Wechselsang
Am Regierungsjubelfeste des Königs Wilhelm von Württemberg,
den 28. Sept. 1841.
Die Glocke, die Kanone
Sie singen Wettgesang,
Die Glocke hell im Tone,
Das Stück mit rauhem Klang.
»Kommt her, frohlockt die Glocke,
Kommt her aus Stadt und Land!
Herbei im Friedensrocke,
Den Segen in der Hand!«
Da donnert die Kanone:
»Nein, kommt im Panzerkleid!
Stellt auf am Heldenthrone
Das schimmernde Geleit!«
[140]Die Glocke klagt: »Zum Kampfe
Riefst du die Schaaren gern?
Du deckst mit Pulverdampfe
Triumph aus Näh' und Fern?«
Kanone schnaubt: »Dem Trägen
Hilft keine Friedenszier.
Zu schirmen euern Segen,
Zu drohen blitz' ich hier!«
Die Glocke singt: »Verletze
Nicht mit so wildem Laut
Vertrag, Altar, Gesetze,
Was furchtlos Treue baut!«
Kanone grollt: »Ja singe
Dein Liedchen, daß es gellt!
Ich weiß doch: auf der Klinge
Des Degens ruht die Welt!«
Die Glocke ruft: »Wir fechten
Nicht mit Geschütz und Stahl!
Nein, giebt es Eins zu rechten,
So hall's im Ständesaal!«
»So will ich,« murrt Kanone,
»Doch sein der Widerhall,
Der absingt überm Throne
Der deutschen Siege Schall!«
Da jauchzt die Glocke: »Heute,
Ja, heute sing davon!
Thut's wieder Not, ich läute
Zum Sturm für Volk und Thron!« –
Nun klingt in mildem Tone
Der Glocke Lied voll Ruh',
Und brausend streicht Kanone
Den tiefen Baß dazu.
[141]Sie singen ungeschieden
Den Helden und den Herrn,
Des Landes Lieb' im Frieden,
Und einst im Kriege Stern.
Sing Glocke, sing Kanone,
Daß es ein Volk erquickt,
Das heut zur goldnen Krone
Viel tausend Wünsche schickt!
Sing Glocke, sing Kanone,
Daß es den Schalk verdrießt,
Der trüben die Patrone
Im Königsmord verschießt!