1. Der Kaiserin Reise
Weht mich an, ihr Frühlingswinde,
Meiner Heimat milde Luft,
Bring' mir spielend, bring' mir linde
Wunderbaren Blütenduft!
Oeffne mir, du Starke, Schöne,
Mailand, nun dein gastlich Thor,
Klingt ihr süßen Liebestöne
Wieder in mein trunknes Ohr.
Ist es nicht das Land der Wonnen,
Meiner Kindheit Blumenau,
Meines Lebens Morgensonnen,
Die ich endlich wiederschau'?
[208]Rückwärts doch mit starken Banden
Zieht mich ein geheimes Wort,
Nach den frommen deutschen Landen
Zieht mich's fern und nördlich fort.
Bittre Qual dort hat mein Leben,
Wie das Vaterland verklärt;
Einen Phönix sah ich schweben
Aus den Flammen unversehrt.
Hier in Otto's alter Krone
Hab' ich den Gemahl gesehn;
Ach, von einem andern Throne
Müssen leer die Stufen stehn!
Rückwärts dann mit frischen Sinnen
In das heil'ge deutsche Reich,
Zu dem würdigsten Beginnen,
Herz, mein Herz, sei stark und weich!
Daß die Kräfte nicht veralten,
Gottes Frist sich nicht versäumt,
Daß die träume sich gestalten,
Die manch frommes Haupt geträumt.
Hab' ich dennoch mißverstanden
Das geheime Zauberwort?
Nimmer nach den deutschen Landen –
Weiter, dunkler führt mich's fort.
Stärket mich mit Brod und Oele,
Mit dem Todessacrament;
Gott, mein Schöpfer! ich befehle
Meinen Geist in deine Händ'.
Fahret wohl, ihr Erdenträume,
Du, mein Kaiser und Gemahl!
Oeffnet euch ihr Himmelsräume,
Leuchte, leuchte, sel'ger Strahl!
Auf, hinauf mit starken Schritten
In den hellen ew'gen Tag,
Daß ich dort für Deutschland bitten
Und auf Deutschland schauen mag!