91. Herkommen des Pfingstlritts zu Kötzting.
Kötzting im Bayerwalde. – Das Königr. Bayern in seinen Schönheiten, III., 7.
Aus nah und ferne kommen zu Kötzting am Pfingstmontage morgens berittene Männer und Bursche zusammen, die in paarweiser Ordnung zur Kirche des heiligen Nikolaus in Steinbühl einen Kreuzgang ausführen. Voraus reitet ein Geistlicher mit dem Allerheiligsten, dann der Meßner, Fahnen- und Bildträger. Nachdem der feierliche Gottesdienst abgehalten, und in einer wunderherrlichen Waldgegend und den um das Kirchlein aufgeschlagenen Wirthszelten einige Rast gemacht ist, steigt Alles wieder zu Pferd und man kehrt in fröhlicher Stimmung zurück nach Kötzting. Selten daß es beim Heimritte im Gedränge ungeschulter Rosse und meist unsicherer Reiter zu einem Unfalle kommt.
Der außerhalb des Marktes auf einem freien Wiesplatze angekommene Wallfahrtszug schließt sich zu einem Kreise und es empfängt hier ein Kötztinger Bürgerssohn, der nach dem Urtheile und der Auswahl des Magistrates und des Pfarrers vor Anderen als tugendreich gehalten wird, aus der Hand des Geistlichen ein aus Flieder, rothem Band und Silberdraht geflochtenes Ehrenkränzchen um den linken Arm. Es gehen verschiedene Ueberlieferungen über die Entstehung dieses Rittes; unter andern die folgende. Noch bedeckte der Urwald die Gegend und ringsher herrschte finsteres Heidenthum. Unten im Thale von Chammerau aber bestand schon eine Christenkirche, zu welcher Steinbühl weit oben in der Bergwaldung als Tochterkirche gehörte. Es geschah nun, daß der Chammerauer Pfarrherr noch nächtlicher Weile in seinen Filialbezirk gerufen wurde, es verlangte ein Sterbender nach der letzten Wegzehrung. Weil aber die Heiden [91] nicht nur, sondern auch grimmige Raubthiere den Pfad unsicher machten, entschlossen sich unterwegs die jungen Männer von Kötzting freiwillig, dem Geistlichen zu Pferd ein Schutzgeleite zu geben. Mit anbrechendem Tage brach eine Heidenschaar hervor und des Priesters Leben sammt dem Allerheiligsten schien in Gefahr. Da wurden die Gottlosen von den Kötztinger Jünglingen hart angefallen und in hitzigem Kampfe theils erschlagen, theils zur Flucht in die Wälder getrieben. Von solch mannhafter That soll das erwähnte Ehrenkränzlein ein Erinnerungszeichen sein.