398. Wie Albertus Magnus einen Neugierigen strafte.

Ein landfahrender Schuhmacher kam einmal nach Köln. Oftmals hatte er von dem großen Wunder sagen hören von Bruder Albrecht, dacht nun bei sich selber: »Sollten all' diese Dinge wahr sein, wie möcht' ich sie dann wohl erproben.« Er kam mit seinem Schnappsack zu Bruder Albrechts Wohnung und fragte dreist, wo Bruder Albrecht wär'? Der Knabe frug ihn, was er wollt'? Der Andere sprach, er müßte Herrn Albrecht sehen und sprechen. Da ging der Knabe zu Albrecht und meldete ihm, ein Jüngling mit einem Schnappsack wollt' ihn sprechen, und ich glaube, er kennt euch wohl. – »Geh hin und frage ihn, was er wolle und laß ihn dir seine Botschaft künden, ich habe sogleich mein Werk gethan.« Der Knabe that also, aber der mit dem Schnappsack sprach: »Ich muß nun einmal mit dem Herrn selber sprechen; geht und saget ihm das, und ich wolle nicht von hinnen scheiden, ehe ich ihn sah und sprach. Sollte ich euch mein Geheimniß sagen, warum ich hierher kam? Nein, ich sag's ihm selber, bei Gott!« Da ging der Knabe und brachte Bruder Albrecht die Antwort und Albrecht ließ den Jüngling vor sich kommen in seine Zelle und frug ihn, was er wollte? Der sprach: »Meister, ich habe nun schon manch' seltsam Wort über euch reden hören, von Gauklereien und Behendigkeit, und komme nun euch zu bitten, daß ihr mir etwas von euren Künsten zeiget, damit ich dem Gerede glauben könne.« – »Knabe, kamst du darum zu mir und wolltest du darum mich sprechen?« fragte Bruder Albrecht, und der Andere sprach: »Ja sicherlich und heute gehe ich nicht von euch, ihr hättet mir denn etwas von eurer Kunst sehen lassen.« Bruder Albrecht sprach freundlich: »Gib mir deinen Sack, ich will auch nicht, daß du von mir scheidest, sonder etwas von meiner Kunst gelernt zu haben.« Der Andere gab Albrecht den Sack und der Meister steckte seine Hand hinein, zog sie wieder heraus [415] und band den Sack fest zu, gab ihn alsdann dem Burschen zurück und sprach: »Nun geh schnell und sonder Weilen nach Hause, aber mach den Sack nicht auf, bis du zu Hause bist, was auch geschehen möge. Wenn du ihn da öffnest, dann wirst du etwas schauen; bind' ihn aber wieder fest zu und komm und sage mir, was du gesehen.« Deß war der Andre froh und er schied von Bruder Albrecht. Als er eben das Stadtthor von Köln im Rücken hatte, da hätte er doch gar zu gern gewußt, was in dem Sacke war. Er setzte sich denn hin und knüpfte ihn auf, doch da sprangen zwei stämmige Kerle heraus, von jeder Seite einer, die trugen Leisten in der Hand und gingen dem Burschen brav zu Leibe, je länger je mehr und schlugen ihn so lang, bis er nicht mehr wußte, wo er war. Zuletzt bedachte er sich, daß Bruder Albrecht gesagt, er müsse den Sack wieder zubinden; das that er und sogleich verschwanden die Beiden, die ihn so jämmerlich geschlagen hatten. Als er nun von ihnen erlöst war, da wagte er nicht weiter zu gehen, sondern kehrte straks wieder nach Köln zurück und zu Bruder Albrecht, dem erzählte er, wie es ihm ergangen, bat ihn auch mit vielen Worten, daß er den Sack doch machen möge, wie er zuvor gewesen. Da sprach Bruder Albrecht: »Ich will dir doch noch eine Kunst lehren, damit du noch mehr von meinen Künsten weißt;« der Bursch rief aber in großer Angst: »Ach, nein, edler Meister, ich bitte euch um nichts andres, als daß ihr diese eine Kunst von mir nehmet; eure Künste drücken mich allzu stark, ach, ich bitt euch, Herr, wollet ihr das, ich will nimmermehr eurer Kunst begehren, ich bin genug gestraft.« Da that der Meister nach des Burschen Wunsch und entließ ihn, und der war gar erfreut darob. Als er aber nach Haus kam, da wagte er noch nicht den Sack selbst zu öffnen, sondern ließ einen Andern das thun, denn die Proben von Meister Albrechts Kunst hatte er noch nicht vergessen, vergaß sie auch nicht sein ganzes Leben lang.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 398. Wie Albertus Magnus einen Neugierigen strafte. 398. Wie Albertus Magnus einen Neugierigen strafte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F499-0