[40] Die Huldigung des Rheins

Zum Andenken an die glückliche Schiffahrt des Königs, als S.M. auf einem Dampfboote unter dem Jubel des versammelten Volkes am 14. Sept. 1825. bei Bonn vorbeifuhr.


Jenseits raget ein Fels hoch über die gleitenden Wellen,
Burgenumthürmt, wo einst grimmig ein Drache gehaust.
Da liegt heimlich, am Ufer, des Rheins willkommenste Ruhstatt;
Aus leichtbrüchigem Tuff wölbet die Grotte sich ihm.
Da pflegt gern in der Kühle der Greis mittäglichen Schlummers,
Während die schwülere Luft Traubengeländer umweht.
Aber bestürzt hebt plötzlich das Haupt von dem Lager der Flußgott,
Ruft, vorschauend, sodann aus dem umschattenden Schilf:
Welch ein Geräusch, fernher sich verkündigend? Will der gesalznen
Tiefe Tyrann mein Reich fordern in stolzen Besitz!
Siehe! der Strom schwoll auf von dem Schwung' umrollender Räder;
Weithin zeichnet ein Streif schäumender Wirbel die Bahn,
Ob an der Meergöttin Thronwagen gespannt die Delphine
Bald eintauchen, und bald bäumen den Nacken empor?
Oder Neptuns Dreizack unbändige Rosse herantreibt,
Welche das bläuliche Naß stampfen mit Floßen am Huf?
Sah ich es? täuschet der Blick? Nicht spielendes Wild der Gewäßer,
Nicht vierfüßige Kraft ziehet das fremde Geschirr;
Noch stellt Masten es auf, noch breitet es Segel den Winden;
Wühlet die Flut nicht um, unter der Ruderer Schlag.
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Sondern es eilt freiwillig dahin mit beweglichen Kreißen,
Gleichwie dädalische Kunst lebende Bilder geformt.
Aber ich seh' auch Wolken des Rauchs, hoch sprühende Funken:
Dränget der wilde Vulcan etwa die Wellen zurück?
Welch ein Heroen-Geschlecht, dem so viel Wunder gehorchen,
Welchem der Schiffahrt Lauf ordnete göttlicher Wink?
Jetzo erkenn' ich und ehre die Huld in des Nahenden Antlitz.
Heil Dir, König! Noch nie trug ich so herrlichen Gast.
Um den Erhabenen rings steh'n hold aufblühende Sproßen:
Wahrlich! es trägt dieß Schiff Fülle der Wonne, des Ruhms.
Daß ich ein gallischer Strom nicht blieb, Du hast es erkämpfet;
Wenn Du, Held, mich beschirmst, wälz' ich germanische Flut.
Gegen der Römer Triumph', ich, vormals hemmende Schranke,
Ach! was duldet' ich nicht jüngst in den Tagen der Schmach!
Sorglos jetzt, in des Friedens Gewähr, mein Leiden vergeßend,
Pfleg' ich die Ernten des Korns, pflege die Herbste des Weins.
Euch' nun ruf' ich, verbrüderte Flüß', euch, Nymphen des Thales,
Süße Genoßinnen mir! Eilet, ihr alle, herbei!
Führet den festlichen Reihn, webt Ehrengezelte von Laubwerk,
Knüpfet zu Tauen dem Schiff rankiges Rebengeflecht.
Auf! Trankopfer gespendet dem Genius unsers Gebieters!
Auf! mit dem edelsten Naß goldne Pokale gefüllt!
Fürstliche Schaar, Ihr aber, verschmäht nicht Gaben des Bacchus,
Deren ja selber der Nil, siebengemündet, entbehrt.
Neidet' ich wohl paktolisches Gold und die Schätze des Phasis?
Auch in den Strudeln des Rheins blinket ein köstlicher Sand.
Vor den gepriesensten Flüßen der Welt, stolz heb' ich die Scheitel,
Wenn Du mein Dich erfreust, König und Vater des Volks!

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TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. Gedichte. Rhythmische Gedichte. Die Huldigung des Rheins. Die Huldigung des Rheins. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D3DF-B