[365] Ewige Jugend

Nicht bloß die Blume welkt, das Duftgewebe
Der Frühe reißt, entflieht des Lenzes Prangen;
Nicht bloß erbleichen junge Rosenwangen;
Dem Geist auch droht's, daß er sich überlebe.
Wie kühn er erst auf freien Flügeln schwebe,
Dumpf gnügsam bleibt er bald am Boden hangen.
O wißt ihr, für sein gränzenlos Verlangen,
Weis' oder Dichter, keinen Trank der Hebe?
Nichts wähn' er sein; Besitzthum ist ihm Schranke;
Ruh' Tod; ein ew'ger Kampf der Freiheit Wesen.
Es kümmr' ihn nie, was hinter ihm versunken.
Vernichtend, schaffend, wechsle der Gedanke.
Das Reinste sei zum Flammengrab erlesen,
Wo ihn, verjüngend, treffe Gottes Funken.

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TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. Gedichte. Sonette. Ewige Jugend. Ewige Jugend. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D3BE-8