[581] [882]Arthur Schnitzler
Der Sohn

Der Sekundant

Ich war damals dreiundzwanzig Jahre alt, und es war mein siebentes Duell, – nicht mein eigenes, aber das siebente, an dem ich als Sekundant teilnahm. Lächeln Sie meinetwegen. Ich weiß, es ist in unserer Zeit üblich geworden, sich über derartige Veranstaltungen lustig zu machen. Man tut nicht recht daran, meine ich, und ich versichere Sie, das Leben war schöner, bot jedesfalls einen edleren Anblick damals – unter anderem gewiß auch darum, weil man es manchmal aufs Spiel setzen mußte für irgend etwas, das in einem höheren oder wenigstens anderen Sinn möglicherweise gar nicht vorhanden oder das wenigstens den Einsatz, nach heutigem Maß gemessen, eigentlich nicht wert war, für die Ehre zum Beispiel oder für die Tugend einer geliebten Frau oder den guten Ruf einer Schwester, und was dergleichen Nichtigkeiten mehr sind. Immerhin bleibt es zu bedenken, daß man im Laufe der letzten Jahrzehnte auch für viel Geringeres völlig nutzlos und auf Befehl oder Wunsch anderer Leute sein Leben zu opfern genötigt war. Im Zweikampf hat doch immer das eigene Belieben mitzureden gehabt, auch dort, wo es sich scheinbar um einen Zwang, um eine Konvention oder um Snobismus handelte. Daß man überhaupt mit der Möglichkeit oder gar der Unausweichlichkeit von Duellen innerhalb eines gewissen Kreises wenigstens rechnen mußte, – das allein, glauben Sie mir, gab dem gesellschaftlichen Leben eine gewisse Würde oder wenigstens einen gewissen Stil. Und den Menschen dieser Kreise, auch den nichtigsten oder lächerlichsten, eine gewisse Haltung, ja den Schein einer immer vorhandenen Todesbereitschaft, – wenn Ihnen dieses Wort auch in solchem Zusammenhang doch allzu großartig erscheinen sollte.

Aber ich schweife ab, noch ehe ich angefangen habe. Ich wollte Ihnen ja die Geschichte meines siebenten Duells erzählen und Sie lächeln wie vorher, weil ich wieder von meinem Duell spreche, obwohl ich doch, wie es nun einmal meine Bestimmung war, auch in diesem Fall nur Zeuge, aber nicht Duellant gewesen bin. Schon mit achtzehn Jahren, als Kavalleriefreiwilliger, war ich zum ersten [882] Male Sekundant in einer Ehrenaffäre zwischen einem Kameraden und einem Attache der französischen Gesandtschaft. Bald darauf wählte mich der berühmte Herrenreiter Vulkovicz zu seinem Sekundanten in dem Duell mit dem Fürsten Luginsfeld und auch weiterhin, trotzdem ich weder Adeliger noch Berufsoffizier, ja sogar jüdischer Abstammung war, wandte man sich ganz besonders in schwierigen Fällen, wenn man eines Sekundanten bedurfte, mit besonderer Vorliebe an mich. Ich will gar nicht leugnen, daß ich es zuweilen ein wenig bedauerte, diese Dinge immer nur sozusagen als Episodist mitzumachen. Recht gern wäre ich einmal selbst einem gefährlichen Gegner gegenübergestanden und weiß nicht einmal, was ich im Grunde vorgezogen hätte – zu siegen oder zu fallen. Aber es kam niemals dazu, obzwar es wahrlich nicht an Gelegenheiten fehlte und wie Sie sich wohl denken können, an meiner Bereitwilligkeit niemals der geringste Zweifel bestand. Vielleicht war übrigens das mit ein Grund, daß ich niemals eine Forderung erhielt, und daß in den Fällen, wo ich mich zu fordern genötigt sah, die Angelegenheiten stets ritterlich beigelegt wurden. Jedenfalls Sekundant war ich mit Leib und Seele. Das Bewußtsein, gewissermaßen mitten in ein Schicksal oder besser an die Peripherie eines Schicksals gestellt zu sein, hatte stets etwas Bewegendes, Aufrührendes, Großartiges für mich.

Dieses siebente Duell aber, von dem ich Ihnen heute erzählen will, unterschied sich von allen meinen andern, früheren und späteren dadurch, daß ich von der Peripherie gleichsam in den Mittelpunkt rückte, daß ich aus der Episodenfigur eine Hauptperson wurde, und daß bis zum heutigen Tage kein Mensch von dieser sonderbaren Geschichte etwas erfahren hat. Auch Ihnen mit Ihrem ewigen Lächeln hätte ich nichts davon erzählt, – aber da Sie ja in Wirklichkeit gar nicht existieren, so werde ich Ihnen auch weiterhin die Ehre erweisen, zu Ihnen zu reden, junger Mann, der immerhin so viel Takt besitzt, zu schweigen.

So ist es auch ziemlich gleichgültig, wie und wo ich anfange. Ich erzähle die Geschichte, wie sie mir in den Sinn kommt, und beginne bei dem Augenblick, der mir zuerst in den Sinn kommt, also in dem, da ich in Gesellschaft des Doktor Mülling in den Zug stieg. Nämlich, um keinerlei Mißtrauen zu erregen, vor allem bei der jungen Gattin Eduards, verließen wir schon Montag vormittag den Villenort am See, ja, wir trieben die Vorsicht so weit, am Schalter Billetts bis Wien zu nehmen, stiegen aber natürlich in [883] dem Bahnhof des Städtchens aus, wo am nächsten Morgen das Duell stattfinden sollte.

Doktor Mülling war ein langjähriger, fast gleichaltriger Freund Loibergers, fünfunddreißig etwa. Was mich anbelangt, verdankte ich die Ehre, zum anderen Zeugen auserwählt zu sein, außer meiner schon erwähnten allgemeinen Eignung dazu, dem Umstand, daß ich meine Ferien in der gleichen Sommerirische verbrachte wie Loiberger und in seiner Villa ziemlich oft zu Gast war. Sonderlich sympathisch war er mir nie gewesen, aber das Haus war gesellig, viele angenehme Menschen gingen aus und ein, es wurde musiziert, Tennis gespielt, gemeinsame Ausflüge und Ruderparrien wurden unternommen und endlich war ich dreiundzwanzig Jahre alt. Als Ursache des Duells war mir ein Wortwechsel angegeben worden zwischen Eduard Loiberger und dem Gegner, dem Ulanenrittmeister Urpadinsky. Den kannte ich kaum. Sonntags war er am See gewesen, besuchsweise aus seiner Garnison, offenbar nur zum Zwecke jenes Wortwechsels, der als Vorwand für das Duell dienen sollte, aber im Jahr vorher hatte er den ganzen Sommer mit seiner Frau hier verbracht.

Die Erledigung der Angelegenheit war den beiden Herren offenbar sehr eilig. Die Besprechung zwischen den Sekundanten hatte schon am Sonntag abend, wenige Stunden nach jenem Wortwechsel, und zwar in Ischl stattgefunden. Mülling und ich waren von Loiberger angewiesen, die Bedingungen der gegnerischen Sekundanten ohne Widerrede zu akzeptieren; sie waren schwer.

