[191] [193]Friedrich Schlegel
Stimmen der Liebe

[193] [195]Die Fröhliche

Die Erde grünt, die Sonne lacht, und klingender
Ertönt der Vöglein Stimme laut, die flüssige.
Ach kläng' die meine schöner nur und singender,
Dann sollte froh erwidern jeder Müßige,
Die Lieder tanzen wilder stets und springender!
Wir locken Bäume wohl und auch Vierfüßige,
Wenn Fantasie sich selbst nicht kann regieren,
Und freie Verse muß improvisieren.
Schon hör' ich Dichter singen voll Gelahrheiten,
Uns warnend, daß der Jugend Rose flüchtig;
Wie lust'ge Götter oben in den Klarheiten
Die Element' auch lieben also tüchtig.
Sie sagen, Liebe lehr' uns ew'ge Wahrheiten;
Das glauben sie im Ernst und reden wichtig,
Wie Pflanzen, Tiere, ja die Stein' nicht minder,
Sich lieben all' und alle kriegen Kinder.
Die klügsten Frauen scherzen mit der Liebe;
Selbst Mädchen fürchten, sonst noch unerfahren,
Die Langeweile dieser ew'gen Triebe.
Wo wir bei kühnem Spott oft fröhlich waren,
Den schönen Kreis, der sonst nicht schön mehr bliebe,
Laßt heilig uns vor jedem Ernst bewahren.
Was wär's auch, wenn die Lust, die uns versammelte,
Gleich jeden wieder in sich selbst verrammelte?
Man frage nicht, ob's Frauen oder Männer;
Man frage redlich nur, wer ist wohl witziger?
Ein Scherz hat hier vereint des Scherzes Kenner,
Gesell'ger Streit macht jede Schärfe spitziger;
Drum laßt vom Zügel frei der Laune Renner.
Die schöne Lust sei toller stets und hitziger;
Das Mädchen soll nicht denken an das Weibliche,
Der Mann dafür vergessen alles Leibliche.
Entflammen mög' euch Poesie, die gütige,
Sie sei euch Wein, und Freiheit unsre Liebe.
So trotzen dem Geschick wir Übermütige,
Und spotten seiner ungeschickten Hiebe.
Die Scherz nicht kennen, ängsten sich wie Wütige,
Und bleiben dumm, wie sehr man sie auch riebe;
Wir aber wollen hoch in Lüften schweben,
Zur Lust von neuem uns durch Lust erheben.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Stimmen der Liebe. Die Fröhliche. Die Fröhliche. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D5CB-7