956. Der böse Scharfenecker.
Mündlich.
Unfern Scharfeneck ist das Ramberger Schloß gelegen. Da soll ein Scharfenecker gern hinübergekommen sein, nicht sowohl dem Ramberger Ritter, als dessen schönem Weibe zu Ehren. Während aber der gute Nachbar keine Ahnung sträflicher Absichten hegte, war sein ehrloses Weib den Anträgen des Scharfeneckers nicht abhold geblieben und so hatte sich allgemach zwischen beiden ein Verhältniß entsponnen, das zuletzt zu dem ruchlosen Gedanken führte, wie man sich des überlästigen Rambergers entledigen könnte. Da gab dem von Scharfeneck, welcher ein trefflicher Armbrustschütze war, der Teufel den Rath, seinem Freund und Nachbar mit einem Pfeile das Lebenslicht auszublasen. Gedacht gethan. Beide, der Scharfenecker und seine Buhle verabredeten sich zur gemeinschaftlichen Schandthat. Eines Tages führte die Gottlose ihren Gemahl vor die Burg, ließ ihn auf einen Stuhl sitzen und hängte ihm wie zum Scherze ein weißes Tüchlein über. Das war das verabredete Zeichen, der Bogen des Mörders schwirrte, und der Ramberger lag vom Pfeile getroffen in seinem Blute.