966. Die Neustadter Glocke.

Mündlich.


In dem untern Kirchthurm der Abtei Neustadt am Main befindet sich eine uralte Glocke, welche die Inschrift des Jahres 1289 trägt. Das Kloster selbst wurde von Karl dem Großen mit demjenigen Theile des Spessarter Waldes dotirt, welcher nun dem Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg gehört. Aber die adeligen Schutzvögte des Klosters, vom Faustrechte begünstigt, rissen einen Theil vom Klosterwalde um den andern an sich, machten sich unabhängig vom Kloster, und eigneten die Burg Rothenfels, welche auf klösterlichem Grund und Boden gebaut und ein Lehen der Abtei Neustadt war, dem Hochstifte Würzburg als Amtssitz zu. Wiewohl das Kloster Neustadt den Waldbesitz so gering schätzte, daß es um den Besitz einer Kugelbüchse einen ganzen Wald, der noch jetzt den Namen Büchsenschlag führt, austauschte, so machte es doch jederzeit seine Rechte auf das ursprüngliche Stiftungsgut gegen das Hochstift Würzburg geltend, und erregte dadurch den Groll der Würzburger. Diese wußten sich dafür nicht besser zu rächen, als daß sie die Thurmglocken vernagelten, so zwar, daß durch den Boden der ältesten Glocke ein eiserner Nagel geschlagen ist. Dessenungeachtet ist das Glockengeläute zu Neustadt noch immer eines der schönsten am ganzen Main.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Dritter Band. 966. Die Neustadter Glocke. 966. Die Neustadter Glocke. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F3BC-A