Trauerode

auf den Tod des Hauptmanns Wiltmaister


Grimmig wirgt der Tod durch unsre Glieder! –
Dumpfig heult die Leichendrummel wieder,
Schon ein neuer ist hinweggerafft;
Mit gesenktem Schießgewehre wanken
[26]
Graue Krieger nach des Kirchhofs Schranken,
Wo der tapfre, brave Müller schlaft.
Brüder, kommt! – erblasset! – schauert! zittert!
Bebe jetzt, den niemals nichts erschüttert,
Grabgefühle schauern durch sein Mark.
Sehet! Alles, was wir Leben hießen,
Was wir liebten, was wir selig priesen,
Liegt vereitelt in dem schmalen Sarg.
Von dem Antlitz alles Rot gesunken,
Aus den Augen alle Lebensfunken
Weggelöschet in chaotsche Nacht –
Seine Mienen, sein holdselig Lächeln
Weggeblasen mit dem Sterberöcheln,
Ewig, ewig nimmer angefacht! –
Nie vom Sturm der Leidenschaft durchwühlet,
Wie ein Bach durch Blumenbette spielet,
Floß sein Leben hin in Melodie –
Ha! was ist nun, was am schönsten schmeichelt?
Nichts als Larve, die der Tod uns heuchelt –
Und dann auf dem Sarg zerreißt er sie.
Auf des Menschen kaltem, starrem Rumpfe
Sterben seine wirblende Triumphe,
Röchlen all in ein Gewimmer aus –
Glück und Ruhm zerflattern auf dem Sarge,
Könige und Bettler, Feige, Starke
Ziehn hinunter in das Totenhaus.
Aber frei erhoben über Grüfte
Fliegt der Geist in des Olympus Lüfte,
Triumphierend, wie ein Adler steigt,
Wann sein Wohnsitz, die erhabne Tanne,
Niederkracht im tobenden Orkane
Und der Nordsturm Wälder niederbeugt.
[27]
Zieh auch du, geliebter, teurer Streiter,
Auf den Flügeln unsrer Donner weiter,
Keine Tränen schicken wir dir mit –
Mit Geheule und mit Weiberklagen
Mag man andre zu dem Grabe tragen,
Pulverdonner ist der Krieger Wiegenlied. –
Weinend geht man deinen Sarg vorüber,
Selbst des Mannes Auge wird jetzt trüber,
Und die Helden Carls betrauren dich. –
Geh dahin mit dieser stolzen Ehre,
Prahle dort in der Verklärten Heere:
Sie, die Helden Carls, betrauren mich!
Sie, die Helden, eilen dir entgegen
Unter Donner und der Kugeln Regen,
Krieger zittern vor dem Tode nicht –
Ihm entgegen gehen wir mit Hohne
Unterm Dampf der brüllenden Kanone,
Wann er reißend durch die Glieder bricht –
Und dann droben finden wir dich wieder,
Legen dort das müde Eisen nieder,
Drücken dich an unsre warme Brust,
Dann wird alles, wie von Morgenwinden
Weggeweht, ein leichter Traum, verschwinden
Und nichts bleiben als die Lust.

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TextGrid Repository (2012). Schiller, Friedrich. Gedichte. Gedichte (1776-1788). Trauerode. Trauerode. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-C695-9