Also am Montag kamen Mülling und ich in der kleinen Stadt an.

Wir besichtigten vor allem das Terrain, das zu dem Rendezvous-Platz für morgen bestimmt worden war. Auf einer kleinen Spazierfahrt, die sich daran schloß, sprach Mülling von seinen Reisen, längst verflossenen Universitätsstudien, Studentenmensuren, Professoren, Prüfungen, Villen bauten, Meisterschaften im Rudersport und allerlei zufälligen gemeinsamen Bekannten. Ich stand damals vor meinem letzten Staatsexamen. Mülling war ein schon recht bekannter Anwalt. Von dem, was für morgen bevorstand, redeten wir wie auf Verabredung kein Wort. Von den Gründen des Duells wußte Doktor Mülling zweifellos mehr, als er mir anzuvertrauen für gut fand.

Am Abend kam Eduard Loiberger an. Er hatte seinen Sommeraufenthalt unter dem Vorwand geplanter Klettertouren in den [884] Dolomiten unterbrochen, wozu eben jetzt ein wundervolles Augustwetter glaubwürdigen Anlaß bot. Wir begrüßten ihn harmlos und brachten ihn in den altberühmten Gasthof auf dem Marktplatz, wo wir ihm das beste Zimmer hatten reservieren lassen. Wir nahmen zusammen im Gastzimmer das Abendessen, plauderten angeregt, tranken, rauchten und fielen in keiner Weise auf, auch nicht den paar Offizieren, die an einem Tisch in der gegenüberliegenden Ecke saßen. Vollkommen sachlich berichtete Doktor Mülling von dem Terrain, auf dem das Duell morgen stattfinden sollte. Es war die übliche Waldlichtung, wie vom Schicksal zu solchen Dingen ausersehen – und ein kleines Wirtshaus lag ganz nahe, darin, wie Mülling heiter bemerkte, schon manches Versöhnungsfrühstück stattgefunden hatte. Dies aber war die einzige Anspielung auf den Zweck unserer Anwesenheit; im übrigen sprachen wir von der für den nächsten Sonntag bevorstehenden Segelregatta, an der auch Loiberger, der Sieger vom vorigen Jahr, teilnehmen sollte – von einem geplanten Zubau für seine Villa, zu dem er, von Beruf Fabrikant, aber Dilettant auf allen möglichen anderen Gebieten, selbst den Grundriß entworfen hatte – von einer der Vollendung nahen Drahtseilbahn auf einen nahen Gipfel, deren Trassierung Loiberger bemängelte – von einem Prozeß, den Doktor Mülling für ihn zu führen hatte und in dem beträchtliche Vermögenswerte auf dem Spiel zu stehen schienen – und von mancherlei anderem, bis Doktor Mülling gegen elf Uhr mit lauem Lächeln bemerkte: »Es wäre vielleicht Zeit, zu Bett zu gehen, schadet nie bei solchen Gelegenheiten, wenn man gut ausgeruht ist, auch nicht den Sekundanten.« Wir verabschiedeten uns von Loiberger und schickten ihn zu Bette, wir beiden anderen aber spazierten in der schönen, warmen Sommernacht noch ein Stündchen in der kleinen Stadt herum. Von diesem nächtlichen Gang ist mir nichts anderes in Erinnerung geblieben als ein tiefschwarzer Schlagschatten, den die Häuser auf dem Hauptplatz auf das mondbeglänzte Pflaster warfen, und nichts von unseren Gesprächen. Ich weiß nur, daß wir von dem morgigen Duell überhaupt nichts geredet hatten.

Deutlich entsinne ich mich aber der Wagenfahrt am nächsten Morgen, ja, noch tönt mir gleichsam das Hufgeklapper der Rosse nach, die uns über die staubige Straße zur Waldlichtung brachten. Loiberger sprach mit übertriebener Wichtigkeit von einer gewissen, in Mitteleuropa neu eingeführten japanischen Strauchart, die er auch in seinem eigenen Garten anzupflanzen [885] beabsichtigte und aus dem Wagen sprang er mit jener Elastizität, die man damals in Zeitungsnotizen immer wieder als besonderes Attribut regierender Fürsten erwähnt las. Das fiel mir ein und ich lächelte unwillkürlich. Loiberger sah mich in diesem Augenblick an und ich schämte mich ein wenig.

Das Duell selbst ist mir beinahe wie ein Marionettenspiel im Gedächtnis geblieben; als Marionette lag Eduard Loiberger da, als die Kugel seines Gegners ihn auf den Boden hingestreckt hatte, und eine Marionette war auch der Regimentsarzt, der den Tod feststellte, ein hagerer, ältlicher Mann mit polnischem Schnurrbart. Der Himmel über uns war wolkenlos, aber von einem merkwürdigen matten Blau. Ich sah auf die Uhr – es fehlten zehn Minuten auf acht. Das Protokoll und die sonst üblichen Formalitäten waren rasch erledigt. Eigentlich war ich froh, daß wir noch die Möglichkeit hatten, den Neun-Uhr-Schnellzug zu erreichen, es wäre unerträglich gewesen, auch nur eine Stunde länger in der unglückseligen Stadt bleiben zu müssen.

Auf dem Perron gingen wir schweigend und ziemlich unbemerkt auf und ab – zwei elegante Touristen auf einer Sommerreise; dann, während ich einen Kaffee trank, berichtete Mülling aus einer Zeitung, daß in den nächsten Tagen der König von England und sein Premierminister zum Besuche unseres Kaisers in Ischl erwartet würden. Wir gerieten in ein politisches Gespräch – es war eher ein Vortrag von Doktor Mülling, den ich nur überflüssigerweise durch ziemlich verständnislose Einwürfe unterbrach. Als der Wiener Zug einlief, atmete ich erleichtert auf, ungefähr so, als könne nun alles Geschehene ungeschehen und Loiberger wieder lebendig werden. In unserem Abteil blieben wir allein; erst nach langem Schweigen bemerkte Doktor Mülling wie zur Entschuldigung, daß er nicht schon früher gesprochen: »Man faßt es nicht gleich, so sehr man auch vorbereitet gewesen sein mag.« Dann sprachen wir beide von allerlei anderen Zweikämpfen, an denen wir als Sekundanten beteiligt gewesen waren, harmlosen und weniger glücklichen – keiner von uns hatte bisher ein tödliches Duell mitgemacht. Wir behandelten das heutige, so traurig beendete zuerst keineswegs sentimental, sondern eher vom ästhetisch-sportlichen Standpunkt. Loiberger, wie nicht anders zu erwarten war, hatte sich famos gehalten, der Rittmeister war minder ruhig und viel blässer gewesen, ja, man hatte deutlich gemerkt, daß vor dem ersten Kugelwechsel seine Hand zitterte. Beide schössen zugleich, keine Kugel traf; beim [886] zweiten Gang war die Kugel des Rittmeisters hart an Loibergers Schläfe vorbeigegangen und Loiberger hatte unwillkürlich nach der Stelle hingefaßt und nachher gelächelt. Beim dritten Gang aber, gleich nach dem Kommando, war er niedergesunken, noch ehe er selbst gefeuert hatte.

