94. Der Hirschenritt.
Sage von Furth in der Oberpfalz. – A.Müller Beiträge zur Gesch. u. Topogr. der alten Grenzstadt Furth im Walde, in Verh. d. hist. Ver. f.O.u.R. 1846. Bd. X., S. 144, A. 18.
Die Schützen von Furth und ihre Jagdabentheuer waren vormals weit und breit berühmt. Lange Zeit hat sich im Munde des Volkes die Ueberlieferung von gewaltigen Kämpfen dortiger Jäger mit Wölfen und Bären, sowie die Kunde von einem schlimmen Ritte erhalten, den vor etwa hundert Jahren den Stadtschreiber Lanner von Furth auf einen Hirschen gethan. Lanner hatte auf einer Jagd in Daberg, an welcher mit ihm mehrere Bürger Antheil nahmen, einen Hirschen erlegt und in übermüthiger Waidmannslust sich auf den Rücken des vermeintlich todt daliegenden Wildes gesetzt. Plötzlich aber sprang dieses auf die Läufe,[95] warf den Kopf zurück und preßte mit seinen Geweihen den Stadtschreiber so fest an sich, daß dieser sich nicht mehr losmachen konnte. Und nun ging's im windschnellen Laufe dem Dickichte zu. Erreichte dieses der Hirsch, so war Lanner verloren; die spießigen Aeste des Unterholzes rissen ihm das Fleisch vom Leibe. Da schlug einer der Jagdgefährten, ein entschlossener Mann und sicherer Schütze, seine Büchse an und brannte in Gottes Namen auf Tod und Leben los. Der Hirsch, tödtlich getroffen, brach zusammen, und der Stadtschreiber war gerettet. So oft dieser sein Abenteuer erzählte, versicherte er, daß er beim Niederstürzen des Hirschen eine Erschütterung in allen Gliedern gefühlt habe, als seien Himmel und Erde auf ihn gefallen.