I. Teufelsgeister.

§. 1. Geisterglaube.

Das Volk glaubt durchweg an Geister und ihr Erscheinen, und kein Gelehrter wird ihm diesen Glauben hinwegdemonstriren. In diesem Geisterglauben drückt sich ein tiefes sittliches Gefühl aus, daß dem Bösen nach diesem Leben wird, was er verdient hat, daß es eine Unsterblichkeit der Seele und göttliche Gerechtigkeit gebe. Betont wird hiebey, daß das Böse imWillen liege und somit die Strafe in so lange nicht enden könne, als der Wille – auch bey den Geistern – böse bleibt, daß folglich auch die Verdammten, wenn sie nur wollten, zur Seligkeit gelangen könnten.

Dieses sittliche Gefühl hebt sich noch um eine Stufe höher, indem nach der Anschauung des Volkes die Strafe gerade in dem besteht, worin der böse Wille gefehlt [98] hat, jedes Verbrechen seine eigene, naturgemässe Strafe aus sich erzeuge.

Darin findet es Genugthuung gegen die, welche es bedrückten, und auch für Jene hat es den Tag der Vergeltung, welche das weltliche Recht nicht erreichte, wie vorzugsweise in früheren Zeiten die Amtleute und Verwalter der Landsassen sich bey ihm gründlich verhaßt gemacht hatten.

Wo ihm der menschliche Richter nicht hilft, legt es getrost sein Anliegen in die Hand des ewigen Richters: »Einmal muß doch Recht werden.«

Von den seligen Geistern weiß das Volk nichts zu erzählen; dagegen sind ihm die Unreinen, die Verdammten, an den Erdkreis gehalten: sie thaten die Werke der Finsterniß und wohnen nun am dunklen Orte, und nicht der Tag, die schwarze Nacht ist ihre Zeit.

Eigentümlich ist es hiebey, wie der reine Mensch bestimmenden Einfluß übt auf die Geister, seyen es die Armen Seelen, für welche er erfüllt, was sie unterlassen, oder gutmacht, was sie verbrochen, seyen es die unruhigen bösen Geister, welche er bändigt, verbannt; – wie hinwiederum die bösen Geister ihrerseits den bösen Menschen zu beherrschen, auf ihr Gebiet hinüberzubringen vermögen.

Da der Geisterglaube auch im Heidentume Wurzel geschlagen, haben sich Anklänge aus jener Zeit beym Volke erhalten, und dieses gerade hier um so mehr, als die Götter und ihre Himmel zu Teufeln und Höllen herabgesunken sind.

[99] Daher das Jagen der Geister, ihre Spiele mit Karten und Kegeln, ihre Gelage, selbst ihr Kämpfen, ähnlich dem fröhlichen Leben der Einherjar in Walhalla.

Nicht minder streifen die Geister an die Elben, wenn sie zur Berathung, zu Tanz zusammenkommen.

Endlich die Farben, in welche die Geister sich kleiden, sind von jenen der Göttin der Unterwelt, der Hel, entlehnt.

Wie jetzt noch die Verdammten, überhaupt die Geister, von den Menschen befragt, zum Zeugniß aufgefordert werden über Geheimniß und Zukunft, hat schon Odin die Vala in der Unterwelt um die Zukunft befragt.

Wenn die Geister wieder gehen, heißt es, kommt eine gute Zeit. Das ist heidnische Anschauung: wenn die alten Götter wieder auferstehen und damit das alte Deutsche Volk, bricht goldne Zeit an. Mit richtigem Takte setzt das Volk den Geisterbann in die Zeit Napoleons: es gab wohl keine Zeit, in welcher der Deutsche so schmählich fremdem Joche erlag, und nicht zu verargen ist es dem Volke, wenn es meynt, es wäre selbst den Geistern unheimlich auf Deutschem Boden geworden.

Dabey ist hervorzuheben, wie das Volk jetzt schon den weltstürmenden Napoleon in das Bereich des Mythischen zieht, noch auffallender, daß ihm der Schwedenkönig, der doch erst zwey Jahrhunderte früher nicht minder sich bemerklich gemacht hat, ganz aus dem Gedächtniß entschwunden ist. Es kennt nur den »Schweden,« der seine Burgen, Kirchen und Klöster niedergebrannt hat.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Zweyter Abschnitt. 1. Teufelsgeister. 1. Geisterglaube. 1. Geisterglaube. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-EDC9-A