[32] Die Journalisten und Minos

Mir kam vor wenig Tagen,
Wie? fragt mich eben nicht,
Vom Reich der ewgen Plagen
Die Zeitung zu Gesicht.
Sonst frag ich diesem Essen,
Wo noch kein Kopf zerbrach,
Dem Freikorps unsrer Pressen,
Wie billig, wenig nach.
Doch eine Randgloss lockte
Itzt meinen Fürwitz an,
Denkt! wie das Blut mir stockte,
Als ich das Blatt begann:
»Seit zwanzig herben Jahren«
(Die Post, versteht sich, muß
Ihr saures Stündchen fahren
Hieher vom Erebus)
»Verschmachteten wir Arme
In bittrer Wassernot,
Die Höll kam in Alarme
Und foderte den Tod.
Den Styx kann man durchwaten,
Im Lethe krebset man,
Freund Charon mag sich raten,
Im Schlamme liegt sein Kahn.
Keck springen schon die Tote
Hinüber, jung und alt,
Der Schiffer kommt vom Brote
Und flucht die Hölle kalt.
Fürst Minos schickt Spionen
Nach allen Grenzen hin,
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Die Teufel müssen fronen,
Ihm Kundschaft einzuziehn.
Juhe! Nun ists am Tage!
Erwischt das Räubernest!
Heraus zum Freudgelage!
Komm, Hölle, komm zum Fest!
Ein Schwarm Autoren spükte
Um des Cocytus Rand,
Ein Tintenfäßchen schmückte
Die ritterliche Hand,
Hier schöpften sie, zum Wunder,
Wie Buben süßen Wein
In Röhren von Holunder,
Den Strom in Tonnen ein.
Husch! Eh sie sichs versahen!
Die Schlingen über sie! –
Man wird euch schön empfahen,
Kommt nur nach Sanssouci.
Schon wittert' sie der König,
Und wetzte seinen Zahn,
Und schnauzte drauf nicht wenig
Die Delinquenten an.
Aha! sieht man die Räuber?
Wes Handwerks? Welches Lands?
Sind teutsche Zeitungsschreiber!
Da haben wir den Tanz!
Schon hätt ich Lust, gleichbalden
Euch, wie ihr geht und steht,
Beim Essen zu behalten,
Eh euch mein Schwager mäht.
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Doch schwör ichs hier beim Styxe,
Den eure Brut bestahl!
Euch Marder und euch Füchse
Erwartet Schand und Qual!
Solange, bis er splittert,
Spaziert zum Born der Krug!
Was nur nach Dinten wittert,
Entgelte den Betrug!
Herab mit ihren Daumen!
Laßt meinen Hund heraus!
Schon wässert ihm der Gaumen
Nach einem solchen Schmaus.
Wie zuckten ihre Waden
Vor dieses Bullen Zahn!
Es schnalzen Seine Gnaden,
Und Joli packte an.
Man schwört, daß noch der Stumpen
Sich krampfigt eingedruckt,
Den Lethe auszupumpen
Noch gichterisch gezuckt.«
Und nun, ihr guten Christen,
Beherziget den Traum!
Fragt ihr nach Journalisten,
So sucht nur ihren Daum'!
Sie bergen oft die Lücken,
Wie Jauner ohne Ohr
Sie helfen mit Perücken, –
Probatum! Gut davor!

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TextGrid Repository (2012). Schiller, Friedrich. Gedichte. Gedichte (1776-1788). Anthologie auf das Jahr 1782. Die Journalisten und Minos. Die Journalisten und Minos. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-CA1D-A