[194] 645. Von dem Schittensamen und seinem falschen Knechte.
VonHans Kugler. – Nach der Bearbeitung imWunderhorn II., 180. Original bei Uhland I., 345.
Was wollen wir aber singen?
Von einem Edelmann,
Wollt die von Nürnberg zwingen,
Doch ihm sein Kunst zerrann,
Schittensamen war er genannt,
Er hat die von Nürnberg oft griffen an,
Beraubt und auch gebrannt.
Zwar es war sein Ungewinn,
Er bekriegt sie wider Recht,
Was hatten die von Nürnberg im Sinn,
Sie dachten es wird ihm schlecht,
Sechs hundert Gulden boten sie feil,
Wer ihnen den Schittensamen brächt,
Daß er ihnen würde zu Theil.
Der Schittensamen hätt einen Knecht,
Dem thats der Gulden Noth,
Er diente seinem Herrn nit recht,
Er gab ihn in den Tod,
Davon ward ihm sein Seckel schwer,
Sein Herz war aller Untreu voll,
Und aller Frommheit leer.
Er nahm sich vor im falschen Sinn,
Wie er den Dingen thät,
Er ging zu seinem Herren hin,
Hätt' mit ihm heimlich Red:
Ich weiß ein reichen Nürnberger Bauren,
So ihr dazu nun helfen wollt,
So wollen wir ihn erlauren.
Der Schittensamen hinwieder sprach:
Wo sizt der Bauer im Land? –
Er sizt nit fern vom Nürnberger Wald.
Da spricht der Knecht zur Hand:
All sein Gelegenheit weiß ich wohl,
Sechs hundert Gulden muß er uns geben,
Wenn ich ihn bringen soll.
Der Schittensamen hinwieder spricht:
Nun sind doch euer wohl drei,
Bringt ihr den Bauren in meine Gewalt,
Euer Theil ist auch dabei,
Ich reit nit gern so fern hinzu,
Wollt ihrs zu Fuße wagen,
Mein Urlaub habt dazu.
Der untreu Knecht, der konnt sich regen,
Mit seiner Schalkheit groß,
Er sprach: Herr so reit uns entgegen,
Und gebt uns auch ein Los',
Nur ein halb Meil hinzu.
Der Schittensamen wieder sprach:
Das will ich gerne thun.
Der ein Knecht nahm der Red sich an,
Er sprach ich weiß ein Rath,
Wir lassen ein Fräulein mit uns gahn,
Das bringt uns Wein und Brod,
Wenn uns der Bauer nicht käm bald,
Und wir die Nacht verziehen,
Und bleiben im Nürnberger Wald.
Sie nahmen ihr Spieß und auch ihr Wehr,
Und zogen über Feld,
Der Schittensamen gab ihnen Weis und Lehr,
Er meint, es brächt ihm Geld.
Er wünscht ihnen allen Glück und Heil,
Er sprach sie solltens frischlich wagen
Auf einen gleichen Theil.
Das Fräulein liessen sie mit gehn,
Bis daß sie Nürnberg sahen,
Sie sezten sich nieder und ruheten,
Die Glocken hörten sie schlagen,
Da war es in der neunten Stund,
Der Pfundstein zum Fräulein sprach
Aus seinem falschen Mund.
[195]Geh hin und bring uns Wein und Brod,
Daß wir uns des Hungers erwehren,
Würden uns des Bauren Gulden roth,
Wir wollten lang darvon zehren,
Ich hofft der Bauer wird uns schier,
Ist dir der Frankenwein zu sauer,
So bring uns ein Malvasier.
Das Fräulein hob sich aus dem Wald,
Wohl über Stock und Stauden,
Das Thor zu Nürnberg fand sie bald,
Mit Laufen und mit Schnaufen:
Auf das Rathhaus war ihr Gang,
Da sie den Burgermeister fand,
Die Stadtknecht giengen ihr nach.
