2.

Eine merkwürdige Sage ward mir aus Oberviechtach, ohne daß ich bis jetzt Gelegenheit fand, sie zu beglaubigen. Darnach ging am Sattelstein, im Holze bey Dieterskirchen, ein weisses Pferd ohne Kopf, eine Stute; es konnte reden und buck Brodkuchen, von denen es den Wanderern des Weges anbot: wer die Gabe nicht annahm, den ließ es nicht vorbey. Zuletzt [191] gab es den Rath, ein steinernes Pferd seiner Grösse an die Stelle setzen zu lassen, so wolle es die Leute nicht mehr belästigen.

Die Geister fahren oft im Wagen, von Rossen gezogen; vielleicht Nachklingen der Wagenfahrenden Götter und Hinweisung auf alte Götterstätten. So fährt ein schwarzer Geist, im Gesichte mit grauen Flecken, also noch erlösungsfähig, im Bruckerwalde in einer Kutsche, vorne dran ein Pferd ohne Kopf. Kommt man ihm nahe, so weicht er aus und sollte er auch an den Bäumen hinauf fahren müssen.

Zumeist haben solche Geisterpferde keinen Kopf, so wie auch Menschengeister gar häufig ohne einen solchen wandern. Bey Hemau und Schambach, amGalgenholz, geht ein Rappe ohne Kopf, und verführt die Leute mit Wagen und Geschirr in einenTeich des Holzes. Ebenso bey Teunz an einem Holze.

Menschen, welche etwas energisch gelebt haben, werden nach dem Tode in schwarze Pferde verwandelt. Vohenstrauß.

Einmal lebte ein Bauer, der die Geister beschwören konnte. Dabey war er arm und deßhalb von dem Gutsherrn hart bedrängt. Dieser kam denn eines Tages zu ihm, hieß ihn in den nahen Wald mitgehen und bezeichnete ihm da einen grossen Baum; den solle er fällen und mit seinen Thieren, einem schwachen Rößlein und kleinen Ochsen, auf den Schloßhof fahren, so sey ihm die Schuld erlassen. Der Bauer fällte den Baum: um ihn aber auf den Schloßhof zu bringen, beschwor [192] er die Ahnen des Gutsherrn, in Gestalt von Rossen zu erscheinen. So fuhr er mit grossen drey Rappen zur Berg. Schnell stand der Herr vor ihm und frug, woher er, der arme Schelm, die stattlichen Thiere habe. Ohne Zögern und voll Hohn erwiderte der Bauer: »Herr, das sind keine Pferde, es sind deine Ahnen, Vater, Großvater und Urahn: daß dieser allein zieht, ist Ursache, daß er deiner wartet.« – Da ging der Gutsherr in sich und bedrängte von nun an seine Unterthanen nicht mehr. Tiefenbach.

Es scheint mir beachtenswerth, daß, wo Pferd oder Rind sich zeigen, Lage und Benennung der Stelle selber mehr oder minder auffallen, und einen gewissen Zusammenhang mit jenen mutmassen lassen. Und nicht zu übersehen sind die steinernen Pferde, eigentümlich geformte Steine, welche öfter durch das Land sich finden, und habe ich bis jetzt keinen Roßberg noch entdeckt, so sind desto häufiger die Benennungen der Berge und Hügel von dem Rinde, Ochs und Kuh, entlehnt.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Zweyter Abschnitt. 2. Teufelsmenschen. 30. Geisterhafte Thiere. 2. [Eine merkwürdige Sage ward mir aus Oberviechtach, ohne daß ich]. 2. [Eine merkwürdige Sage ward mir aus Oberviechtach, ohne daß ich]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E857-1