Und nun erst, als wäre er von einem gegebenen Worte entbunden, bemerkte Doktor Mülling: »Die Wahrheit zu sagen, ich habe es kommen gesehen; allerdings hatte ich es schon im vorigen Jahr erwartet. Beide, sowohl unser Freund Loiberger als Frau von Urpadinsky – Sie haben ja die Frau des Rittmeisters nie gesehen, schade – benahmen sich so unvorsichtig als nur möglich. Der ganze Ort wußte von der Sache, nur der Rittmeister selbst, obwohl er gar nicht selten aus seiner Garnison zu Besuch nach St. Gilgen kam, hatte keine Ahnung. Erst im Winter soll er anonyme Briefe erhalten haben, dann ging er der Sache nach und endlich, offenbar unter der ewigen Marter seiner Fragen, scheint seine Frau gestanden zu haben. Dann machte sich das übrige von selbst.«

»Unbegreiflich«, sagte ich.

»Inwiefern unbegreiflich?« fragte Mülling.

»Wenn man eine solche Frau hat wie Loiberger – ich hielt es für die glücklichste Ehe.« Ich sah Frau Agathe vor mir, die aussah wie ein junges Mädchen, wie eine Braut, wahrhaftig, wenn man sie beide zusammen sah, Eduard und Agathe, hätte man sie eher für ein Liebespaar halten können – nach einer vier-oder fünfjährigen Ehe – als für ein Ehepaar. Der Ausflug vor vierzehn Tagen auf den Eichberg, als wir mittags in der Sonne lagerten – wir waren sieben oder acht Personen – eigentlich hasse ich ja diese Massenausflüge und ich für meinen Teil hatte mich nur wegen Mademoiselle Coulin angeschlossen – Agathe schien zu schlummern oder sie schloß nur die Augen, weil die Sonne sie blendete, er strich ihr mit den Fingern über Haar und Stirn, sie lächelten und flüsterten wie ein junges verliebtes Paar.

»Und glauben Sie«, sagte ich zu Mülling, »daß Frau Agathe irgend etwas geahnt hat?«

Mülling zuckte die Achseln. »Ich glaube nicht. Jedenfalls hat sie von dem bevorstehenden Duell nichts geahnt und weiß bis zu dieser Stunde nicht, daß ihr Mann tot ist.«

Jetzt erst mit einer Art von Schrecken verspürte ich, daß uns der fahrende Zug der unglücklichen Frau immer näher brachte. »Wer soll es ihr sagen?« fragte ich.

[887] »Es wird wohl nichts übrig bleiben, als daß wir beide –«

»Wir können unmöglich zu zweit antreten wie Komiteemitglieder«, dachte ich, »die eine Balleinladung überbringen.«

»Wir hätten doch gleich von dort aus telegrafieren sollen«, sagte ich laut.

»Die Depesche«, sagte Mülling, »hätte ja doch nur eine Art von Vorankündigung sein können. Über die mündliche Berichterstattung kommen wir doch nicht weg.«

»Ich will es übernehmen«, sagte ich.

Darüber gab es dann noch eine längere Diskussion. Sie war noch nicht zu Ende, als unser Zug im Bahnhof Ischl einfuhr. Es war ein herrlicher Sommertag, auf dem Bahnsteig ein Gedränge von Ankommenden, Ausflüglern, Erwartenden, – auch Bekannte waren darunter, es war nicht ganz leicht, aus dem Stationsgebäude ungehindert auf die Straße zu gelangen; aber endlich saßen wir im Wagen, ohne daß einer an uns herangekommen wäre und sausten auch schon davon. Der Staub wirbelte hinter uns her, die Sonne brannte heftig, wir waren froh, als der Ort hinter uns lag und wir auf die Landstraße und bald in den Wald bogen.

Noch ehe wir von der letzten Straßenbiegung aus die ersten Bauernhäuser des Dorfes erblickten, hatte sich Doktor Mülling damit einverstanden erklärt, daß ich als der Fernerstehende Frau Agathe Loiberger die Trauernachricht bringen sollte.

Der See lag da glitzernd von tausend winzigen zerrissenen Sonnen. Vom gegenüberliegenden Ufer her, das im Dunste der Überhelligkeit sich verschleierte, näherte sich spielzeughaft das putzige Dampfschiff, dessen Schaukelwellen das badende junge Volk sich immer entgegenfreute. Bald hielten wir vor dem Gasthof, der sich ohne zureichenden Grund als »Grand Hotel« bezeichnete; ich stieg aus, Doktor Mülling ließ sich von dem Kutscher weiterfahren zu der Villa, in der er ein Zimmer gemietet hatte, drückte mir die Hand und erklärte, daß er mich um vier Uhr nachmittag aufsuchen wolle.

Ich vertauschte den Touristenanzug, der mir für meine Mission doch wenig angemessen schien, mit einem dunkelgrauen und wählte mit Bedacht eine schwarzgestreifte Krawatte. Ich war am Ende nur auf meinen Geschmack, ja auf meine Intuition angewiesen, denn für einen Besuch, wie er mir bevorstand, gab es begreiflicherweise keine allgemein gültigen Vorschriften. Bedrückten Herzens machte ich mich auf den Weg.

Seitab hinter dem Gasthof führte ein abkürzender Pfad mit [888] gelegentlichen Ausblicken auf den See an etlichen kleineren Landhäusern vorbei zu der weißen, für meinen Geschmack etwas zu großartigen Villa, die Loiberger, natürlich nach eigenen Angaben, für sich hatte erbauen lassen. Ich ging übertrieben langsam, damit nicht gleich ein zu rascher Atem mich verriete, doch fühlte ich mich im ganzen ziemlich ruhig oder wenigstens gefaßt. Ich sagte mir, daß ich einfach eine Pflicht zu erfüllen hatte – das wollte ich in möglichst guter Haltung tun; von meiner innerlichen Beteiligung durfte ich nicht mehr merken lassen, als gute gesellschaftliche Form forderte und erlaubte.

Das Gartentor stand offen, das kunstvoll geordnete Blumenparterre leuchtete bunt, auf den weißen Bänken rechts und links lag die Sonne, über die breite Veranda mit den grellroten Korbsesseln war die rotweißgestreifte Markise gespannt, darüber im ersten Stockwerk standen die Fenster offen, der kleine Balkon vor der Mansarde lag im schiefen Sonnenglanz. Kein Mensch war zu sehen. Alles ringsum war still, nur der Kies unter meinem Schritt knirschte überlaut, wie mir schien. Die Speisestunde war nah, vielleicht saß man schon beim Mittagmahl, vielmehr Agathe allein, denn Eduard befand sich ja auf einer Dolomitentour. Ja, dies war mein erster Gedanke, noch ehe es mir schreckhaft zu Bewußtsein kam, daß er zu dieser Stunde in der Leichenkammer einer kleinen Garnisonsstadt aufgebahrt lag. Und plötzlich empfand ich, was mir für die nächsten Minuten bevorstand, als so grotesk, so unerträglich, so undurchführbar, daß ich mich ernstlich versucht fühlte, umzukehren, noch ehe mich jemand erblickt, ja einfach davonzulaufen, Doktor Mülling zu holen und ihm zu erklären, daß ich unmöglich allein Frau Agathe die grauenvolle Nachricht zu überbringen imstande war.