Sie sagt ihnen all Gelegenheit,
Sie führt sie auf ein Ort,
Der Burgermeister war doch gescheidt,
Er merkt auf ihre Wort,
Hält sich dennoch nicht ganz daran,
Denn Frauen List und Worte
Betriegen manchen Mann.
Doch macht er bald, daß es geschah,
In einer halben Stund,
Daß man wohl manchen Reiter sah,
Freudig von Herzensgrund,
Mit ihren Harnischen bekleidt,
Und was zum Dienst gehöret,
Das war bald gar bereit.
Sie ritten vor den grünen Wald
Hinaus die unverzagten Mann,
Drei Gesellen auf der Lauer bald,
Die griffen sie frischlichen an,
Zwei führten sie gen Nürnberg ein,
Ins Rathhaus unter die Erden,
Da mußt ihr Herberg sein.
Den dritten sezt man auf ein Pferd,
Um ihn manch Reiter gut,
Er sollt ihnen zeigen Weg und Fähr,
Ihm folgt ein Hinterhut,
Ihr Harnisch war lauter und erklang,
Sie ritten durch manchen grünen Wald,
Da mancher Vogel in sang.
Sie ritten bis zum dritten Tag,
Eh daß sie kamen dar,
Sie hielten bei einander im Hag,
Niemand wahr ihrer gewahr,
Bis daß sie sahen das Räuberschloß,
Sie zogen doch nit gar daran,
Sie stellten auf ihre Geschoß.
Der Knecht sich aus dem Sattel schwang,
Er ging des Wegs ein Theil;
Es gelang ihm auch, darnach er rang,
Er entbot seinen Herrn in Eil,
Er sollt zu ihm reiten in den Wald,
Sie hätten ein Wildbret gefangen,
Die Müh würd ihm bald bezahlt.
Der Schittensamen nit anderst dacht,
Als er die Red vernahm,
Er meint, sie hätten den Bauren gebracht,
Er wollte ihn machen zahm,
Drum ritt er ihnen entgegen bald,
Da fingen ihn die Nürnberger Reiter,
Die hielten auf ihn im Wald.
Da führten sie ihn gen Nürnberg ein,
Da schaute ihn mancher Mann,
Weiß nicht weß sich die Herrn besannen,
Sah einer den andern wohl an,
Schlechten Empfang hätt da Schittensam,
Von einem Bürger, der hieß Löffelholze,
Der sprach: Willkomm ins Teufelsnam.
Man führt ihn zu der Herberg sein,
Da mancher gefangen drin liegt,
Darin steht ein Kapelle fein,
Da man die Räuber in wiegt,
Darin da dehnet man ihn sein Haut,
Was er den von Nürnberg hätt gethan,
Das sagt er überlaut.
Darnach führt man ihn vor Gericht,
Und seiner Knecht wohl zween,
Es war ein böse Zuversicht,
Sie hörten die Urtheil gehn,
Der Herr ward urtheilt in das Feuer,
Die Knecht sollt man köpfen,
Das Lachen war ihnen theuer.
[196]Das Leben ward ihnen abgesagt,
Es mocht nicht anders gesein,
Die Knecht traten dem Herrn voraus,
Bis zu dem Rabenstein,
Ueber ein Schwerdt vergossen sie ihr Blut,
Deß auch der Schittensamen begehrte,
Es mochte ihm nicht werden zu gut.
Er ward in einen Feuer verbrannt,
Daß weiß noch mancher Mann,
Darin da nahm sein Leben ein End,
Gott sehe seine Marter an,
Gott geb der Seel die ew'ge Ruh,
Darum ist das mein treuer Rath,
Daß niemand Unrecht thu.
Der uns das Liedlein neues sang,
Von Neuem gesungen hat
Er hats geschickt einem weisen Rath,
Zu Nürnberg in der Stadt,
Hans Kugler ist er genannt,
Er war ihr steter Diener,
Und dienet ihnen all zu Hand.