462. Die Kirchen in Tollbath und Weissendorf bei Ingolstadt.
Fr. Panzer S. 242 u. Oberbayr. Archiv Bd. V. H. 3.
In der Mauer der sehr alten Kirche zu Tollbath bei Ingolstadt, ist eine männliche Figur in Stein ausgehauen, welche nur einen Fuß hat. Von dieser geht folgende Sage: Vor vielen hundert Jahren lebten in dieser Gegend zwei Riesen, welche Baumeister waren, und miteinander übereinkamen, daß jeder eine Kirche, der eine in Tollbath, der andere in dem eine Stunde entfernten Dorfe Weißendorf, aber in äußerst kurzer Frist erbauen sollte. Dabei machten sie zur Bedingung, daß derjenige, [476] welcher seinen Bau später als der andere beendigen würde, nicht nur sein Vermögen, sondern auch seine Freiheit verlieren sollte, so daß er sein ganzes künftiges Leben hindurch dem anderen als Sclave dienen müßte. Der Anfang mit den Bauten wurde gemacht, und das Werk beiderseits mit der größten Thätigkeit betrieben. Da aber der Riese in Weißendorf wahrnahm, daß der Riese in Tollbath seinen Bau eher beendigen werde, als er, so wurde er um so mehr hierüber ergrimmt, als sein Werk wegen allerlei Hindernissen weniger rasch von Statten ging. Wie er erst sah, daß sein Gegner eines Tages gänzlich mit seinem Bau fertig werden, bei ihm es aber noch einen Tag länger dauern werde, kehrte sich sein Zorn in Wuth; er schleuderte von Weißendorf große Steine nach Tollbath, und, da dieses nicht helfen wollte, warf er in dem Augenblick, wo der letzte Stein gelegt, und der letzte Hammerschlag gemacht werden sollte, seinen großen Hammer mit solcher Kraft hinüber, daß dadurch das linke Bein des Riesen in Tollbath hinweggerissen wurde, und dieser das Leben einbüßte. Zum Andenken sei der Riese in Stein ausgehauen, und dieser in die Kirche eingemauert worden.