Da trat aus dem Dunkel des Innenraums der Diener auf die Veranda und grüßte. Offenbar hatte er meine Schritte von innen gehört. Es war ein junger, blonder Mensch in einer blauweißgestreiften Leinenjacke, ging ein paar Stufen hinab mir entgegen und er sagte:

»Die Herrschaften sind nicht zu Hause. Der gnädige Herr ist schon gestern fortgefahren und die gnädige Frau ist noch am See unten.« – Da ich nicht Miene machte, mich zu entfernen, fügte er hinzu: »Aber wenn Herr von Eißler sich vielleicht gedulden wollen – die gnädige Frau muß jeden Moment da sein.«

»Ich werde warten.«

Der Diener schien einigermaßen verwundert, vielleicht fiel ihm [889] die Starrheit, der unverständliche Ernst meiner Züge auf, und mit rasch erkünstelter Leichtigkeit sah ich auf die Uhr und bemerkte: »Ich hab' der gnädigen Frau nur etwas zu bestellen«, und wiederholte: »Ich werde warten.«

Der Diener nickte, ging voraus, rückte einen Sessel zur Seite, der die Mitteltüre zum Salon verstellte, ließ mich vorbei, wies mit einer unbestimmten Geste auf die verschiedenen Sitzgelegenheiten ringsum, verschwand im Nebenzimmer, wo der Tisch zu sehen war, blitzblank mit zwei Gedecken, schloß die Tür hinter sich und ließ mich allein.

Wie ein in Haft Gesetzter vor schwerer Einvernahme stand ich in dem sommerlichen, aber kühl durchschatteten Raum. In ebenholzener Schwärze den Raum beherrschend stand das Piano da und weckte die Erinnerung an den letzten, noch nahen Musik- Abend, den ich hier verbracht hatte. Agathe begleitete ihre Freundin Aline zu einem Schubert'schen Lied. Ich sah ihre schmalen Finger über die Tasten schweben, ja ich glaubte beinahe Alinens Stimme zu hören: »Dir Blumen und Kränze, Sylvia ...« Später, während die übrige Gesellschaft noch im Salon geblieben war, saß ich draußen im Garten, allein, von der lauen Nachtluft, der Musik und wohl auch von dem Champagner, der bei den Gesellschaften im Hause Loiberger selten fehlte, leicht benommen, ja beglückt. Vielleicht schlummerte ich sogar; und wie durch einen Traum spazierte Agathe mit irgendeinem Herrn an mir vorbei. Ich saß im Dunkel, so bemerkten sie mich anfangs gar nicht. Plötzlich aber entdeckte mich Agathe, und im Vorübergehen glitt sie, wie zum Spaß, mit der Hand durch meine Haare, brachte sie in Unordnung und war wieder davon. Das fiel mir weiter nicht auf. Denn in dieser Weise benahm sie sich manchmal. Recht ungezwungen, aber immer mit wundervoller Anmut – wie sie auch die meisten Freunde des Hauses selten beim Namen oder gar mit einem Titel zu nennen pflegte, sondern für jeden irgendeine Bezeichnung gefunden hatte, die keineswegs immer zu dessen Art und Wesen passen mochte, ja oft geradezu das Gegenteil oder überhaupt nichts ausdrückte. Mich zum Beispiel – und das hatte einen gewissen Sinn, denn ich sah damals mit meinen dreiundzwanzig Jahren noch jünger aus, als ich war – nannte sie »das Kind«. – Ich blieb ruhig auf meiner Bank im Dunkel sitzen und wartete, daß die beiden wieder an mir vorüberkämen; was früher geschah, als ich es eigentlich erwartet hatte. Und nun nickte Agathe mir zu, ohne daß sie doch meine Züge deutlich zu erkennen[890] imstande war. Das tat sie oft: zum Gruß immer gleich ein paarmal rasch hintereinander zu nicken. In dieser Art hatte ich sie grüßen gesehen, wenn sie in der Schwimmanstalt am Geländer lehnte, in ihren blauen Bademantel gehüllt; so auf Spaziergängen, wenn ein Bekannter ihr begegnete; in gleicher Weise aber nickte sie Blumen zu, ehe sie sie pflückte, und ebenso grüßte sie eine Almhütte, ehe sie eintrat; es schien ihr eingeboren, also mehr als eine Gewohnheit, sich mit allen Menschen und Dingen, zu denen sie in eine noch so flüchtige Beziehung trat, durch einen Gruß gleichsam persönlich bekannt zu machen. Dieser ihrer Eigenart ward ich mir jetzt erst so deutlich und zum erstenmal bewußt, während ich im sommerlich durchschatteten Salon ihr Kommen erwartete, und meine Finger ohne Sinn mit den Fransen des indischen Schals spielten, der als Klavierdecke diente.

Plötzlich hörte ich Frauenstimmen, Schritte über den Kies, alles immer näher, dann ein Frauenlachen, dann Schritte die Stufen hinauf – und das Herz stand mir stille.

»Wer ist denn das?« rief Agathe fast ein wenig erschrocken. Aber da sie mich erkannte, fügte sie gleich heiter hinzu: »Das Kind«, und reichte mir die Hand. Ich verbeugte mich tiefer, als es sonst meine Art war, und küßte ihre Hand. Sie wandte sich gleich zu Aline, die ein wenig hinter ihr stand, und meinte: »Nun bleibt ihr gleich beide zum Essen da.« Und wieder zu mir: »Ich bin nämlich allein. Eduard ist seit gestern auf einer Bergtour.« Und mit einem nicht ganz heiteren Lachen: »Wer's glaubt!«

Indes hatte ich auch Alinen die Hand geküßt, und als ich meinen Blick wieder erhob, sah ich den ihren mit einer Art mir unerwünschten Einverständnisses lustig in mein Auge sprühen. Da standen sie nun beide, die dunkle Aline ganz in leuchtendes Gelb, die blonde Agathe in sanftes Hellblau sommerlich gekleidet, und in all ihrer Gegensätzlichkeit fast schwesterlich anzusehen. Beide trugen die breitkrempigen Florentinerhüte, wie sie damals modern waren, Agathe nahm den ihren ab und legte ihn auf das Klavier.

»Nein Liebste«, sagte Aline, »ich kann leider nicht bleiben. Ich werde daheim zum Essen erwartet.«

Agathe redete ihr wohl noch ein wenig zu, aber es klang nicht sehr überzeugend. Und während sie zu der Freundin sprach, streifte mich ein fragender, ein verheißungsvoller, ja ein so lockender Blick, daß mich beinahe schwindelte. Und ich wußte plötzlich, daß es keineswegs der erste Blick dieser Art war, den [891] sie mir sandte. Aline verabschiedete sich. »Auf Wiedersehen, gnädige Frau«, sagte ich und war mir bewußt, daß es das erste Wort war, das ich sprach, und so hörte ich es übertrieben hell, gleichsam schmetternd durch den Raum klingen. Agathe begleitete die Freundin über die Veranda und die Stufen in den Garten hinaus.

