949. Der pfälzische Tell.
Nach Malleus malefic l. II. c. 16 eignet die Sage der badischen Pfalz, jedoch wird SchloßLindelbrunn bei Dahn (castrum Lendenbrunnen) genannt, bei dessen BelagerungPunker ebenfalls zugegen war.
Ludwig III., Pfalzgraf bei Rhein, zubenannt der Bärtige, hatte unter seinem reisigen Volk einen gewissenPunker von Rohrbach bei Heidelberg gebürtig, welcher im Geruch eines Zauberers stand, weil er die Armbrust mit solcher Meisterschaft führte, daß er auch das kleinste und fernste Ziel niemals verfehlte. Dem Pfalzgrafen selbst kam der Mann unheimlich vor, er fürchtete sich fast vor demselben, so treffliche Dienste er ihm auch leistete, so im Feld wie auf der Jagd. Um ihn nun in die Falle und zum Geständnisse seiner Zauberkünste zu bringen, befahl ihm der Pfalzgraf eines Tages, seinen eigenen Knaben zum Ziele zu nehmen, und ihm einen Pfennig vom Barett zu schießen, ohne dieses oder den Knaben zu verletzen. Erfüll' er diese Bedingung nicht, so sei er des Todes. Lange weigerte sich Punker, weil der Teufel ihm möglicherweise die sonst so sichere Hand fehl lenken könne und er alsdann diesem verfallen sei. Alles Bitten und Beschwören scheiterte an des Pfalzgrafen hartem Sinn. Der Knabe mit dem Barett auf dem Kopfe und dem Pfennig drauf mußte sich an das Ziel stellen. Nachdem der unglückliche Vater einen Bolzen [25] auf die Armbrust gelegt hatte, nahm er einen zweiten, steckte ihn in sein Koller und schoß dann glücklich den Pfennig herab, ohne das Barett auch nur zu streifen. Auf die Frage des Pfalzgrafen, zu welchem Zwecke er einen zweiten Pfeil in sein Koller gesteckt habe, gab ihm Punker zur Antwort: »Wenn ich, von dem Teufel ob solcher Versuchung mißlenkt, meinen Knaben erschossen hätte, dann, Herr, würde ich Euch selbst mit diesem zweiten Pfeil durchbohrt und also meinen Sohn gerächt haben, weil ich doch selbst dem Tode geweiht worden wäre.«