Sang in 'nem Busch 'ne Nachtigall;
So wunderlieblich war ihr Schall
Als wie der 'rausgezogne Ton
Aus Meister Liedels Barbiton.
Es war 'n Sumpf nicht weit davon,
Drin lag 'ne ganze Legion
Von Fröschen; und die hörten all'
Den Wundersang der Nachtigall.
Da war ein hochstudirter Frosch,
Mit runzlicher Stirn und breiter Gosch,
1Hatte die edle Musikam,
[363]Den Kontrapunkt, die Algebram
In manchem Sumpf und Weiher studirt,
Und orgelte, wie sich's gebührt.
Doch weil er war gar kalter Natur,
Empfand er nichts und künstelte nur.
Der hörte auch die Nachtigall
Und sprach: »Ihr Brüder, hört einmal,
Wie singt das Thier so abgeschmackt,
Macht falsche Quinten, hält keinen Takt,
Weicht nicht in künstlicher Modulation
Aus einem Ton in den andern Ton.
In ihrem ekeln di – di – di
Und duk, duk, duk – steckt ihre ganze Melodie.
Magister Frosch lacht drob so laut,
Daß ihm beinah' zerplatzt die Haut,
Und sprach: Kameraden, wißt ihr was?
Eine Fuge klingt doch baß;
Wollen's singen im Sopran, Alt und Tenor,
Ich orgle euch das Thema vor.«
Nun ging's an ein scheußlich Gequack
Im wahren antiken Geschmack
Mit Bund und Motu contrario;
Der Frosch hielt Tasto solo;
Unaufgelöst in der Fuge ganz
Folgt Dissonanz auf Dissonanz.
Nach mancher halsbrechenden Modulation
Kam endlich doch der letzte Ton.
Die Fledermaus und der Uhu
Hörten dem Froschconcerte zu;
Waren drob gar lustig und froh,
Und schrieen laut: Bravissimo!
Ein Jüngling voll Empfindsamkeit,
Gelockt von sanfter Abendzeit,
Kam aus dem nahen Rosenthal,
Hörte das Lied der Nachtigall,
Und weint' und sah zum Himmel auf;
Und als die Frösche fugirten drauf,
Da warf er Steine in den Teich
Und schrie: Der Henker hole euch!
[364]»Hum! sprach der Kritikus unter'm Gewässer,
Der Kerl versteht's nicht besser!
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