964. Der Trautberg bei Hafenlohr.
Mündlich.
Zum Stiftungsgute des vormaligen Klosters Neustadt am Main gehörte auch der Trautberg bei Hafenlohr, ein dichter Laubwald, in dessen dunklem Schatten das Säuseln der Winde geheimnißvoll wiederhallt, und in eine wehmüthige Gemüthsstimmung versetzt, und dessen nördliche und östliche Abdachung mit einer gewissen Scheu von den Leuten der Umgegend betreten wird. In diesem Berge hausen die Ritter von der Tafelrunde und harren auf ihre Erlösung. Vor ungefähr zwanzig Jahren befand sich ein Knabe in Hafenlohr, der öfters Erscheinungen dieser geisterhaften Ritter hatte. Während des Schulunterrichts oder auch auf dem Kirchenwege gerieth er plötzlich in eine Art Verzückung und erhöhter Geistesthätigkeit, aus der er erst nach einiger Zeit wieder zur Besinnung kam. Auf Befragen, was mit ihm vorgegangen? erwiederte der Knabe: es sei ihm gewesen, als werde er in der Luft fortgetragen, in einen Wald, der nach seiner Aussage der Trautberg gewesen; plötzlich hätte sich der Berg eröffnet, er sei in mehrere prächtige Zimmer geführt worden; in einem derselben seien um einen runden Tisch bis zwölf bärtige Ritter in glänzender Rüstung gesessen, welche den Knaben freundlich anredeten und ihm eröffneten, es werde ein großer Krieg entstehen, wobei Kaiser Karl wieder mit seinem Gefolge auftreten und das deutsche Reich befreien werde; die Ritter gaben dem Knaben auch Ermahnungen zur Tugend und Gottesfurcht, – worauf dieser sich wieder entfernte und nach seinem Erwachen den Leuten die gehabte Erscheinung erzählte. Der Knabe ist unterdessen gestorben, weil er aber durch seine Erzählungen die Aufmerksamkeit der geistlichen und weltlichen Obrigkeit auf sich gezogen hatte, wurde er gerichtlich zu Protokoll vernommen, worüber sich die Akten beim Landgericht Rothenfels befunden haben.