1168. Sagen vom Schlosse Lechsgemünd.
Mündlich.
Wo sich die Fluthen des Lechs und der Donau vereinigen, ragen hoch auf gewaltigem Felsen die Mauerreste der ehemaligen stolzen Veste Lechsend oder Lechsgemünd empor. Weithin herrschte sie vor Zeiten über [191] das umliegende Land, gefürchtet von den Umwohnern, besonders aber den vorüberziehenden Donaufahrern und Kaufleuten. Denn die Ritter waren gottlose Räuber, die von ihrem Felsenneste auf schnellen Rossen die Wanderer überfielen und beraubten, die Donau aber mit langen Ketten sperrten und alsdann die Schätze der Ulmer oder Regensburger Kaufherrn zu ihrem Eigen machten. Dann hausten sie lustig auf ihrer Burg von dem gestohlenen Gut, hielten Bankett über Bankett und tranken den besten Rheinwein aus goldenen Pokalen. So lebt die Erinnerung an die Gefürchteten noch im Munde des Volkes. Aber das Volk weiß auch noch, wie Gottes Strafe über die Ritter kam und ihre stolze Burg durch Feuer in einen Schutthaufen verwandelt wurde. Auch haben die Todten keine Ruhe. Noch versammeln sie sich um Mitternacht zum rauschenden Gelage, und lärmen und toben, bis der Hahn den Tag verkündet. Dann ist Alles wie auf einen Schlag wieder verschwunden.