[341] 816. Die Brautfahrt.
Die vor. Schrift S. 99.
Mit dem Erzbischof von Mainz lebten die Herren von Montfort in Fehde, darum auch mit ihrem Nachbar, dem Rheingrafen vom Stein, einem Bundesgenossen des Erzbischofs. Mit dem Ritter von Böckelheim aber, einem Freunde derer auf dem Stein, stand ein Montforter in guter Freundschaft. Bei diesem sah er die Tochter des Rheingrafen, und es knüpfte sich ein Liebesbündniß, das natürlich geheim gehalten werden mußte. Aber des Fräuleins Vater, der davon nichts ahnte, sagte seine Tochter dem Rheingrafen von Grehweiler zu, und der Hochzeitstag ward anberaumt. Den Liebenden war schlimm zu Muth, doch der Böckelheimer tröstete sie und versprach zu helfen. Der Hochzeitstag kam, die Vermählung aber sollte auf dem Schlosse zu Grehweiler gefeiert werden. Der Böckelheimer war auch geladen. Der gab dem frommen Pferde, das die Braut gewöhnlich ritt und das sie auch heute zu ihrem Bräutigam tragen sollte, heimlich ein Pülverlein, daß es erkrankte und unbrauchbar wurde. »Schicket nach meiner Burg,« sprach er, »und lasset den Zelter meiner Schwester holen, er geht sanft und ist lammfromm.« Gesagt, gethan. Das Pferd kam, war aber das des Ritters von Montfort, das den Weg von der Alsenz nach Hause gar wohl kannte. Es trug die Braut immer eine Strecke voraus, und an der Mühle, wo der Weg gen Montfort abbiegt, flog es plötzlich mit seiner schönen Last windschnell davon. Der ganze Zug natürlich eiligst hintendrein. Als man der Burg Montfort ansichtig wurde, war der Zelter mit der Braut schon am Thor. Das that sich flugs auf und schloß sich hinter der Reiterin wieder. Der Rheingraf tobte und forderte sein geraubtes Kind zurück. »Hab' Euer Kind nicht geraubt,« gab der Montforter zur Antwort: »es wird freiwillig mein Weib.« Der Rheingraf zieht mit Heerhaufen vor die Burg, aber der Montforter spricht: »Gegen den Vater meines Weibes streit' ich nicht.« Da redet der Böckelheimer ein gutes Wort seinem Freunde zu Gunst, und der Rheingraf gibt nach, der zu Grehweiler aber hat das Nachsehen.