Warum habe ich nicht gesprochen, solange Aline da war, dachte ich. Wäre es nicht tausendmal leichter gewesen? Schon im nächsten Augenblick stand Agathe wieder vor mir. »Gnädige Frau«, begann ich, »ich habe Ihnen eine traurige Botschaft zu bringen.« – Nein, ich sprach die Worte nicht aus. Für einen, der Gedanken zu lesen vermocht hätte, wären die Worte ganz vernehmlich gewesen, doch über meine Lippen kam kein Laut. Agathe stand vor mir, das hellblaue Kleid durchleuchtete mild die tiefen Schatten des Raums, sie lächelte nicht, ja mir war, als hätte ich ihr Antlitz niemals so ernst gesehen. Nun, da sie mit mir allein war, ich fühlte es deutlich, sollte alles, was auf Oberflächlichkeit, auf Koketterie, ja, auf etwas rein Gesellschaftliches hindeutete, ausgeschaltet sein.

»Ich freue mich ja so, daß Sie da sind«, sagte sie.

Ich erwiderte nichts, denn kein Wort wäre das rechte gewesen. Allerlei blasse Erlebnisse der letzten Tage leuchteten in meiner Seele plötzlich auf. Es fiel mir ein, wie sie sich auf jenem Ausflug neulich in meinen Arm gehängt hatte und mit mir den Waldpfad hinuntergelaufen war, dann erinnerte ich mich wieder, wie sie mir nachts im Garten mit ihren schmalen Fingern durch die Haare gefahren war, und jenes Grußwort klang mir zärtlich durch den Sinn: »Kind.« Ich hatte all das nicht verstanden, zu verstehen nicht gewagt. Denken Sie, wie jung ich war! Es war das erste Mal, daß eine schöne, junge Frau, eine Frau, die ich für eine liebende und geliebte Gattin hielt, mir das Geschenk ihres Herzens zu bieten schien. Wie hätte ich das erwarten dürfen? Und wenn sie nun ihrer Freude über mein Kommen so unverhohlen Ausdruck gab, so bedeutete das nichts anderes, als daß sie mich für ungeduldig und für verliebt genug hielt, um mit voller Überlegung die Abwesenheit ihres Gatten zu diesem unvermuteten und verwegenen Besuch zu benützen.

»Es ist serviert, gnädige Frau.«

Eine leichte Bewegung Agathens. Ich wandte mich um. Wir traten ins Nebenzimmer. Es war Agathens Boudoir, das Fenster stand offen, weiße Gardinen schlössen uns gegen draußen ab, Garten und Luft schimmerten mit unbestimmten Farben durch.

[892] Wir saßen einander gegenüber, Agathe und ich. Der Diener, jetzt in dunkelblauem Lüstersakko mit Goldknöpfen, ging aus und ein und servierte. Es war mit erlesenem Geschmack gedeckt. Ein einfaches Mahl, und als Getränk nichts als Champagner. Unser Tischgespräch war völlig harmlos und mußte es sein, dabei aber gänzlich ungezwungen, nicht nur von ihrer, sondern auch von meiner Seite. Doch während wir von den Alltäglichkeiten und kleinen Begebenheiten des Landlebens sprachen, von abgetanen und geplanten Ausflügen, von der bevorstehenden sonntäglichen Regatta, der voraussichtlichen Teilnahme und den Chancen Loibergers – obwohl ich keinen Augenblick vergaß, daß Eduard tot war, und daß ich nur hergekommen war, um es seiner Gattin zu berichtenempfand ich mein Hiersein, dieses Aug in Aug-Sitzen und Sprechen mit Agathe, das leise Flattern der Fenstervorhänge, das schweigsame Erscheinen und Verschwinden des Dieners keineswegs als traumhaft, sondern eher als eine andere, geringere Art von Wirklichkeit. Aus dieser andern Wirklichkeit schrillte auch das Pfeifen des kleinen Dampfers zu uns her, in dieser Wirklichkeit wußte ich den See liegen unten im Mittagsglanz, in diese andere war auch Aline wieder zurückgekehrt, und dort lag auch der Mann, den ich heute morgens tot am Waldesrand hatte hinsinken sehen. Wirklicher als all das war, was zwischen Agathe und mir hin und her schwebte, war nicht, was sie sagte, doch der Ton ihrer Stimme, war ihr Blick, ihr Wunsch, war unser Verlangen.

Das Mahl war zu Ende. Der Diener kam nicht wieder, wir waren allein.

Agathe stand vom Tische auf, sie trat auf mich zu, nahm meinen Kopf in beide Hände und küßte mich auf die Lippen. Es war kein glühender Kuß, er war eher milde, mehr Güte als Leidenschaft war in ihm, er war geschwisterlich und doch berauschend, er war Feierlichkeit und Wollust zugleich.

Und später, von ihrem Arm umschlungen, glitt ich in tausend Träume.

Wir lagen auf einen Wiesenhang hingestreckt; es war der gleiche, auf dem sie neulich erst an Eduards Seite gelegen war. Ich wundere mich, daß sie so ruhig ist, ohne jede Angst, irgend etwas Furchtbares ist ja geschehen – ich weiß nicht was, denke auch nicht darüber nach, aber ich weiß, daß wir fort müssen, so weit als möglich. Dann sitzen wir in einem Eisenbahncoupe; das Fenster ist offen, die Vorhänge, nicht befestigt, fliegen hin und her, zerrissene Bilder wechselnder Landschaften rasen vorbei, [893] Wälder, Wiesen, Zäune, Felsen, Kirchen, vereinzelte Bäume, unbegreiflich schnell und ohne jeden Zusammenhang. Rasch genug, niemand kann uns nach, nicht einmal die Leute, die im gleichen Zug fahren; es ist unfaßbar, aber doch ist es so. Plötzlich höre ich ihren Namen draußen rufen, ich weiß, es ist ein Telegraphenbote, der sie sucht. In mir ist nur die Angst, daß sie es hören könnte. Aber der Name klingt immer leiser, endlich verklingt er ganz, und der Zug rast weiter. Wir reisen, ja, wir reisen – wir reisen immerfort. Jetzt sind wir in einem Spielsaal – es wird wohl Monte Carlo sein. Wie kann ich nur zweifeln? Natürlich ist es Monte Carlo. Agathe sitzt am Spieltisch mitten unter anderen Leuten, sie ist schön, sie ist ganz ruhig, sie spielt, sie verliert, sie gewinnt, ich schaue nach allen Seiten aus, ob niemand da ist, der sie kennt und ihr vielleicht verraten könnte, daß ihr Gatte tot ist. Aber es sind ja lauter fremde Leute – braune, gelbe Gesichter, auch ein Indianer sitzt am Spieltisch mit einem ungeheuren roten Federnschmuck auf dem Kopf. Da steht Aline in der Türe. Wie, sie ist uns nachgereist? Nur um es ihr zu sagen? – Also fort, fort. Ich berühre Agathe an der Schulter, sie wendet sich nach mir um mit einem Blick voll Liebe. Und wieder rast der Zug mit uns davon. Durch das offene Fenster blickt irgendwer herein – wie ist das nur möglich? Er klammert sich offenbar draußen an die Fensterbrüstung. Er hält ein Stück Papier in der Hand: das Telegramm, gewiß. Ich stürze den Mann hinunter, er kollert hinab, ich weiß nicht wohin – ich seh' ihn ja auch gar nicht. Welches Glück, daß Agathe nichts bemerkt hat. Natürlich nicht. Sie hat ja ein großes englisches Journal in der Hand ... und blättert darin, sieht sich die Bilder an. Wie komisch, da ist ein Bild, das den Spielsaal von früher darstellt und sie und mich unter den Spielern. Wie rasch die Nachrichten gehen. Wenn ihr Mann dieses Bild zu Gesicht bekommt – was wird mit uns geschehen? Wird er auch mich umbringen, so wie er den Rittmeister umgebracht hat?

