927. Der Mönch.
Von L. Aurbacher. – Sage vonHerren-Chiemsee.
Wieder tobt der Mönch, der schwarze,
Das gespenstisch Ungeheuer,
Und erschreckt das stille Eiland
Mit Getös und Qualm und Feu'r. –
Mag er tosen, mag er toben,
Eitel ist des Bösen Macht;
Gute Geister, die Gott loben,
Wachen für uns Tag und Nacht! –
Ausgeplündert ward das Kloster,
Und zerstöret der Altar,
Und zerstreut, wie eine Heerde,
Hirtenlos der Mönche Schaar.
Mit Ergebung wichen alle
Fromme Väter, dem Geschick',
Nur der schwarze Mönch, der Kastner,
Schaut mit Gier und Groll zurück.
Denn des Klosters Schätze lagen
Alle in des Geiz'gen Hand,
Und, wie eigen, hegt er wuchernd
Das vertraute Unterpfand.
D'rum so hat er selbst im Grabe
Fürder keine Rast noch Ruh,
Und er kehrt zur Zeit der Vesper
Oft im öden Kloster zu.
Und durchstöbert Küch' und Keller,
Wie ers lebend hat gethan,
Und beschaut die Vorrathskammern;
Doch er trifft nur Moder an,
Und er gräbt und scharrt und schaufelt
Dann den Kreuzgang auf und ab,
Ob er keinen Schatz mag finden;
Doch er gräbt nur Grab am Grab.
[458]Wie der Rabe sein Gefieder
Dehnt er nun die Flocke aus,
Und erzürnet ob dem Raube,
Zaubert er Gewittergraus.
Seine Augen funkeln Blitze,
Und sein Athem heulend stöhnt,
Und wie dumpfes Donnerrollen,
Fluch aus seinem Mund erdröhnt.
Von der Windsbraut aufgeschrecket
Stürmt der See, es bebt die Flur,
Und es fasset Angst die Menschen,
Und Entsetzen die Natur. –
Laßt ihn tosen, laßt ihn toben,
Eitel ist des Bösen Macht;
Gute Geister wachen droben
Für uns in der Wetternacht! –
Seht ihr's flimmern in dem Tempel?
Flämmchen steigen sanft empor,
Und sie ziehen, mild aufleuchtend,
In den längst-verlaßnen Chor.
Horchet auf! Krystallgetöne
Hallt der hohe Psalmensang,
Und von den verfall'nen Thürmen
Schallt hernieder Glockenklang.
Das ist jener frommen Mönche
Auserles'ne Gottesschaar,
Sel'ge Geister die da bringen
Lob und Dank dem Schöpfer dar:
Lob und Dank dem ew'gen Gotte,
Dessen Wesen Lieb' und Huld,
Und für uns die armen Sünder
Bitt' um Nachlaß unsrer Schuld.
Und verstoben ist der Zauber,
Und gebrochen seine Macht
Und es zieht in hehrer Feier
Längs dem See in stiller Macht,
Und es sinken nun die Flämmchen
In die Tiefe leis' hinab,
Und sie blinken, lichte Sterne,
Aus dem dunklen Wassergrab.
Ja, der Zauber ist verstoben,
Und gebrochen seine Macht
Gute Geister, die Gott loben
Halten treulich für uns Wacht
Und, von Abendwind geschaukelt,
Gleitet nun das Schifflein fort,
Und bald ruht es wohl geborgen,
In dem nahen, sichern Port.