Des Jägers Gesicht 1
An einem Winterabend hell
Der Ritter jagt im Forste,
Er sucht das Reh im braunen Fell,
Den Eber mit der Borste;
Umsonst ist Hornruf, Hundsgebell,
Jagdmüde dringt er zu dem Quell,
Der aus Gestrüppe rauschet.
O Wunder dort! die Tannen blühn
Beknospet all mit Rosen;
Und eine Jungfrau sieht er glühn,
Mit einem Kinde kosen;
[371]Der Rasen drunter frühlingsgrün;
Vergessen sind des Jägers Mühn,
Er senkt den Speer und staunet.
Da füllt sich schnell die ganze Luft
Mit weichen Lenzeslüften,
Da mischet sich der Rosenduft
Zu andern Blumendüften.
Und nieder braus't es zu der Schluft
Und senkt sich bis zur Quellenkluft,
Ein goldner Feuerwagen.
Und Löw' und Lamm ist das Gespann,
Ein Engel fliegt vom Sitze,
Hebt Jungfrau, hebet Kind hinan,
Schwingt auf sich gleich dem Blitze;
Er zieht beperlte Zügel an,
Und lenkt empor zur Himmelsbahn
Die raschen Flügelthiere.
Da schüttelt der gestreifte Stamm
Von Rosen einen Regen,
Der Wagen steiget mit Geflamm
Dem Aetherblau entgegen.
Der gelbe Leu, das weiße Lamm,
Der Jungfrau Purpur leis verschwamm
In sanfter Abendwolke.
Der Ritter eine lange Frist
Steht in dem Wald versunken,
Sein Auge, farbekrank, vermißt
Den Stral, von dem es trunken,
Dann wird ihm klar, daß es der Christ
Mit seiner sel'gen Mutter ist,
Die ihm im Wald erschienen.
Leb' wohl nun, Jagd, leb' wohl nun, Welt!
Er baut sich die Kapelle,
Von Rosensträuchen aufgehellt,
Von Glaubensträumen helle.
[372]So oft des Abends Schleier fällt,
Fliegt sein Gebet zum Himmelszelt
In einem Flammenwagen.