,
Treuer Wächter, flieget mit,
Thut zu Fuß es gleich den Rossen,
Schneller war nicht Ajas' Schritt.
In des Uferhaines Pfade
Tieft die dunkle Fahrt sich ein,
Dort verstört am Moorgestade
Das Gespann ein grauer Stein.
Wieder hebt sich aus den Hecken
Das zerfallne Königsgrab,
Und die Rosse hoch im Schrecken
Bäumen sich zum Strand hinab.
Die an wilder Mähne fassend
Reißt der Wächter kühn in's Gleis,
Am Geretteten, erblassend,
Sinkt er hin in Blut und Schweiß.
Als den Rossen er mit Hitze
Hemmend in den Zügel fuhr,
Riß des Königs Lanzenspitze
In die Stirn ihm tiefe Spur.
Der entschwingt sich rasch dem Wagen,
Seine Rosse zähmt er schnell,
Hat den Arm um ihn geschlagen,
Beugt sich auf der Stirne Quell.
Wüßt' ein Band er, welches linde,
Welches wundem Haupt bequem!
Armer, er hat keine Binde,
Als im Haar sein Diadem!
Fest und weich würd' es umhüllen
Die verletzte Freundesstirn –
Aber soll er selbst erfüllen
Seinen Traum aus bangem Hirn?
[213]
Immer dunkler fließt die Wunde,
Bis sie weckt ein altes Bild,
Bis dem Herrn im Herzensgrunde
Zweier Freunde Herzblut quillt.
Eines, das er selbst vergossen,
Eins, das auf dem Blocke sprang.
Jetzt ist schon der Fürst entschlossen,
Faßt das Band, das ihn umschlang.
Um des Retters Stirne windet
Er's behend mit leichter Hand,
Schönes, bleiches Haupt, wie bindet
Fürstlich dich das Königsband!
Sinnend, aber heiter weilet
Bei dem Anblick lang der Held.
Dann mit dem Erwachten eilet
Auf dem Wagen er durch's Feld.
Freudig zeigt er den Gekrönten
In den Mauern Babylons,
Freudig tritt er im versöhnten
Geist die Stufen seines Throns;
Grüßet der Genossen Runde,
Voll und lose wallt sein Haar.
Seine Stirne, die gesunde,
Fühlt sich keiner Krone bar.