Und mit einem Mal bin ich wieder in der Villa, in dem Zimmer, auf dem Diwan, wo ich wirklich bin. Es ist wirklich und zugleich doch ein Traum. Ich träume, daß ich wach bin, ich träume, daß meine Augen offen sind und riesengroß zu den flatternden Gardinen starren. Und ich höre Schritte, langsame Schritte von sechs Männern oder zwölf. Ich weiß, daß man jetzt die Bahre mit dem Leichnam bringt, und ich fliehe. Ich bin auf der Terrasse draußen. Ich muß hinab über die Stufen. Wo sind die Männer, wo ist die [894] Bahre? Ich sehe sie nicht. Ich weiß nur, daß sie mir entgegenkommt und daß es mir unmöglich ist, ihr auszuweichen. Plötzlich stehe ich im Garten ganz allein, aber es ist kein wirklicher Garten, es ist einer wie aus einer Spielzeugschachtel; es ist genau der Garten, den ich vor vielen Jahren einmal zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Ich habe bisher gar nicht gewußt, daß man darin auch spazieren gehen kann. Auch kleine Vögel sitzen auf den Bäumen. Die hab' ich damals nicht bemerkt. Und jetzt fliegen sie alle weg, zur Strafe, weil ich sie bemerkt habe. Und beim Gartentor steht der Diener und verbeugt sich sehr tief. Denn eben tritt Herr Loiberger persönlich herein. Er hat keine Ahnung davon, daß er tot ist und dabei hat er doch einen weißen Regenmantel an. Ich muß ihn ins Haus hineinbegleiten, damit ihm kein anderer sagt, daß er tot ist; er würde es nicht überleben, denke ich – und lache zugleich. Und schon sitzen wir auch beide beim Mittagessen, und der Diener serviert; ich wundere mich, daß Eduard sich etwas zum Essen auf den Teller nimmt – er braucht es doch nicht mehr. Ihm gegenüber sitzt Agathe, ich bin überhaupt nicht mehr vorhanden. Aber ich sitze auf dem Fensterbrett, und die Gardinen schlagen jeden Augenblick über meiner Stirn zusammen. Ich möchte so gerne sehen, mit welchen Blicken sie einander betrachten. Plötzlich höre ich seine Stimme – ach Gott, wenn ich nur sehen könnte –, und ich höre ihn ganz deutlich sagen: »Also du frühstückst mit dem Herrn, der mich erschossen hat.« Es wundert mich gar nicht, daß er das sagt, denn ich habe es ja wirklich getan. Sonderbar finde ich nur, daß er eine so dumme Bemerkung macht. Er müßte doch wissen, daß es ganz üblich ist, nach einem Duell miteinander zu frühstücken. Wieder Schritte im Garten – die Bahre – wie seltsam, der Tote zuerst und nachher die Bahre – was für ein Snob er ist – und Trauermusik. Eine Militärkapelle? Freilich, weil er einen Rittmeister erschossen hat. Und Applaus? Natürlich – er hat die Regatta gewonnen. Ich springe rasch aus dem Fenster, laufe, so geschwind ich kann, hinunter zum See. Warum sind denn so wenig Leute da – und gar keine Boote? Nur ein ganz kleiner Kahn und in dem Kahn Agathe und ich. Agathe rudert. Nun kann sie es plötzlich. Sie hat ja neulich gesagt, daß sie gar nicht rudern kann. Und nun hat sie gar die Regatta gewonnen. Jetzt plötzlich fühle ich eine Hand am Halse, Eduards Hand. Die Ruder entgleiten Agathen. Unser Kahn treibt nur so hin. Sie verschränkt die Arme. Sie ist sehr neugierig, ob es Eduard gelingen wird, [895] mich ins Wasser zu werfen. Wir versuchen uns gegenseitig unterzutauchen. Agathe ist gar nicht mehr neugierig. Sie treibt auf dem Kahn davon. Es ist ja doch ein Motorboot, denke ich. Ich tauche immer tiefer. Warum, warum, frage ich mich, und ich will zu Loiberger sagen: Es ist ja gar nicht der Mühe wert, daß wir einander wegen einer solchen Frau umbringen. Aber ich sage es nicht, am Ende würde er glauben, daß ich mich fürchte. Und ich tauche wieder empor. Der Himmel ist so unendlich groß, wie ich ihn noch niemals gesehen. Und wieder sinke ich hinab und noch tiefer als vorher. Ich müßte ja gar nicht, ich bin ja allein, der ganze See gehört mir. Und der Himmel dazu. Und wieder tauche ich empor aus Flut und Tod und Traum. Ja, so tief ich gewesen, so unerbittlich komm' ich wieder empor, und plötzlich bin ich wach – vollkommen wach, wacher als je. Agathe aber schlief, jedenfalls lag sie mit geschlossenen Augen da. Die Gardinen bewegten sich stärker in dem Sommerwind, der um diese nachmittägige Stunde immer vom See heranzuwehen pflegte. Es konnte ja noch nicht spät sein. Nach dem Stand der Sonne kaum mehr als vier, die Stunde also, in der Mülling mich im Hotel aufsuchen wollte. War dies auch noch Traum? Alles vielleicht? Auch das Duell? Und Loibergers Tod? War es vielleicht Morgen und ich schlief – ich in meinem Zimmer im Hotel? Dies aber war gleichsam mein letzter Fluchtversuch. Ich konnte nicht zweifeln, ich war wach, und hier lag Agathe und schlief, und sie wußte nichts. Nun hatte ich nur mehr die Wahl auf und davon zu fliehen, in dieser Sekunde noch – oder reden, ohne noch eine Sekunde zu zögern, Agathe aufwecken und reden. Jeden Augenblick konnte die Nachricht da sein. Hörte ich nicht schon Schritte im Garten? War es nicht fast ein Wunder, daß wir bisher nicht gestört worden waren? Und in jedem Fall, wenn in diesem Haus, wenn hier im Ort noch keiner etwas wußte, blieb es nicht ein unfaßbarer Leichtsinn in diesem doch von überallher zugänglichen Gemach, nun, da die Zeit der allgemeinen Nachmittagsruhe vorbei war, noch weiter zu verweilen? Ich selbst hatte mich rasch erhoben – nun, als ich eben Agathe an der Schulter berühren wollte, als hätte mein Blick sie erweckt, blinzelte sie, strich sich mit der Hand über die Stirn und über die Haare, sah einem kleinen Mädchen ähnlich, das sich den Schlaf aus den Augen reibt, und sie sah mich gewiß nicht anders als wie ein entschwindendes Traumbild. Dann aber hörte sie meine Stimme, denn unwillkürlich hatte ich ihren Namen geflüstert, jetzt beschattete sich ihr Antlitz, sie sprang auf, strich sich das [896] Kleid zurecht, strich auch die Kissen glatt und legte sie in flüchtiger Ordnung hin. Dann wandte sie sich rasch zu mir und sagte nichts anderes als: »Geh!« Ich aber blieb wie angewurzelt stehen, völlig unfähig, ihr zu sagen, was ich sagen mußte, ja unfähig überhaupt ein Wort zu reden. Welch ein Feigling war ich! – Mich umbringen, nichts anderes blieb mir übrig. Aber ich konnte ja nicht einmal einen Schritt tun. Und nur ihren Namen brachte ich jetzt wieder hervor, lauter, flehender als vorher. Sie faßte zart meine Hand und sprach weiter: »Ich liebe dich sehr. Ich habe es nicht gewußt, wie sehr ich dich liebe. Du mußt es ja nicht glauben. Aber warum sollte ich es dir sagen, wenn es nicht so wäre. Du sollst es nur wissen, ehe du gehst.«

