9.
Ein Bauer ging auf den Markt. Auf dem Wege mußte er über ein Brückchen. Da stand ein kleiner Knabe, der ihn bat, ihn doch hinüber zu tragen, da er gar so wasserscheu wäre.
Der Bauer hob ihn also auf und nahm ihn auf seinen Rücken. Während dem nießte der Kleine. Der Bauer sagt: Helf Gott! – ebenso mußte er auf der Mitte und am Ende des Brückchens nießen, und jedesmal [302] sagte der Bauer sein »Helf Gott.« Wie er dieses das drittemal gesagt hatte, rief der Kleine: »Vergelts Gott, du hast mich erlöst. Schon viele haben mich getragen, beym erstmaligen Nießen auch ›Helf Gott‹ gesagt, aber nur du hast mir dreymal Gottes Hilfe gewünscht. Hättest du mich diesmal nicht erlöst, so wäre dir eine Kuh gefallen, welche du in deinem Garten eingegraben hättest. Aus der Stelle wäre ein Baum gewachsen, aus diesem Baume wären Bretter geschnitten und aus diesen eine Wiege gemacht worden, und das erste Knäblein, das darin gelegen, würde mich erst erlöst haben.« Dann sagte er ihm noch viel Unglück, unter Anderem dreymaliges Abbrennen, voraus und verschwand.
Gleich grosse Verbreitung, wie die vorgehende, hat diese Sage vom dreymaligen Nießen und Helfgott.
Merkwürdig ist auch der Zug in diesen Sagen, daß den Menschen, der eine Arme Seele erlöst hat, Unglück an Leib und Gut zum Lohne trifft, gleich als wären Leiden ein vorzügliches Geschenk.