4.
Das Volk unterscheidet genau die Arme Seele von den bösen Geistern, und hält unter diesen hinwiederum die Menschenseele von jener dergefallenen Engel in strenger Trennung. – Es rechnet seine alten heidnischen Götter, Halbgötter und Helden bald zu den Teufeln, bald zu den gefallenen Engeln. [102] Thut es aber auch das Erstere, so schlägt doch jetzt noch das Mitleid vor, welches der bekehrte Germane für seine früher geliebten, nun gestürzten Götter fühlte: damit sie nicht ewig leiden müssen, soll es auch der Teufel, ihre jetzige Metamorphose, nicht. Vielleicht bricht hier noch der Gedanke von Wiedererstehen der Götter aus der Götter-Nacht, dem Weltuntergange, durch. Merkwürdig erscheint es jedenfalls, daß besonders jenen Geistern, welchen mythische Persönlichkeit zu Grunde liegt, gewöhnlich das Gesicht mit Moos oder mit Spinnweben verhüllt ist. Der bekehrte Germane soll seinen Göttern nicht mehr in's Auge schauen: ihr Licht ist erloschen, ihr Bild verhüllt, aber nur bis zur Zeit, wo auch ihnen die Stunde freudiger Wiedergeburt schlägt. Der wahre Teufel trägt seine Fratze offen zur Schau. Dagegen sind Zwerge, Wasserfrauen, Wassermänner, Riesen, nicht verhüllt: sie tragen menschliches Antlitz, oft in höherer Schönheit. Sie müssen also um eine Stufe niedriger stehen als jene, und näher zu den Menschen, deren Umgang sie lieben, sich stellen. – Darum soll auch der Spruch an die Geister lauten: Ich und Du und alle guten Geister loben Gott den Herrn u.s.w., sonst hindert man die bösen Geister, Gott zu loben und erlöst zu werden, worüber die Einen in Wehklagen, die Anderen in Fluchen ausbrechen. Neuenhammer.
Dabey drängt sich noch die Frage auf, ob das Ueberkleidetseyn der Geister mit Moos und Spinnweben nicht einen reelen Hintergrund habe? In beydes kleiden sich [103] auch alte Bäume. Wir wissen von heiligen Bäumen der heidnischen Germanen, der Eiche des hl. Bonifaz, der Irminsul u.s.w.
Sollten sie Symbole der Götter, welche an ihnen verehrt wurden, gewesen seyn? Noch heute besteht ein solcher Baum-Kultus, indem an merkwürdige Bäume die Bilder der Heiligen befestiget werden.