»Wann seh' ich dich wieder?« fragte ich. Ich sagte nicht: Eduard ist tot. Ich sagte nicht: Verzeih' mir. Ich sagte nicht: Ich war zu feig, um es dir gleich zu sagen. Nein, ich fragte: »Wann seh' ich dich wieder?«, als gäbe es keine andere Frage, die jetzt zu beantworten wäre, als gäbe es kein anderes Wort zu sagen.

»Du wirst mich nie wieder sehen«, sagte sie. »Wenn du mich lieb hast, wirst du dieser Stunde dankbar sein wie ich. Wenn du nicht willst, daß diese Stunde aus einem wunderbaren, unvergeßlichen Traum eine trübe Wirklichkeit, eine Lüge, hundert Lügen, eine Kette von Betrug und Häßlichkeit werde, dann geh, geh gleich, reise ab und versuche niemals mich wiederzusehen.«

In mir raunte es: Eduard ist tot – dein Mann ist tot, alles, was du sprichst, ist Unsinn, und du ahnst es nicht. Es gibt keine Lüge, keinen Betrug, keine Häßlichkeit mehr, du bist frei. – Aber all das sagte ich nicht, alles wurde plötzlich so klar in mir, wie ich es noch vor einer Minute nicht für möglich gehalten hätte. Und ich sagte: »Es ist kein Betrug, es ist keine Lüge. Betrug und Lüge wäre es nur, wenn du nach dieser Stunde noch länger in diesem Hause bliebst und wieder einem andern gehörtest.« Es war mir, als bekäme jener Reisetraum von früher Gewalt über mich, oder als bekäme ich Macht über ihn.

Agathe erblaßte. Sie sah mich an, und ich fühlte, daß mein Antlitz ganz starr geworden war. Sie berührte meinen Arm, als wollte sie mich beruhigen. »Wir wollen doch vernünftig sein«, sagte sie. »Oder wir wollen es wenigstens wieder werden. Ich liebe dich, ja, aber ich gehöre nicht dir, so wenig wie du mir. Wir wissen es ja beide. Es war nur ein Traum, ein Wunder, ein Glück, unvergeßlich, ja, aber vorbei.«

Ich schüttelte heftig den Kopf »Alles, was vor dieser Stunde [897] war, ist vorbei, diese Stunde aber hat alles geändert. Du kannst dem andern nie wieder gehören, du gehörst mir allein.«

Noch immer hielt sie meinen Arm berührt, ja nun ergriff sie ihn, hielt ihn fest. Ja, sie bewegte ihn leise hin und her, als hoffte sie mich damit aus einer unbegreiflichen Verstörung, aus einem Wahn zu erwecken. Meine Augen aber blieben starr, ich wußte, daß kaum Liebe in ihnen war, nur Wille, Drohung beinahe. Und ich merkte, daß ihre Angst wuchs, und so versuchte sie's nun mit einem scherzhaften Ton: »Kind«, sagte sie, »hab ich nicht recht gehabt? Ich habe schon immer gewußt, warum ich dich Kind nenne. Soll ich nun vernünftig sein für uns beide? Leicht ist es ja nicht. Nicht einmal für mich allein. Aber wir müssen, wir müssen verständig sein.«

»Warum müssen wir?« fragte ich hartnäckig und haßte mich zugleich.

»Wir müssen«, sagte sie, und in immer steigender Angst war sie gleich mit den stärksten, den unwidersprechlichsten Argumenten zur Stelle: »Wir müssen vernünftig sein und dürfen uns nicht verraten, weil du verloren wärst, wenn er ahnte ...«

Ich lächelte. Ich konnte nicht anders. Aber ihre Entgegnung, ihre Warnung, der Versuch, mir Angst vor dem Toten einzuflößen, wirkte auf mich nicht nur grauenhaft, sondern wie mit einer unergründlichen Komik. Es lag mir in diesem Augenblick gar nicht fern, irgend etwas Teuflisches zu erwidern, der ganzen Unerträglichkeit, der Furchtbarkeit dieses Gesprächs durch ein vernichtendes und zugleich erlösendes Wort ein Ende zu machen. Aber ich tat es nicht. Ich fühlte meine Ohnmacht grade in diesem Augenblick, ich fühlte, daß der Tote stärker war als ich, und wie in verzweifelter Gegenwehr vermochte ich keine andere Erwiderung zu formen, als das törichte Wort: »Und wenn das Schicksal am Ende für mich entschiede?«

Sie faßte mich an der Schulter. Angst war in ihren Augen. »Was sagst du da? Wo verirrst du dich hin? Wo verirren wir uns hin?«

Und in diesem Augenblick fühlte ich, daß sie für ihn bangte, für ihn und nicht im geringsten für mich – daß er alles, und daß ich nichts für sie war ... Und in diesem Augenblick hörten wir Schritte über den Gartenkies. Nur wenige Sekunden noch blieben mir. Es war nicht möglich, ihr in diesen wenigen Sekunden zu berichten, was geschehen war und überdies noch mich zu rechtfertigen, daß ich bisher geschwiegen. Vor einigen Minuten noch [898] hätte sie verstanden, hätte sie vielleicht verziehen. Ja, vielleicht hätte ich einen wahrhaften, einen unvergänglichen Sieg über den Toten davongetragen. Jetzt aber war ich der Gefallene, der Erschlagene, ja, in dieser Sekunde empfand ich mich selbst gleichsam wie ein Gespenst, und die Schritte draußen im Garten – so sehr ich wußte, daß jeder andere im nächsten Augenblick hier hereintreten könne, als grade er – kündigten für mich in unbegreiflicher Weise das Nahen Loibergers an; wie er es in meinem Traume getan, schritt er durch den Garten und über die Stufen zur Terrasse herauf. Aber wer immer es sein mochte, unmöglich war es, in den wenigen Sekunden, die mir blieben, Agathen zu sagen, was geschehen war, und überdies mich zu rechtfertigen, daß ich bisher geschwiegen. Unmöglicher noch, was auf dem Wege war, herankommen zu lassen, ohne sie im allergeringsten vorzubereiten. Doch nur das eine Wort drängte sich auf meine Lippen: »Erschrick nicht.« Und während ich das Wort aussprach, war mir wahrhaftig nicht anders zumute, als müßte im nächsten Augenblick ihr toter Gatte eintreten. Zuerst sah sie mich mit einem unsicheren Lächeln an, als wollte sie mir zu verstehen geben, daß ich mich nicht zu sorgen brauche, und daß ihr niemand auch nur im geringsten anmerken werde, was in der letzten Stunde vorgefallen war. Aber gleich las sie offenbar in dem verzweifelten Ernst meines Blicks, daß meine Mahnung doch etwas anderes bedeutet haben müßte als die kleinliche Besorgnis, sie könne sich etwa verraten. Sie hatte eben noch Zeit zu fragen: »Was ist geschehen?« Ich aber nicht mehr die Möglichkeit, zu antworten.

