278. Sterneckerschloß bei Roth nächst Kissingen.

Fr. Panzer Beitrag S. 182.


Auf dem Berg Sterneck stand in alten Zeiten ein Schloß gleichen Namens, welches aber in die Tiefe versunken ist. Von dem Sterneckerschloß zieht, so geht die Sage, ein unterirdischer Gang unter der Saale durch, und hat in dem Thurme des alten Schlosses zu Steinach seine Mündung. Vor Zeiten kamen durch diesen Gang zwei Jungfrauen auf die Kirchweih in Steinach zum Tanze. Sie waren allgemein unter dem Namen: »die Sterneckerfräulein« bekannt. Sie durften nie über die zwölfte Stunde weilen. Einst suchten sie die jungen Leute zu bestimmen, länger zu bleiben; nur eine ließ sich bewegen, und weilte bis zwei Uhr in der Nacht, gerieth aber dann in große Angst und eröffnete ihren Tänzern, daß sie schwerer Strafe nicht entgehen werde; sie möchten nur nach der Saale gehen, zeige diese einen rothen Strich, so habe sie ihre Schuld mit dem Leben gebüßt. Hierauf eilte sie durch den unterirdischen Gang fort. Die jungen Leute sahen die blutigen Wellen. Von nun an [269] kommen die Sterneckerfräulein nicht mehr zum Tanz. Einst ging ein Mann am Weihnachtstag früh fünf Uhr von Steinach nach Windheim. Als er an das Schloß Sterneck kam, sah er eine Schlüsselblume. Er wunderte sich, im Winter eine so schöne Blume zu finden, pflückte und steckte sie auf den Hut. Nun irrte er aber lange im Walde herum, und es war ihm, als ob ihn eine unsichtbare Macht in die Höhe ziehe. In Schrecken und Angst gelangte er vor ein großes Thor eines Schlosses, welches sich von selbst öffnete. Er trat in das Schloß und sah ein weißes Fräulein, neben ihr zwei weiße Tücher ausgebreitet; auf dem einen lag ein Haufe Roggen, auf dem andern ein Haufe Weizen. Dabei lag ein schwarzer Hund. Der Mann faßte Muth, nahm von jedem Haufen eine Handvoll Körner, steckte sie in die Tasche, und verließ das Schloß. Als er ein Stück Weges gegangen war, sah er nach der Schlüsselblume, hatte sie aber nicht. Aber die Körner hatten sich in pures Gold verwandelt. Es reute ihn, daß er nicht mehr genommen hatte. Noch vor nicht langer Zeit, wird erzählt, gruben Schatzgräber im Sterneckerschloß; sie fanden Asche, zusammengeschmolzene Metalle; endlich zogen sie einen Kessel mit Geld herauf; aber schnell errichtete der Teufel hinter ihnen einen Galgen und nannte einen der Schatzgräber mit Namen; voll Schrecken rief dieser: Jesus! Maria! da versank der Schatz, und er hatte nur den Kesselring in der Hand. Eine Frau sah öfter den Schlangenkönig, wie er sich in der Saale badete. Als er einst wieder kam, breitete sie auf der Wiese am Ufer ein weißes Tuch aus, auf welches der Schlangenkönig seine Krone legte. Die Frau nahm die Krone und lief nach ihrer Wohnung; der Schlangenkönig eilte ihr aber so schnell nach, daß die gerade noch zur rechten Zeit die Hausthüre hinter sich zuwerfen konnte, gegen welche der Schlangenkönig mit solcher Gewalt stieß, daß er todt zu Boden fiel. Die Sage von dem Sterneckerfräulein ist in dortiger Gegend ziemlich verbreitet.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 278. Sterneckerschloß bei Roth nächst Kissingen. 278. Sterneckerschloß bei Roth nächst Kissingen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F252-F