[314] 790. Die beiden Todten zu Speyer.
Von J. N. Vogl. – Verwüstung der Kaisergruft durch die Franzosen 1589.
Wie! Fackeltanz im Dome? Fußtritte dumpf hinab
'S ist Kaiser Karl der Sechste, er steigt in der Ahnen Grab,
Er selber will es schauen, bei heller Fackelglut,
Wie dort der Franke gefrevelt in frechem Uebermuth.
Und immer röther färbte seine Wang' gerechter Grimm,
»Bei'm Himmel! ihr Franzosen, was ihr gethan, ist schlimm!«
Die Väter in den Särgen sieht er des Schmuck's beraubt,
Die Krone abgerissen von manchem theu'ren Haupt.
Zertrümmert sind die Särge, die Deckel liegen um,
Und Leichentuch und Purpur zerfetzt im Staub ringsum,
Da blickt manch hohles Auge ihn gar gespenstig an,
Als wollt' es zu ihm sagen: »räch' uns, lebend'ger Mann!«
Und fürder schreitet Karl, erfaßt vom tiefsten Schmerz,
Der Fackelschimmer gleitet über der Särge Erz.
Nun steht er dort vor zweien, die sind zerschlagen gar,
Und die Gerippe d'runter vermengt gar wunderbar,
Er steht wohl tief erschüttert, die zwei', die kannt er gut,
Sie haßten sich im Leben, die hier zusamm' geruht,
Nicht konnten sie bestehen, wo Licht und Luft besteht,
Es war der Kaiser Adolf und Albrecht's Majestät.
Nun liegen sie zerbrochen, vermischt ihr los' Gebein,
Von Keinem kann man sagen: der Knochen hier war sein;
Nur an dem Einen Scheitel, gefurcht von grimmem Schlag,
Das Haupt des Kaisers Adolf man noch erkennen mag.
Und vor dem Staub der Beiden der Kaiser lange steht,
Es ist ein heilig Ahnen, was seine Brust durchweht;
»Ja, ob auch Haß und Zwietracht auf Erden hier zu Haus,
Es löscht in jedem Herzen des Todes Hand sie aus.«
D'rauf manchen Kunsterfahr'nen er hin zur Gruft beschied,
Und läßt dort den Gerippen anfügen Glied an Glied,
Und manch ein Bein des Adolf wird Albrecht's Eigenthum
Und manch ein Bein des Albrecht des Adolf wiederum.
[315] So liegen beide Feinde vereinigt nun gar sehr,
Der Adolf-Albrecht jener, der Albrecht-Adolf der;
So liegen sie und ruhen, bis die Posaune ruft, –
Kein Frevler stör' hinfürder sie mehr in ihrer Gruft!