Die Schritte hallten schon im benachbarten Raum. Agathe, ohne sich nur nach mir umzuwenden, trat in den Salon, und ich folgte ihr. Aline stand da in der Türe zwischen Salon und Terrasse, streifte mich nur mit einem ratlos-verwunderten Blick, faßte die Hände der erblassenden Freundin und, in Tränen ausbrechend, schloß sie sie in die Arme. Agathens Augen aber starrten vorbei an Aline mit so unerbittlicher Frage in die meinen, als wollte sie die Antwort aus meiner Stirn saugen; ich legte den Finger an meinen Mund und spürte selbst, daß diese armselige Gebärde die Bitte an Agathe bedeutete, eher mich als sich zu verraten. In ihrem Blick aber war mehr, als ich je in einem Menschenblick gesehen: Ahnung, Wissen sogar, auch Empörung, Verstehen, Verzeihen, ja, vielleicht etwas wie Dank.

Nun stand auch Mülling in der Türe zwischen Salon und [899] Terrasse, zwischen Schatten und Licht. Sein Auge streifte mich wie fragend. Meine Anwesenheit erklärte sich für ihn gewiß ohne weiteres so, daß ich es nicht über mich gebracht, die unglückliche Frau, nachdem ich ihr die traurige Kunde gebracht, allein zu lassen. Er trat auf sie zu und drückte ihr wortlos die Hand. Wieder suchte sie, vorbei an Mülling, meinen Blick. Niemand sprach, nicht sie, Aline nicht und nicht Mülling, ich aber, so schien mir, schwieg noch tiefer in mich hinein als die andern. Die sommerliche Stille des Gartens klang herein. Endlich sagte Agathe – und mir stand das Herz still, als sie die Lippen öffnete –: »Nun will ich«, sagte sie, »die ganze Wahrheit hören« – und da sie in den Mienen der Andern Befremden, in den meinen vielleicht einen Ausdruck des Erschreckens gewahrte, fügte sie, zu mir gewandt, in bewunderungswürdiger Ruhe hinzu: »Sie wollten mir gewiß nichts verschweigen, aber Sie haben unwillkürlich vielleicht versucht, mich zu schonen. Ich danke Ihnen. Aber glauben Sie mir, ich bin nun gefaßt genug, um alles zu hören. Berichten Sie, Doktor Mülling, von Anfang bis Ende. Ich will keine Frage stellen, ich werde Sie nicht unterbrechen«, und mit erlöschender Stimme fügte sie hinzu: »Erzählen Sie!«

Sie lehnte am Klavier, und ihre Finger spielten mit den Fransen des Schals, und mit keinem Zucken ihrer Lippen verriet sie sich oder mich, während Mülling erzählte. Aline hatte sich auf den Stuhl am Klavier sinken lassen und stützte den Kopf in die Hände. In all seiner inneren Bewegung kam Mülling die berufsmäßige Gewohnheit zustatten, wohlgesetzt vor der Öffentlichkeit zu reden. Er berichtete den Verlauf der Angelegenheit, von dem Moment an, da wir beide, Doktor Mülling und ich, Eduard am Bahnhof der kleinen Stadt erwartet hatten, bis zu dem Augenblick, da Eduard am Waldesrand tot hingesunken war, und es war mir offenbar, daß er seinen Bericht schon ein oder mehrere Male zum besten gegeben, seit wir uns am Tor seines Gasthofs voneinander getrennt hatten. Er sprach im übrigen, als hielte er ein Plädoyer für jemanden, der ein längst abgetanes, vergessenes, schon an sich nicht bedeutungsvolles Vergehen allzu schwer gesühnt hatte, und dessen Andenken von jeder Schuld freizusprechen sei. Agathen aber gelang es tatsächlich, ihn nicht mit einer Silbe zu unterbrechen. Und erst als Mülling geendet, wandte sie sich mit der Frage an ihn, ob schon irgendwelche Verfügungen an Ort und Stelle getroffen worden seien. Und als Mülling erwiderte, daß der Leichnam spätestens morgen früh von der [900] Behörde freigegeben werden dürfte, sagte sie: »Ich werde noch heute abend zu ihm fahren.« Mülling riet ihr ab, der heutige Abendzug käme in der kleinen Garnisonsstadt erst nach Mitternacht an, sie aber sagte nur: »Ich will ihn noch heute nacht sehen«, und es war uns allen klar, daß sie sich noch heute nacht Eingang in die Totenkammer verschaffen wollte. Nun trug sich Mülling an, sie zu begleiten, es seien allerlei Dinge zu besorgen und anzuordnen, die unmöglich Agathe allein durchfuhren könne. Sie wehrte mit einer Entschiedenheit ab, die jede Widerrede ausschloß. »All das gehört mir zu«, sagte sie. »Erst wenn alles vorüber ist, Herr Doktor Mülling, sprechen wir uns wieder.« Ich war von Bewunderung und von Grauen zugleich erfüllt. Sie richtete kein Wort an mich. Sie wünschte nun allein zu sein, nur Aline sollte später wiederkommen, um ihr bei den Reisevorbereitungen behilflich zu sein und Weisungen für die Dauer ihrer Abwesenheit entgegenzunehmen.

Sie drückte uns allen die Hand. Mir nicht anders als Aline und Mülling. Sie wich nicht einmal meinem Blick aus, als wir schieden.

Sie reiste tatsächlich noch am gleichen Abend ab – allein – und brachte den Leichnam ihres Gatten am nächsten Morgen nach Wien. Am Tage darauf fand das Begräbnis statt, an dem natürlich auch ich teilnahm. Agathe war an diesem Tag für niemanden zu sehen. An den See kehrte sie niemals wieder zurück.

Viele Jahre später begegneten wir einander wieder in Gesellschaft. Sie hatte indes wieder geheiratet. Niemand, der uns miteinander sprechen sah, hätte ahnen können, daß ein seltsames, tiefes, gemeinsames Erlebnis uns verband. Verband es uns wirklich? Ich selbst aber hätte jene sommerstille, unheimliche, und doch so glückliche Stunde für einen Traum halten können, den ich allein geträumt hatte; so klar, so erinnerungslos, so unschuldsvoll tauchte ihr Blick in den meinen.

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TextGrid Repository (2012). Schnitzler, Arthur. Erzählungen. Der Sekundant. Der Sekundant. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D9EB-E