8.

Die gefährlichsten Feinde des Hühnervolkes aus dem Thierreiche sind Fuchs und Hacht; um so mehr trägt Bauer und Bäuerin Sorge, die Hühner vor ihnen zu schützen; sie bedienen sich hiezu der sonderbarsten abergläubischen Mittel. Besonders ist es wieder der Fastnachtdienstag, welcher als die geeignete Zeit hiefür erscheint.

Um Falkenstein stehen die Dirnen an diesem Tage früh auf und waschen, ihre Hemden zum »Kodika«; so weit man das Pläschen des Waschbläues hört, so weit kann im Jahre der Fuchs nicht zu.

[349] Die Ueberbleibsel des Mahles, der Mittagsricht, bringt man in einem alten Scherben auf des Nachbarn Grund, so kommt der Fuchs nicht ins Haus.

Auch gibt man ihnen in Branntwein geschwellten Waizen zu fressen und läßt sie mit der Ermahnung los: »St. Biberln, schauds feiñ das enk da Fuchs niad kriagd.«

Auf den Einöden um Roding wird vor der Sonne im Hofe eine Sperrkette ausgebreitet, im Kreise oder der Länge nach, und Waizen ausgeworfen, wovon man die Hühner fressen läßt; dadurch sind sie in diesem Jahre sicher vor dem Fuchsfang. Mit der Kette wird dann gerasselt und geschlagen, und soweit der Schall geht, kann der Fuchs nicht heran. Weiter hinauf um Neukirchen wird den Hennen Brod mit Branntwein befeuchtet in den »Hennanousch« gethan und die Sperrkette darüber gelegt, damit die Hennen durch deren Glieder hindurch das Brod fressen, so fangt sie der Hacht nicht.

Bey Naabburg schlägt man mit der Hackenplatte an ein Brett der Schupfe oder des Stadels, und so weit der Hall dort geht, meidet der Fuchs im Jahre das Haus – oder man füttert die Hühner unter dem Tische und zieht, während sie fressen, eine Sperrkette herum, so kann der Hacht keines der Hühner im Jahre fangen.

Zu Waldthurn schlägt der Bauer vor der Sonne mit der Hacke einen Pflock in den Boden, und so weit die Schläge klingen, kann Fuchs und Hacht kein Huhn rauben. Wenn der Hühnergeyer oder Vogelhacht fliegt, rufen die Bauernkinder um Amberg ihn zu:


[350]

Hacht, Hacht,

Flayg dreymal um und um,

Kraygst an alts Henna drum.


Am Gewissenhaftesten aber geht man um Velburg zu Werke, um den Fuchs zu verthun. Gewöhnlich geht der Bauer, auch die Bäuerin, Morgens sieben-oder neunmal um die Hofraum unter Hersagen eines Bannspruches, worauf dann eines vom Hause dem Fuchs das Fressen vor die Hausthüre in den Hof hinstellt; so oft nun auch der Fuchs durch den Hof kommt, bekommt er das Maulgesperr. Doch darf man während des Jahres im Hause das Wort »Fuchs« nicht mehr aussprechen, und muß dafür »Hennabou« oder »Raudröckl« gebrauchen; denn wie man den Fuchs nennt, kommt er gerennt.

Oder die Bäuerin holt am Morgen unbeschrien neunerley Holz und legt es auf die Nudeln von Roggenmehl, welche sie vorher den Hühnern vor die Steige gestreut hat; dann läßt sie diese darüber gehen und die Nudeln herausfressen. Kommt nun der Fuchs im Jahre durch, so hat er die Klamm oder das Maulgesperr; doch darf man den Fuchs nicht bey Namen nennen, sonst ist der Bann gelöst.

Zu Hollerstetten bey Velburg wird Abends dem »Hennabou« von jeder Richt etwas in einem Scherben vor die Hausthüre hingestellt, damit er das ganze Jahr kein Huhn hole; er wird dadurch so beschrien, daß, wenn er auch um die Hennen herumgeht, er ihnen nicht beykommen [351] kann. Auch hier muß man im Hause statt Fuchs »Hennabou« oder »Hennageyar« sagen.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Fünftes Buch. Die Thiere des Hauses. 7. Hühner. 8. [Die gefährlichsten Feinde des Hühnervolkes aus dem Thierreiche]. 8. [Die gefährlichsten Feinde des Hühnervolkes aus dem Thierreiche]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E03E-E