163. Das Goldlaiblein.
Erzählt v. J. Ch. Holtzmann in B. Görwitz Sagenschatz S. 125.
Einst hüteten am Ochsenkopfe zwei Knaben und ein Mädchen. Die Knaben waren Kinder wohlhabender Landleute; des Mädchens Aeltern aber waren arm. Die kleinen Gefährten erzählten sich allerlei Märlein, die sie von den Geistern des Ochsenkopfes wußten. Da gesellte sich zu ihnen ein graues Männchen, welches aufmerksam ihren kindlichen Gesprächen zuhörte. Endlich sprach es: »Ihr seid gute Kinder; darum will ich auch nicht von euch gehen, ohne euch zu beschenken.« Es zog aus der Tasche drei Laiblein Brod und gab jedem Kinde eines. Darauf entfernte es sich. Die beiden Knaben lachten ob des ärmlichen Geschenks und hielten es nicht werth. Der eine nahm sein Laiblein und warf es auf die Erde. Es hüpfte den Berg hinab in possirlichen Sprüngen, bis es sich zwischen struppigem Gebüsch verlor. Da sprach der andere Knabe: »Halt, mein Laiblein muß das deinige suchen!« und warf es ebenfalls auf die Erde. Es nahm denselben Weg, wie das erste. Nun wollten die leichtsinnigen Knaben auch das Mädchen bereden, ihr Geschenk wegzuwerfen. Die Kleine aber hüllte es eilig in ihr Schürzlein und sprach: »Wie wird es meine Aeltern freuen, wenn ich ihnen etwas mit nach Hause bringe!« Da sie aber heim kam und man das Brod aufschnitt, siehe, da war ein Klumpen [169] Gold hineingebacken, und Reichthum war eingezogen, wo sonst Mangel herrschte. Als die beiden Knaben von dem Glück ihrer Gefährtin hörten, gingen sie zurück, die verschmähten Geschenke des grauen Männleins zu suchen. Allein es war vergeblich.